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Tanz im Mondlicht

Tanz im Mondlicht

Titel: Tanz im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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waren seit ihrer Kindheit miteinander befreundet. Mona war sechs gewesen, als ihre Mutter starb. Im selben Jahr hatten sie sich kennengelernt, und seither hatte sich die Beziehung zwischen ihnen stetig vertieft.
    »Vor allem, weil sie die Pflegerin deiner Mutter war.« Chloe ergriff Monas Hand.
    »Es ist einfach unfair.« Mona schniefte. »Ich fühle mich hundeelend und möchte nur meine Mutter wiederhaben.«
    »Erinnerst du dich gut an sie?«
    Mona nickte, nahm ihre Brille ab. »Ohne Brille sehe ich sie deutlicher vor mir. Sie legte immer die Hand auf meine Stirn, um zu prüfen, ob ich Fieber hatte oder nicht. Dann füllte sie gestoßenes Eis in eine Schüssel, das ich mit einem Silberlöffel essen musste. Sie hatte lockige rote Haare und eine Lücke zwischen den beiden oberen Schneidezähnen, was lustig aussah.«
    »Wenigstens kannst du sie sehen …«, sagte Chloe.
    »Aber nur ohne Brille.«
    Chloe nickte. Sie legte die Hand auf Monas Stirn. Sie fühlte sich heiß an. Deshalb zog sie ihre beste Freundin zum Sofa ins Wohnzimmer und sorgte dafür, dass sie sich hinlegte. Dann ging sie in die Küche, öffnete das Gefrierfach des Kühlschranks und nahm eine Handvoll Eiswürfel aus dem automatischen Spender. Sie klirrten, als sie diese in eine Tasse fallen ließ, einen Löffel herausholte und beides zu Mona hinübertrug.
    »Danke.« Mona sah sie an, den Kopf auf ein Kissen gebettet. »Du würdest eine gute Mutter abgeben.«
    Chloe lächelte. Auf dem Tisch lag ein Kugelschreiber. Sie nahm ihn und malte sorgfältig einen Stern auf Monas Handrücken und auf ihren eigenen. Als sie ihre Büchertasche umhängte, bemerkte sie, dass Mona ihre Brille nicht wieder aufgesetzt hatte. Sie ging leise zur Tür hinaus, ließ ihre Freundin mit einer Tasse Eiswürfel, verschwommener Sicht und einer klaren Vorstellung von der Mutter zurück, die sie immer noch über alle Maßen liebte. Die ganze Sache ging Chloe unter die Haut. Wie konnten Menschen, die jemanden liebten, sterben? Oder, beinahe schlimmer, ihn verlassen?
    Im Grunde war es genau das Gleiche.
     
    Zum zweiten Mal in Folge begegnete Dylan Chadwick, als er an diesem Tag mit einer Ladung Stecklinge nach Hause fuhr, seiner Nichte. Er hielt am Straßenrand, warf seine Zigarette zum Fenster hinaus und bedeutete ihr mit einer Geste, einzusteigen.
    »Hast du wieder den Bus verpasst?« Er kurbelte das Fenster bis zum Anschlag herunter, um den Qualm zu vertreiben.
    »Nein, ich bin früher ausgestiegen. Mona ist krank, und ich wollte ihr eine Karte mit den besten Wünschen zur Genesung bringen.«
    Dylan nickte, ließ keinerlei Reaktion erkennen. Mona Shippen. Mona, Chloe und Isabel waren während der Sommerferien unzertrennlich gewesen. Schweigend fuhr er weiter. Sie hatten es nicht mehr weit. Er musterte sie verstohlen, sah das Loch an den Knien ihrer Jeans, den Stern, den sie auf ihren Handrücken gemalt hatte. Kleinigkeiten, die ihn an Isabel erinnerten, ohne dass er sagen konnte, warum – vielleicht hätte seine Tochter niemals löchrige Jeans getragen, wie es Mode war, oder sich eine Tätowierung aufgemalt.
    »Ich dachte, du würdest Granny heute Abend zu dieser Schulveranstaltung fahren.«
    »Die ist morgen Abend.«
    Chloe nickte. »Noch mehr Bäume?« Sie deutete auf die Ladefläche des Pick-up.
    »Löcher graben ist eine Beschäftigung, die mich auf Trab hält.«
    »Vermisst du deine frühere Arbeit, ich meine, Verbrechen aufzuklären?«
    »Kein bisschen. Es gibt interessantere Geheimnisse, denen ich auf die Spur kommen möchte, hier bei uns.«
    »Ja? Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, warum Apfelsorten wie Empire und Gala mögliche Fremdbestäuber für Jonagold-Äpfel sind. Und warum die Stelle, an der sich der Pfropf befindet, mindestens fünf Zentimeter vom Boden entfernt sein sollte.«
    »Und was könnte der Grund dafür sein?«
    »Damit der Pfröpfling keine Wurzeln treibt.«
    »Pfröpfling. Wurzeln. Sogar Apfelbäume haben Eltern.«
    Dylan drehte sich langsam zur Seite, um sie anzusehen. Wollte sie schon wieder das Thema Adoption aufs Tapet bringen? Eli konnte bis heute nicht verwinden, dass er zum Familiengericht zitiert worden war, weil Chloe sich per Internet einen gefälschten Ausweis besorgt und vorgegeben hatte, volljährig zu sein, damit sie Informationen über ihre leibliche Mutter erhalten konnte.
    »Du hast doch Eltern«, erwiderte Dylan mit Nachdruck.
    »Ich weiß.« Stirnrunzelnd umklammerte sie ihre Büchertasche. Er wusste, was es mit dieser Miene auf sich

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