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Tanz mit dem Engel

Tanz mit dem Engel

Titel: Tanz mit dem Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Themse, um Jazz zu hören.
    Die Häuser, die er nun sah, waren aus mittelalterlichen Ziegelsteinen gebaut, wie eine ewige Stadt ohne Ende. Nichts ragte höher als zwei Stockwerke auf, so weit er im Gegenlicht sehen konnte. Ein Mann joggte in kurzer Hose über Wandsworth Common. Nach dem Halt im Bahnhof sah er einige Schulkinder auf einer kleinen Schotterfläche zwischen den Brandmauern Fußball spielen. Die Kinder trugen grüne Jacken, was den Eindruck von Frühling verstärkte.
    Die Stadt war hier grüner, als er sich vorgestellt hatte, die freien Felder häufiger als im Norden, als wären die Häuser im Süden einst ohne Gedanken an die Weltstadt gebaut worden.
    Bei Streatham Common ragte eine Moschee zu Allah auf, ein Turm, der funkelte. Frauen mit verschleierten Gesichtern warteten auf groben Bänken. Zwei schwarze Männer stiegen in seinen Wagen zu: Lederjacken und Strickmützen, Hosen aus Leder. Winter hörte die Musik aus den Kopfhörern der Männer, wie ein Summen von weither.
    Eine Station später stieg er aus. Thornton Heath lag im Schatten, der Bahnsteig befand sich unter Straßenhöhe. Er stieg die Treppen hinauf. Eine Zeitung flatterte im Wind herab, glitt an seinen Beinen vorbei.
    Der Schalter war unbesetzt. Drei schwarze Mädchen warteten in einer Ecke darauf, daß etwas passierte. Durch das offene Portal war der Verkehr zu hören. Er ging auf die Brigstock Road hinaus und fühlte sich in einem viel ferneren Land als England.
    Die meisten Menschen, die vorbeigingen, waren Schwarze, Inder oder Pakistan!, Menschen westindischer Herkunft, Leute mit chinesischem, koreanischem, indianischem, afrikanischem Aussehen.
    Er ging den kurzen Hang hinab, dann weiter auf der High Street bis zu einer Kreuzung und zweihundert Meter auf der Whitehorse Lane. Ginge er noch einen halben Kilometer weiter, käme er zum Crystal Palace Football Ground, umbenannt in Selhurst Park, der Arena für die ein wenig zerlumpten und heruntergekommenen Fans in den armen Teilen von Croydon. Winter hatte in London ab und zu Fußball gesehen, aber nur in den großen und sicheren Stadien im Norden.
    Vor dem Viadukt machte er kehrt und ging zurück, vorbei an Marne Amesah's Foreign Food, das auf handgeschriebenen Pappkartonstücken für >new puna yam< warb; die Jamswurzeln lagen in geflochtenen Körben vor dem Laden, an Stangen hinter dem Fenster hingen Bananen. Winter ging am Pub The Prince George vorbei und kam wieder zum Bahnhof. Er griff zum Handy und wählte die Nummer des Polizeireviers. Macdonald meldete sich nach dem ersten Rufzeichen, als ob er am Telefon gesessen und gewartet hätte.
    »Ich stehe jetzt am Blumenstand vor dem Bahnhof«, sagte Winter.
    »Wenn Sie den Hang hinunter nach links gehen und bei Woolworth noch einmal links abbiegen, stehen Sie auf der
    Parchmore Road«, sagte Macdonald. »Mir ist nach einem Spaziergang zumute, wenn Sie also die Parchmore auf der rechten Seite runtergehen, treffen wir uns in etwa zehn Minuten.«
    »Okay.«
    Winter fiel auf, daß Macdonald nicht nach seinem Aussehen gefragt hatte. Er erkennt einen Bullen am Gang, dachte er.
    Er ging zur Kreuzung zurück und wollte gerade vor dem Kaufhaus abbiegen, als er Zeuge wurde, wie ein Weißer einen jungen schwarzen Burschen vor dem Haupteingang im Genick packte.
    »Du bist schon wieder hier und machst lange Finger«, sagte der Weiße, der ein Schild auf der Brust trug. Kaufhausdetektiv, dachte Winter. Mehrere Schwarze standen um den Detektiv und den Verdächtigen. Die zwei bewegten sich wie in einem besonderen Tanz der Straße.
    »Gar nichts hab' ich gemacht«, sagte der junge Schwarze.
    »Und was ist das da?!« sagte der Weiße und hielt einen Rasierapparat hoch.
    »Das ist nicht meiner«, sagte der Junge.
    »Du kommst jetzt mit«, sagte der Mann, und die beiden gingen aus dem Ring, der eine gebeugt vor dem andern.
    Winter ging über die Parchmore Road weiter, wandte sich nach links und schlängelte sich in nördlicher Richtung zwischen den Kieshaufen von Straßenbauarbeiten durch.
    Steve Macdonald ging die Treppe hinunter, durch die Garage und hinaus auf die Straße. Der Tag war warm auf seinem Gesicht. Er ließ die Lederjacke offen und die Handschuhe in der Tasche stecken. Wir bieten dem Schweden die schöne Seite, dachte er. Er kann schon jetzt ein falsches Bild bekommen.
    Macdonald setzte sich in südlicher Richtung in Bewegung. Er war steif nach einem Vormittag am Schreibtisch, über Zeugenaussagen gebeugt. In den Augen hatte er ein Gefühl, als

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