Tanz im Mondlicht
Familie ist er ein Dorn im Auge.«
»Stimmt«, pflichtete Chloe ihm bei. »Meine Eltern finden ihn abscheulich.«
Jane versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, als die Worte »meine Eltern« fielen. Sie betrachtete den Stand, Chloes Malerarbeiten – das strahlend blaue Holz, die sonnengelben Regale – und die Transparente und Schilder. »Kaum zu glauben, dass ihr das ganz allein zustande gebracht habt«, sagte sie. »Das ist ein richtiges Kunstwerk.«
Chloe lachte. »Ehrlich?«
»Ehrlich. Richtig süß, zum Anbeißen. Wenn man ein so hübsches Geschäft in New York eröffnen würde, wäre es umgehend ein Renner. Die Transparente sind phantastisch.«
»Ein Renner.« Mona nickte.
»Die Idee, Transparente zu machen, ist mir erst in letzter Minute gekommen«, erklärte Chloe. »Ich habe überlegt, wie ich die Leute dazu bringen kann, anzuhalten. Das alte Schild ist ja ganz nett, aber …«
Alle blickten das Schild an: Chloe hatte ihm einen neuen Anstrich verpasst, so dass »Chadwick Orchards« klar erkennbar in Dunkelblau gestrichen war, mit glänzenden roten Äpfeln als Verzierung.
»Das muss sie sagen«, warf Dylan ein, »weil ihr Vater und ich es gebastelt haben, als wir in ihrem Alter waren.«
Chloe lachte. »Kann ich mir gar nicht vorstellen.«
»Warum nicht?«, fragte Dylan.
»Nichts für ungut, aber ich hätte nie gedacht, dass ihr beide künstlerisch veranlagt seid … vor allem Dad. Der kennt sich doch nur mit Taschenrechnern und Versicherungen aus.«
»Sie will damit zum Ausdruck bringen, dass wir Banausen sind.«
»Du nicht.« Chloe lächelte. »Aber er.«
»Wie auch immer, Jane hat recht«, sagte Dylan und musterte die Transparente mit zusammengekniffenen Augen. »Sie sind erheblich wirksamer als das alte Schild. Äpfel und Regenbögen auf dem einen – sehr gut. Delfine auf dem anderen … hmm.«
Die Mädchen lachten.
»Eine großartige Idee. Ihr bringt die Leute dazu, anzuhalten, um herauszufinden, was die Delfine zu bedeuten haben.«
»Zeke und Haie«, sagte Mona geheimnisvoll.
»Mona …« Chloe blickte sie warnend an.
Ein Wagen kam die Straße entlang; er verlangsamte die Fahrt, als er sich dem Stand näherte. Alle – Chloe, Mona, Jane und Dylan – gaben sich den Anschein, als wären sie nicht sonderlich interessiert. Die Mädchen beugten die Köpfe und kicherten.
»Gut so«, flüsterte Chloe, als wollte sie das Auto mit einem Bann belegen. »Ihr wisst, dass ihr eine Pastete wollt; ihr wisst, dass ihr unbedingt eine haben müsst …«
»Mach schon, mach schon«, sagte Mona beschwörend. »Halt an. Fahr an den Straßenrand, fahr an den Straßenrand!«
»Hier gibt es Calamity-Jane-Pasteten«, sagte Dylan. »Der einzige Ort außerhalb von New York City, wo sie zu kaufen sind …«
Der Wagen hielt. Jane musterte die Insassen. Das Ehepaar war schon älter; sie zeigten auf die Transparente. Vor allem die Frau schien von ihnen bezaubert und entzückt zu sein. Jane sah Dylan an, der sie fortwährend anstarrte.
»Was ist?«, fragte sie schließlich.
Er schüttelte den Kopf, dann lächelte er. »Ich kann jetzt nicht reden …«
Sie nickte und wusste, dass er auf die Mädchen anspielte. Seltsam war, dass auch sie viele Fragen an ihn hatte.
»Wir könnten miteinander essen gehen«, schlug er vor.
»Gern.«
»Freitagabend?«
Jane nickte. Das ältere Paar war ausgestiegen und kam auf den Stand zu. Der Mann benutzte einen Krückstock. Die Frau hatte kurzgeschnittene graue Haare und trug ein marineblaues Kleid mit weißen Punkten. Chloe und Mona richteten sich kerzengerade auf der Bank auf. Sie lächelten einnehmend, und Chloe deutete auf das Regal, das mit Janes Pasteten gefüllt war.
»Möchten Sie Apfelpasteten oder Apfeltörtchen kaufen? Sie schmecken köstlich.«
»Ja«, sagte die Frau. »Aber zuerst haben wir eine Frage – warum habt ihr mitten in einer Obstplantage eine Fahne mit einem Delfin aufgezogen?«
Jane begann noch vor den Mädchen zu grinsen.
Nachdem das Paar weggefahren war, Onkel Dylan sich wieder an die Arbeit begeben und Jane sich verabschiedet hatte, blieb Chloe mit einem merkwürdigen Gefühl zurück.
Mona führte einen Freudentanz auf, das Geld in der Hand, das sie eingenommen hatten. Die Sonne wurde mit jeder Stunde wärmer, und die Mädchen zogen ihre T-Shirts aus; sie trugen Badeanzüge darunter. Mona drängte sie fortwährend, zu erzählen, wie sie Zeke kennengelernt hatte, behauptete scherzhaft, sie brauche mehr Sonnenbräune, damit
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