Tanz im Mondlicht
Anwaltskanzlei, eine Pfandleihe.
Chloe fuhr schneller, hielt nach einem Drugstore Ausschau; es musste einen geben. Sie fuhr die Main Street hinauf und die Arch Street hinunter. Als sie an einem
Diner
vorbeikam, knurrte ihr Magen. War das nicht ein Anzeichen für eine Schwangerschaft? Für zwei essen? Sie trat kräftiger in die Pedale.
Als sie um die Ecke bog, entdeckte sie das ausladende Gebäude auf dem Gipfel der nächsten Anhöhe: das Twin Rivers General Hospital. Dort wurden Kinder geboren, vermutlich genau in diesem Augenblick. Chloe dachte an die Geschichte, die sich um ihre eigene Geburt rankte, oder vielmehr den Teil, den ihre Eltern erlebt hatten: Wie sie mit einer Decke, Windeln und rosa Babysachen in die Säuglingsstation gefahren waren, um sie abzuholen …
Da Krankenhäuser immer eine Apotheke hatten und die Wahrscheinlichkeit groß war, dass sie dort niemand kannte, fuhr Chloe den Hügel hinauf. Ihre Wadenmuskeln brannten, und als sie ankam, war sie außer Atem – nicht vom Radfahren, sondern vor lauter Panik.
Sie kettete ihr Rad an den Ständer vor dem Haupteingang. Einige Sanitäter standen draußen vor dem Portal und rauchten. Sie dachte an Onkel Dylan und war traurig. Doch umgehend kehrten ihre eigenen Sorgen zurück. Sie hatte Sex gehabt. Unter den denkbar schlechtesten Voraussetzungen: mit einem Jungen, der ihr weisgemacht hatte, dass er sie mochte.
Die Eingangshalle war hell und freundlich, überall wimmelte es von Menschen. Familien saßen in Gruppen beisammen, sahen aus, als hätten sie einen Schock erlitten. In Krankenhäusern geschahen schlimme Dinge, dachte Chloe. Es war ein Fehler gewesen, herzukommen. Sie wollte gerade auf dem Absatz kehrtmachen und gehen, als sie das Apothekenzeichen und einen Pfeil sah, der den Weg wies. Jetzt oder nie, dachte sie.
Sie durchquerte schnell die Eingangshalle und fand die Apotheke. Der vordere Bereich war mit Zeitschriften, Taschenbüchern und Plüschtieren vollgestopft. An der Seite, ein wenig abseits, waren Luftballons und Blumen ausgestellt. Chloe marschierte an den Spielwaren vorbei und steuerte die Regale mit den Arzneimitteln an. Sie stählte sich innerlich, suchte nach den Tests. Als sie an einem Regal mit Hygieneartikeln vorbeikam, wäre sie beinahe in Tränen ausgebrochen – nie hatten sie so einladend ausgesehen. Würde sie jemals wieder Binden brauchen? Sie betete, dass es ihr vergönnt sein möge – in einer Woche.
Ihre Hände zitterten, als sie die Produkte in Augenschein nahm. Sie war in solchen Dingen völlig unerfahren – oder gewesen, bis Zeke kam – und hatte noch nicht einmal in ihrem Leben Tampons benutzt. Sollten sich die Schwangerschaftstests nicht gleich daneben befinden? Taten sie aber nicht. Sie suchte die Regale ab, arbeitete sich Schritt für Schritt zum hinteren Bereich der Apotheke vor, zum Verkaufstresen.
Mist.
Dort waren sie: die kleinen länglichen Schachteln, hinter der Theke, zusammen mit Kondomen und Salben gegen Hefepilzinfektionen. Chloe hatte letztes Jahr eine gehabt und erinnerte sich, dass ihre Mutter den Apotheker um das Medikament bitten musste. O Gott. Wie peinlich. Was war, wenn sie einen Ausweis verlangten? Wenn die Tests nicht an Jugendliche unter achtzehn verkauft wurden?
Nachdem sie beim Familiengericht aufgeflogen war, weil sie sich als einundzwanzig und somit als volljährig ausgegeben hatte, waren Mona und sie auf die Idee gekommen, ein paar Ausweise zu fälschen. Einen bewahrte sie in ihrem Portemonnaie auf; da es sich als schwierig erwiesen hatte, aus der »8« in ihrem Geburtsjahr etwas anderes als eine »0« zu machen, hatte sie ihr Geburtsdatum auf 1980 vorverlegt – sie wäre also vierundzwanzig. Sie räusperte sich, bereitete sich darauf vor, reif zu klingen, falls erforderlich.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Apothekerin, eine junge Frau.
»Ja, bitte.« Chloes Gedanken rasten, aber sie zwang sich, einen gelassenen Ton anzuschlagen. »Ich brauche einen Früh-Schwangerschaftstest.« Sie hatte ihren gefälschten Ausweis in der Tasche und eine Geschichte in petto, für den äußersten Notfall. Sie würde behaupten: »Der ist für meine ältere Schwester, sie wartet draußen im Wagen«, und sich anschicken, über den Tresen zu springen, um sich den Test einfach zu nehmen, sollten alle Stricke reißen.
Aber nichts davon war nötig. Die Apothekerin holte den Test aus dem Regal, legte ihn auf den Tresen, tippte den Betrag in die Kasse ein.
»Macht fünfzehn
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