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Tanz mit dem Engel

Tanz mit dem Engel

Titel: Tanz mit dem Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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damals gedacht, und das war vor einem halben Jahr gewesen.
    Jamie spürte eine Spannung in sich, im Körper. Vielleicht werde ich ausgenutzt, dachte er mit einem ziehenden Schmerz vom Rücken abwärts, und es brannte wie ein weiches Feuer da unten zwischen den Beinen. Es war nicht unangenehm. Es könnte zum erstenmal das Wahre werden.
    Er ist groß, dachte Jamie. Jetzt baut er die Sachen auf. Er sieht, daß ich eine Flasche Wein dort auf dem Tisch habe. Jetzt kommt er herüber und nimmt dieses Glas, das ich ihm gebe. Er sagt etwas, aber ich verstehe es nicht. Jetzt setzt er sich eine Maske auf. Puh, die sieht gar nicht komisch aus. Er geht zurück zur Kamera und setzt sie darauf. Hört man davon nicht mehr? Ich dachte, es wäre lauter. Jetzt höre ich das Surren.
    Jamie hatte zur Seite gewandt dagestanden, aber nun wurde sein Körper direkt zu der schwarzen Linse gedreht, und seine Augen öffneten sich mit einem Ausdruck, der Erstaunen bedeuten mochte, und bevor er den Mund mehr als einen Spalt weit aufgemacht hatte, wurde ein Lappen hineingestopft und etwas anderes herumgezogen und hinten festgebunden, und alles, was er danach sagen wollte, blieb im Hals stecken.
    Dann saß er auf einem der Hocker, die der andere aus der Küche geholt hatte, und jetzt hörte er das Geräusch, es klang, als wäre es viel lauter, und seine Augen waren die ganze Zeit auf diese Linse gerichtet. Das ist ein kranker Teufel, dachte er. Man kann ja was mitmachen, aber mir gefällt nicht, daß er nichts sagt. Es gibt solche Spiele und solche. Ich will hier nicht mehr sitzen, Jetzt stehe ich auf. Er steht bloß da und beobachtet, und jetzt stehe ich auf und wende ihm den Rücken zu, damit er sieht, daß ich den Knoten gelöst haben will, damit ich die Arme frei bekomme. Jetzt kommt er her.
    Jamie spürte einen Stoß irgendwo unten am Rücken und dann etwas, was höllisch im Leib brannte. Er senkte den Kopf, um nachzusehen, was es war, und da sah er, wie es unter dem Nabel klopfte und dann innen, und spürte, wie es gleichsam den Rücken schlitzte. Er hielt den Kopf gebeugt, weil es hinten so weh tat, daß er den Schädel nicht heben konnte, und er sah, daß etwas auf den Boden fiel. Der Teufel hat Wein auf den Boden geschüttet, dachte er.
    Jetzt warf er sich herum, und da sah er die Maske wieder, er meinte, es wäre nun eine andere Maske, aber das war nur ein kurzer Gedanke, denn er sah, was der Teufel in der Hand hatte, und er dachte, jetzt übertreibt er aber. Dann bekam er Angst, und die Angst machte seine Beine weich, so daß er vornüber fiel. Er fiel gegen das Ding, das aufblitzte im Licht vom Tisch oder von der starken Lampe, die neben der Kamera angeschaltet worden war, und er schrie, aber es kam kein Laut, und er konnte nicht mehr atmen.
    Er stand wieder auf. Jetzt begriff er. Er versuchte, sich zur südlichen Wand hin zu bewegen, aber seine Bewegung war vor allem eine Richtung in seinem Kopf. Er glitt auf dem Boden aus und schlug mit der Hüfte auf, als er fiel. Er rutschte auf dem Boden. Sein Körper fand keinen Halt.
    Er hörte eine Stimme. In mir gibt es eine Stimme, und sie ruft mir zu, und das bin ich. Ich verstehe. Jetzt entferne ich mich von der Wand, und wenn ich es leise und vorsichtig tue, dann geschieht mir nichts.
    Mother. Mother!
    Ein Ton summte, als wäre Pause und es geschähe nichts vor den Augen. Er kam nicht von dem Ton los.
    Geh weg von hier.
    Das ging lange so weiter. Er wurde müder, er wurde hochgehoben. Er dachte nicht so viel. Es war, als wäre das, was die Gedanken weiterleitete, abgebrochen, so daß die Gedanken direkt ausströmten und sich ohne Halt ausbreiteten. Wieder wurde er emporgehoben.

9
    Irgendwo auf halbem Weg nach Stampen hörte Winter Vogelgesang. Der Asphalt war trocken, und der Schnee hielt sich ängstlich unter den Kiefern im Park. Die Kälte hatte sich gehoben, hatte sich am Abend zuvor zusammengezogen und war über Nacht aufwärts und nordwärts gestiegen.
    Er hatte lange in der Dämmerung gesessen, Tee getrunken und kurz die Mitteilungen auf dem Anrufbeantworter abgehört. Das Zimmer hatte nach den süßsauren Garnelen gerochen, die er von Lai Wa mitgenommen hatte. Er hatte die Balkontür geöffnet und den Abend hereingelassen.
    Er war zum Sessel zurückgegangen, war aber wieder aufgestanden und hatte Teller, Besteck und Glas in die Küche getragen und die Spülmaschine angeschaltet. Dann hatte er frischen Tee überbrüht und war ins Zimmer zurückgegangen, hatte Charlie Hadens Quartett

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