Tanz ins große Glueck
ich mich über diese Nachricht beruhigen konnte, verlangte Nick von mir, dass ich mein Apartment aufgebe und zu ihm ziehe." Ruth lachte kurz auf. "Er verlangte es. Und er machte mich so wütend, wie er dastand, mich anschrie, weil ich ihm nicht gleich folgte. Wie nebenbei ließ er einfließen, dass er mich seit fünf Jahren für sich haben wollte. Kein einziges Wort hat er darüber in der ganzen Zeit verloren. Kein einziges Wort!
Ich konnte es kaum glauben. Den Nerv zu haben ..."
Ruth hielt inne, um den neu aufgekommenen Ärger
herunterzuschlucken. "Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er über mein Leben bestimmt. Ich sollte meine Sachen packen und ohne einen weiteren Gedanken zu ihm ziehen. Er hat mich nicht einmal gebeten. Er hat es befohlen, so als ob er sein neuestes Ballett inszenieren wollte. Nein", verbesserte sie sich und sprang auf, weil sie keine Ruhe hatte zu sitzen. "Bei der Arbeit gibt er sich menschlicher. Er hat mich kein einziges Mal gefragt, wie ich dazu stehe, wie meine Gefühle sind. Er hat mich vor die vollendete Tatsache gestellt und das gleich nach dem kleinen Zwiegespräch mit Nadine und nach der schrecklichen Woche vor der Kamera."
Nachdem Ruth ihrem Herzen Luft gemacht hatte, fühlte sie sich auf einmal besser und setzte sich wieder neben Lindsay.
"Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so verwirrt gewesen."
Nachdenklich ließ Lindsay den glatten Stein durch ihre Finger gleiten und befühlte seine Glätte. "Nun", meinte sie schließlich, "ich habe den strikten Grundsatz, keine Ratschläge zu geben." Sie blickte eine Weile auf den Atlantik hinaus. "Aber Grundsätze sind da, um sie zu brechen. Wie gut kennst du Nick?"
"Nicht so gut wie du", antwortete Ruth spontan. "Er war in dich verliebt." Die Worte waren heraus, bevor Ruth klar war, was sie da gesagt hatte. "Oh, Lindsay ..."
"Ja, tatsächlich." Lindsay wandte Ruth das Gesicht zu. "Als ich zur Truppe stieß, hatte Nadine um das Weiterbestehen der Ballettgruppe schwer zu kämpfen gehabt. Mit Nicks Eintreten bekam sie den sehr nötigen Impuls, um mit neuem Schwung die materielle Grundlage für die Truppe abzusichern. Aber es gab immer noch interne Probleme. Die Geldknappheit, von der Außenstehende kaum etwas ahnen, war noch immer da. Du hältst Nadine für hart, was sie auch zweifellos ist. Aber die Kompanie ist ihr Ein und Alles. Für mich ist es jetzt aus der Distanz heraus leichter, sie zu verstehen. Aber es ist nicht immer so gewesen." Sie schüttelte den Kopf.
"Nun ja", fuhr Lindsay fort. "Nicks Kommen war der Wendepunkt. Er war sehr jung, wurde in einem fremden Land förmlich ins Rampenlicht geworfen. Er sprach kaum einen zusammenhängenden Satz Englisch. Er konnte ein wenig Französisch, Italienisch, auch Deutsch. Englisch musste er von Grund auf lernen. Gerade du solltest es verstehen, wie es ist, in einem fremden Land zu sein mit dir fremden Gewohnheiten. Du gehörst nicht dazu, du bist ein Außenseiter."
"Ja", murmelte Ruth. "Ja, ich weiß."
"Nun gut." Lindsay schlang die Arme um die Knie. "Versuch, dir ein Bild von einem Einundzwanzigjährigen zu machen, der gerade die wichtigste Entscheidung in seinem Leben getroffen hat. Er hat sein Land verlassen, seine Freunde, seine Familie. Ja, er hat Familie", unterstrich Lindsay, als sie sah, wie überrascht Ruth war. "Es ist nicht leicht für ihn gewesen. Und die Erfahrungen der ersten Jahre haben ihn misstrauisch gemacht.
Es gab eine Menge Leute, die darauf aus waren, ihn auszunutzen
- seine Geschichte, seine Herkunft, seinen Werdegang. Er hat lernen müssen, sich zu schützen, sein Leben gegen maßlose Neugier abzuschirmen. Als ich ihm das erste Mal begegnet bin, war er bereits Dawidow - ein Name in Großbuchstaben."
Lindsay schaute eine Weile der Brandung zu, die sich an den Steinen brach und Gischt versprühte. "Ja, ich habe mich zu ihm hingezogen gefühlt, sehr sogar. Vielleicht bin ich für eine Weile sogar in ihn verliebt gewesen. Könnte sein, dass er auch in mich verliebt gewesen war. Wir waren Tänzer und jung und
ehrgeizig. Wenn ich länger in der Truppe geblieben wäre, hätte sich womöglich zwischen uns beiden noch etwas mehr
entwickeln können. Ich bin mir da nicht sicher. Aber ich traf Seth." Lindsay lächelte und warf einen Blick zurück zu dem Haus auf der Klippe. "Sicher bin ich mir in dem einen: Was immer Nick und ich auch gehabt haben könnten, es wäre weder für ihn noch für mich die richtige Wahl gewesen. Es gibt keinen anderen Mann für
Weitere Kostenlose Bücher