Tanz mit dem Tod (19) - Robb, J: Tanz mit dem Tod (19) - Visions in Death (19)
möglicherweise ebenfalls bereit wäre, eine Zivilperson zu opfern, wenn dadurch die Lösung einer meiner Fälle möglich würde.«
»Das würdest du ganz sicher niemals tun.«
»Nein, das würde ich nicht. Zumindest nicht bewusst. Aber es gibt Leute, die sich für ehrenwerte Bürger halten, und die das machen würden. Die andere dafür opfern würden, um etwas zu erreichen. Das kommt täglich vor, im Großen und im Kleinen. Für die gute Sache, für ihr eigenes Wohl oder für das, was sie als das Wohl von jemand anderem sehen. Dadurch, dass sie aktiv etwas tun oder dass sie etwas unterlassen, opfern sie andere Menschen, und zwar jeden verdammten Tag.«
Als Peabody aus der U-Bahn-Station in Richtung Straße stieg, musste sie ein Gähnen unterdrücken. Es war noch nicht mal elf, aber sie war vollkommen geschafft. Wenigstens war sie nicht auch noch hungrig, denn sie und Feeney hatten während ihrer Arbeit eine Essenspause eingelegt, und jetzt war ihr Magen angenehm mit gerösteten Hühnchenstreifen - oder etwas, das als Hühnchenstreifen ausgegeben worden war - gefüllt. Die Frage, was es vielleicht sonst gewesen war, stellte sie sich lieber nicht.
Dank der leuchtend gelben Sauce, in der das Zeug getränkt war, hatte es ihr sogar halbwegs gut geschmeckt.
Natürlich hatten sie auf alles andere verzichtet, das gehörte zum Polizistenleben nun einmal dazu.
Während sie sich die Treppe hinauf in Richtung Straße schleppte, klappte sie ihr Handy auf.
»Da ist sie ja.« McNabs bis über beide Ohren grinsendes Gesicht tauchte auf dem kleinen Bildschirm auf. »Bist du endlich auf dem Heimweg?«
»Nur noch ein paar Blocks. Wir haben unzählige Adressen abgeklappert, aber es war kein Typ dabei, der dem Täterprofil entsprochen hat.«
»Es kann eben nicht immer klappen.«
»Du sagst es. Bist du mit dem Packen vorangekommen?«
»Baby, wenn du durch die Tür kommst, gibst du mir unter Garantie erst mal einen dicken, fetten Kuss. Ich bin nämlich fertig, das heißt, morgen geht es endlich raus hier und rein ins neue Heim.«
»Wirklich? Wirklich?« Sie tanzte einen kleinen Freudenmambo auf dem Bürgersteig. »Dann musst du wirklich geschuftet haben. Schließlich war noch jede Menge Zeug unverpackt.«
»Tja, ich habe die ganze Zeit an den dicken, fetten Kuss als Dankeschön gedacht.«
»Aber du hast doch wohl nichts von meinen Sachen -«
»Peabody, du weißt, dass ich am Leben hänge. Einschließlich deines kleinen Stoffhasen habe ich alles ordentlich verpackt.«
»Herr Puschelschwanz und ich haben eine lange gemeinsame Geschichte. Ich bin in fünf Minuten da. Bereite dich am besten schon mal auf den dicken, fetten Schmatzer vor.«
»Ich habe schon die ganze Zeit nichts anderes getan.«
Lachend stopfte sie das Handy in ihre Tasche zurück. Das Leben war doch einfach wunderbar, dachte sie. Ihr Leben war einfach wunderbar. Im Augenblick vielleicht sogar fantastisch. Jede Angst davor, dass sie zusammen mit McNab in eine neue Wohnung ziehen würde - die Aufregung über die Unterzeichnung ihres Mietvertrags, über die Vermischung ihrer beider Leben, Möbel und Geschmäcker, darüber, dass sie … nun, vielleicht für immer mit demselben Mann das Bett und alles andere teilen würde, hatte sich mit einem Mal gelegt.
Es fühlte sich nur noch richtig an.
Nicht, dass er sie nicht manchmal in den Wahnsinn
treiben würde. Aber das sollte wohl so sein. Es war Teil ihres Dings, es gehörte ganz einfach zu ihrem Stil.
Sie war total verliebt. Sie war ein Detective der New Yorker Polizei. Ihre Partnerin war eine von den Allerbesten - wahrscheinlich sogar die Beste, die es gab. Sie hatte drei Pfund abgenommen. Okay, bisher nur zwei, aber das dritte käme bald dazu.
Sie hob den Kopf und blickte lächelnd auf das Licht in ihrer Wohnung - ihrer alten Wohnung, verbesserte sie sich. Bestimmt käme McNab jeden Augenblick ans Fenster, um herauszusehen, zu winken oder ihr eine Kusshand zuzuwerfen - eine Geste, die bei einem anderen Typen sicherlich idiotisch wirken würde, bei der sich aber, wenn sie von ihrem Liebsten kam, ihr Magen vor Freude zusammenzog.
Dann würde auch sie ihm eine Kusshand zuwerfen und käme sich dabei nicht im Geringsten dämlich vor.
Sie verlangsamte ihr Tempo, um ihm die Gelegenheit zu geben, diese Fantasie wahr werden zu lassen.
Als er plötzlich völlig lautlos vor sie trat.
Sie nahm eine verschwommene Bewegung wahr. Er war groß - größer als sie angenommen hatte - und er war unglaublich schnell. In
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