Tanz mit dem Engel
Bergenhem. »Allerdings«, sagte Ringmar.
»Die Oberarme waren unverletzt«, sagte Janne Möllerström.
»Dort sitzen die blauen Flecken«, sagte Aneta Djanali.
»Muß ein starker Kerl gewesen sein«, sagte Halders. »Wieviel wog der Junge?«
»Achtzig Kilo«, sagte Möllerström, »und er war einsfünfundachtzig, es war also nicht ganz so leicht, das zu tun.«
»Wenn es das war, was er getan hat«, sagte Aneta Djanali.
»Allerdings«, sagte Ringmar.
»Er hat etwas in der Richtung getan«, sagte Möllerström.
»Die Bewegungen deuten darauf hin, daß es ein Dreher rund ums Zimmer war«, sagte Bergenhem.
»Wo man anfassen konnte«, sagte Halders.
»Darüber brauchst du verdammt noch mal nicht zu schwätzen«, sagte Aneta Djanali. »Und das sage ich nicht, weil ich eine Frau bin.«
»Blankgelaufene Sohlen, aber ein deutliches Muster an den Rändern«, sagte Möllerström.
Wie immer hatte Winter die Gruppe gebeten, das Geschwätz in Gang zu halten, als Therapie beinahe oder als inneren Monolog, auf für alle hörbare Lautstärke aufgedreht. Durchleuchtung. Eine ewige Durchleuchtung während der täglichen Zusammenkunft, das Alte und das Neue, das Letzte. Heraus damit ins Freie. Sie putzten an den Splittern von Fakten, bis ihnen die Arme weh taten, bis die Schnittflächen der Fragmente eine Form bekamen, die es möglich machte, sie zusammenzufügen.
»Wie konnte er von dort wegkommen?« fragte Bergenhem.
»Er hat sich drinnen umgezogen«, sagte Winter.
»Aber trotzdem«, sagte Bergenhem.
»Er wartete«, sagte Winter.
»Es gab ein Bad«, sagte Aneta Djanali.
»Aber trotzdem«, sagte Bergenhem.
»Er hätte zweien oder dreien auf dem Weg hinaus begegnen können«, sagte Ringmar.
»Ich habe in diesem Bericht weitergelesen, und alle hatten den Blick auf den Boden gerichtet«, sagte Winter. »Es kommt einem vor, als würden sich die Studenten von heute voreinander schämen.«
»Das war zu unserer Zeit anders«, sagte Halders.
»Bist du Student gewesen?« fragte Aneta Djanali mit treuherzig offenen Augen und etwas Gewissem im Mundwinkel.
Halders seufzte.
»Dann sind da noch die Abdrücke«, sagte Möllerström.
»Ich begreife nicht, wieso die sagen können, es ist ein Stativ«, sagte Halders.
»Das ist, weil du hier bist und die dort sind«, sagte Aneta Djanali.
Wieder seufzte Halders.
»Ein verdammtes Stativ«, sagte er dann.
Ein verdammtes Stativ, dachte Winter. Es brauchte nichts zu bedeuten. Wenn alle tausend Interviews und Befragungen von Tür zu Tür durchgeführt und die bekannten Soziopathen in der Datenbank festgemacht wären, wenn alle Bewegungen bis zu diesem Moment eingefangen wären, wenn der Hintergrund des Opfers aufgeklärt wäre (da wartest du auf Auskünfte, Erik) und wenn alle Partikel vom Tatort vermessen und verglichen wären und die zweitausend Telefonge...
»Haben wir die Gespräche vom Korridortelefon kontrolliert?« fragte er.
»Wir sind dabei«, antwortete Ringmar mit beleidigter Miene.
»Ich will ein Verzeichnis«, sagte Winter. »Ja.«
»Wir brauchen auch ein ähnliches aus London«, sagte er. »Ich kümmere mich darum.«
»Wie ist es mit Malmströms?« fragte Ringmar.
Winter überlegte. »Ja«, sagte er, »von dort auch.«
Das Stativ, dachte er wieder. Was oben befestigt gewesen war. Was danach geschehen war. Und: Alles, was sie wissen mußten, war da. Eine Kassette, irgendwo. Oder mehrere, oder eine mit mehreren Teilen. oder.
»Wir haben die Zeugen vom Brunnsparken«, sagte Möllerström.
»Geht's jetzt in die zweite Runde?« fragte Bergenhem. »Bald«, sagte Bertil Ringmar.
»Ich will es spätestens morgen sehen«, sagte Winter. »Alles zusammen, und mach soviel Druck wie möglich. Irgend etwas stimmt da nicht ganz.«
Er sagte, was er meinte, und Ringmar nickte, und Halders sagte nachher zu Möllerström, sie hätten es gleich sehen müssen, beim ersten Interview hätten sie es sehen müssen. »Teufel auch«, sagte er, dann schüttelte er den Gedanken ab und blickte voraus.
Ich will dir etwas zeigen, hatte er gesagt und die Sachen aus der Reisetasche genommen, als sie zu ihm nach Hause gekommen waren, wie sie es draußen ausgemacht hatten, vorher, bevor er angefangen hatte zu arbeiten. Nur so ganz kurz, wie durch Zufall, und der andere war die Drottningsgatan weitergegangen.
Dann hatte er an der Tür geläutet, und Jamie hatte sich den Rauch abgeduscht. Er hatte das Rauchen aufgegeben, als er in der Bar anfing. Das hält man nicht lange aus, hatte er
Weitere Kostenlose Bücher