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Tanz im Mondlicht

Tanz im Mondlicht

Titel: Tanz im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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wenn auch heimlich – in ihrem eigenen Zimmer, das Kopfkissen im Arm.
    »Jane – kannst du nicht einfach akzeptieren, dass du damals die richtige Entscheidung getroffen hast? Für sie, für alle Beteiligten?«
    »Ich habe das Gefühl, dass sie falsch war.«
    Sylvie beobachtete ihre Augen. Ihr Blick war unstet. Er irrte unentwegt durch den Raum, als gäbe es nichts, was ihr Erleichterung oder Trost verschaffen könnte. Sie waren außerstande, Sylvie anzuschauen. Sylvie verspürte ein Kribbeln im Magen. Waren Janes Gefühle die gleichen geblieben? Damals war Sylvie zunächst wütend gewesen: Sie hatte die Brown nicht zuletzt deshalb gewählt, um am gleichen College wie ihre Schwester zu studieren. Janes Schwangerschaft hatte alles zunichte gemacht. Als sie während des ersten Studienjahrs die Romane des Schriftstellers Fitzgerald gelesen und Janes Depression hautnah miterlebt hatte, hatte sich Sylvie Sorgen gemacht, ihre Schwester könnte wie Zelda enden – von ihrem eigenen Herzen in den Wahnsinn getrieben.
    »Bitte, Jane, du machst mir Angst. Du bringst
mich
um den Verstand.«
    »Dich?«
    »Du bist meine Schwester. Ich liebe dich. Ich kann nicht tatenlos zuschauen, wie du alles zerstörst – nicht nur dich selbst, sondern auch ihr Leben, mit Verlaub. Findest du es nicht seltsam, dass plötzlich eine ältere Frau auf der Bildfläche erscheint, aus heiterem Himmel, mit frisch gebackenen Apfelpasteten? Glaubst du nicht, dass sie sich wundert? Du kannst von Glück sagen, wenn ihre Mutter dir nicht die Polizei auf den Hals hetzt.«
    »Nie und nimmer.«
    »Nur weil sie es noch nicht herausgefunden haben. Aber wenn …«
    »Hör bitte auf, ja?«
    Sylvie zuckte die Achseln. Es war Freitagabend. Wenigstens ging Jane aus, lenkte sich von ihren zwanghaften Gedanken an Chloe ab. Weder sie selbst noch Jane gehörten zu den Frauen, die Männer ermutigten, die Initiative zu ergreifen – sowohl ihr Vater als auch Janes Erfahrung hatten ihnen diesen Wunsch verleidet. Sylvie hatte das Gefühl, als würde sie das äußere Erscheinungsbild ihrer Tochter vor dem ersten Rendezvous inspizieren: natürlich wirkendes Make-up, silberne Kreolen in den Ohren, herrlich glänzende Haare, ein verführerisches blaues Oberteil. Sie holte tief Luft, lächelte ihrer Schwester zu.
    »Waffenstillstand?«
    »Einverstanden. Wie mir scheint, wird das bei uns beiden allmählich zum geflügelten Wort.«
    Sylvie ignorierte die Spitze. »Wer ist der Glückliche?«
    Jane antwortete nicht. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, unergründlich wie immer. Plötzlich knirschten Reifen auf der Zufahrt. Sylvie erschrak. Was war, wenn John vor der Tür stand? Sie war noch nicht fertig. Sie musste noch baden, sich schminken, sich umziehen. Doch dann küsste Jane, die aus dem Fenster geblickt hatte, Sylvie auf die Wange, verabschiedete sich hastig und lief hinaus, um ihren Verehrer in Empfang zu nehmen, bevor Sylvie sagen konnte, dass sie ihn gerne kennenlernen würde.
    Sie eilte zum Fenster; einen Moment lang verspürte sie Erleichterung, dass es nicht John, sondern Janes Verehrer war, bevor sie sich mit klopfendem Herzen fragte, warum es sie derart aus der Fassung brachte, dass sie noch nicht fertig war; sie hatte zum ersten Mal das Gefühl, als hätte die Liebe urplötzlich von ihr Besitz ergriffen. Sie blieb hinter den dünnen weißen Vorhängen stehen, versuchte, einen Blick auf den Mann zu erhaschen.
    Er fuhr einen Pick-up. Auf der Ladefläche befand sich offensichtlich ein kleiner Baum. Sylvies Mund verwandelte sich in Watte. Der Fahrer, nur von hinten sichtbar, stieg aus und öffnete ihrer Schwester die Tür. Jane kletterte auf das Trittbrett und stieg ein. Der Fahrer schloss die Tür hinter ihr.
    Er war groß, schlank und breitschultrig. Er hatte braunes Haar und einen Bart, trug schwarze Jeans und ein Hemd aus blauer Oxford-Baumwolle. Er hinkte stärker als beim letzten Mal: an dem Abend, als er seine Mutter zum Pädagogen-Dinner gefahren hatte.
    Es war Dylan Chadwick.

Kapitel 15
    J ane stieg in den feuerwehrroten Pick-up, und Dylan schloss die Tür hinter ihr. Sie konnte beinahe Sylvies Blick spüren, die mit Sicherheit hinter der weißen Gardine stand und ihr nachsah. Sie hatte das untrügliche Gefühl, beobachtet zu werden. Sie konnte sich die Missbilligung und Vorwürfe ihrer Schwester ausmalen. Sich weigernd, zum Fenster hinüberzuschauen, wandte sie sich mit einem strahlenden Lächeln Dylan zu, der nun einstieg. Dabei machte sich der erste

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