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Tanz im Mondlicht

Tanz im Mondlicht

Titel: Tanz im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Lächeln, mit geschlossenem Mund. Ihre unteren Zähne standen ein wenig schief, zwei überlappten einander leicht. Zwischen den beiden Vorderzähnen klaffte eine kleine Lücke. Sie hatte das Bedürfnis, sie zu verstecken. Sie zwang sich, hochzuschauen, seinen Blick zu erwidern.
    Nach ein paar Minuten kehrte ihr Onkel ins Haus zurück. Sie hörte, wie sich seine Schritte entfernten, dann schlug die Fliegengittertür zu. Das Licht auf der Veranda erlosch. Nun spendete der Halbmond das einzige Licht, doch die Augen des Jungen waren nicht minder grün.
    »Danke«, sagte er.
    »Schon in Ordnung.«
    »Woher weißt du, dass er Marshal war?«
    »Er ist mein Onkel.«
    »Die Plantage gehört deiner Familie?«
    Chloe nickte.
    »Cool.«
    »Du solltest hier wirklich nicht Motorrad fahren. Das ist schlecht für die Umwelt.«
    »Und du klingst schon wieder wie eine Schulmeisterin; eine schlechte Angewohnheit.«
    »Meine Großmutter würde sich freuen, das zu hören. Sie ist zufällig Lehrerin für Naturwissenschaften und hat mir bestimmte wissenschaftliche Prinzipien eingetrichtert, obwohl mein Interesse nicht genetisch bedingt ist.«
    »Siehst du? Du machst es schon wieder! Wer wirft schon mit so hochgestochenen Begriffen wie ›genetisch‹ um sich?«
    »Ich kann nichts dafür. Die Natur liegt mir zu sehr am Herzen, um mich dumm zu stellen.«
    »Warum solltest du dich in meiner Gegenwart dumm stellen?«
    Sie warf ihren Kopf in den Nacken. »Ich dachte, Jungen mögen Mädchen, die sich dumm stellen.«
    »Dumme Jungen vielleicht«, erwiderte er mit leuchtenden Augen. Sie fühlte sich zutiefst geschmeichelt. Seine Stimme gefiel ihr. Sie war tief. Und trotzdem warm. Als hätte er beschlossen, sie zu mögen. Außerdem klang er intelligent.
    »Ich bin Chloe Chadwick«, sagte sie.
    »Ah. Von Chadwick Orchards.«
    »Ich arbeite am Obststand.«
    »Und ich bin Zeke Vaill.«
    »Hallo.« Sie schüttelte ihm die Hand, wobei sie seine Verletzung vergaß. Aber es schien doch nichts gebrochen zu sein, da er den Händedruck erwiderte und anschließend seine Finger streckte und beugte.
    »Scheint sich wieder zu normalisieren«, sagte er.
    »Das ist gut.«
    »Was man von meinem Motorrad nicht behaupten kann.« Da die Luft rein war, verließen sie ihr Versteck und gingen zu seiner Geländemaschine hinüber. Er richtete sie auf, versuchte sie anzuschieben, bemerkte aber, dass die vordere Felge verbogen war.
    »Wohnst du weit entfernt?«
    »In Twin Rivers«, sagte er – es war die nächstgelegene Stadt.
    »Ich habe noch keinen Führerschein, sonst würde ich dich nach Hause fahren.«
    Er grinste teuflisch – nur die linke Mundhälfte lächelte, während die rechte unbewegt blieb – und holte ein Handy aus seiner Tasche. Er wählte eine Nummer und wartete, dann sagte er: »Hallo. Ich hatte einen kleinen Unfall. Kannst du mich abholen?« Er wartete abermals. »Ja, abgeschmiert, Blechschaden«, lachte er. »Ich weiß – dir wäre so etwas nie passiert. Auf der Plantage. Zehn Minuten? Ich warte am Ende des Zaunes. Bis gleich.«
    Chloes Mund war trocken. Sie hatte Millionen Fragen an ihn. Sie hätte gerne gewusst, wen er angerufen hatte, wer ihn abholen kam.
    »Das war mein Bruder«, sagte er, als hätte sie die Frage gestellt. »Er holt mich mit dem Pick-up meines Vaters ab, so dass wir das Motorrad auf der Ladefläche mitnehmen können. Das mit dem Öl tut mir leid.«
    Chloe nickte, verspürte eine Sehnsucht, die stärker war als alles, was sie jemals empfunden hatte. Sie begleitete ihn, als er sein Motorrad zur Straße schob. Ihr Herz fühlte sich an wie ein Gummiband, zum Zerreißen gespannt. Es erinnerte sie daran, wie sie zum Firmament emporgesehen und die beiden einzelnen Sterne betrachtet hatte.
    »In welche Schule gehst du? Crofton?«
    Sie nickte, brachte kein Wort über die Lippen.
    »Hast du Geschwister?«
    »Nein.«
    »Du bist also ein Einzelkind.«
    Sie dachte daran, wie sehr sie ihre Cousine geliebt hatte. Und wie schön es sein musste, mit Geschwistern aufzuwachsen. Sie hätte gerne gewusst, ob sie Brüder und Schwestern hatte. Vielleicht hatten ihre leiblichen Eltern damals bereits eine große Familie und konnten keinen weiteren Esser mehr durchfüttern. Oder sie waren blutjung und verliebt gewesen, konnten aber erst nach Beendigung der Schule heiraten und hatten inzwischen weitere Kinder in die Welt gesetzt. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Sie zitterte am ganzen Körper.
    »Du frierst«, sagte er.
    »Nein, ich –«
    Aber

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