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Tanz mit dem Tod (19) - Robb, J: Tanz mit dem Tod (19) - Visions in Death (19)

Titel: Tanz mit dem Tod (19) - Robb, J: Tanz mit dem Tod (19) - Visions in Death (19) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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längst vorüber . Es war nicht geplant, dass er selbst noch einmal leiden müsste. Die Zeit, in der er selbst gelitten hatte,
war endgültig vorbei. Man brauchte ihn sich doch nur anzusehen, um das zu begreifen. Um sich dessen zu vergewissern, baute er sich in seiner ganzen Größe vor einem der unzähligen Spiegel in der Wohnung auf. Was für eine prächtige Statur.
    Er war groß geworden, hatte mit seinem Wachstum jeden, den er kannte, überholt.
    Weißt du, wie viel Klamotten kosten, du verdammter Freak? Wenn du nicht allmählich anfängst, selbst was zu verdienen, lauf meinetwegen nackt herum. Ich lasse nichts mehr springen.
    »Tut mir leid, Mutter. Ich kann doch nichts dafür.«
    Nein, nein! Es tat ihm ganz bestimmt nicht leid. Er war heilfroh, dass er so groß geworden war.
    Er war ganz bestimmt kein Freak, und er war nicht mehr dürr und schlaksig, sondern hatte sich jede Menge Muskeln zugelegt. Hatte hart dafür trainiert, hatte geschuftet und geschwitzt, bis er so stark geworden war. Bis er stolz auf seinen Körper und auf seine Kraft war. Er hatte einen Körper, den die Menschen respektierten. Und den die Frauen fürchteten.
    Du bist ein jämmerlicher Schwächling, du bist einfach ein Nichts.
    »Jetzt nicht mehr, Mutter.« Grinsend spannte er den Bizeps seines unverletzten Armes an. »Jetzt bin ich groß und stark.«
    Doch während er noch in den Spiegel blickte und die kräftige Gestalt bewunderte, die er durch jahrelanges hartes Training selbst geschaffen hatte, sah er, wie er schrumpfte, wie er immer kleiner wurde, bis ihm wieder der schlaksige Junge mit den eingefallenen Wangen und den gequälten Augen aus dem Glas entgegensah.
    Die Brust des Jungen war mit leuchtend roten Striemen von den letzten Schlägen übersät und seine Genitalien
waren wund von der wilden Schrubberei, der sie sie regelmäßig unterzog. Seine Haare hingen fettig und verdreckt auf seine Schultern, weil ihm Waschen oder Schneiden von ihr verboten worden war.
    »Sie wird uns wieder bestrafen«, erklärte ihm der kleine Junge. »Sie wird uns wieder im Dunkeln einsperren.«
    »Nein! Das wird sie nicht.« Er wandte sich vom Spiegel ab. »Das wird sie nicht. Ich weiß, was ich tue.« Er umfasste den verletzten Arm und versuchte, die Schmerzen dadurch zu verdrängen, dass er weiter durch das Zimmer lief. »Dieses Mal wird sie uns nicht bestrafen, sondern selbst bestraft. Darauf kannst du deinen letzten Dollar verwetten. Schließlich habe ich auch die Bullenhure fertig gemacht, oder etwa nicht?«
    Er hatte sie getötet. Er war sich völlig sicher, dass von ihr nichts als die zerbrochene Hülle übrig war. Aber sein Arm! Er war heiß und taub und ein widerliches Kribbeln zog von seiner Schulter bis in seine Fingerspitzen, als stäche jemand mit Tausenden von Nadeln auf ihn ein.
    Er drückte seinen Arm an seinen Körper und stieß - halb Mann, halb kleiner Junge - ein jämmerliches Stöhnen aus.
    Mami würde die Verletzung küssen, und dann wäre alles gut.
    Mami würde ihn verdreschen und schlösse ihn erneut im Dunkeln ein.
    »Wir sind noch nicht fertig.«
    Stellte der kleine Junge mit trauriger Verzweiflung in der Stimme fest.
    Nein, er war noch nicht fertig. Er würde so lange bestraft, bis er endlich fertig wäre. Müsste so lange blind im Dunkeln sitzen, würde so lange geschlagen, würde so lange ihre grauenhafte Stimme hören, bis er endlich fertig war.

    Er hätte die Bullenhure nicht auf der Straße liegen lassen sollen, aber es war alles so furchtbar schnell gegangen. Die Schreie, die Leute, die auf ihn zugerannt gekommen waren, der grauenhafte Schmerz in seinem Arm.
    Er musste flüchten. Der kleine Junge hatte ihm gesagt: Lauf weg! Er hatte keine andere Wahl gehabt.
    »Ich musste von dort verschwinden.« Er sank auf die Knie und blickte flehend auf die Augen, die stumm in ihren Gläsern schwammen und ihn ohne jedes Mitleid anzustarren schienen. »Nächstes Mal werde ich es besser machen. Du wirst sehen. Nächstes Mal wird mir kein Fehler unterlaufen. Das verspreche ich.«
    Im grellen Licht der Deckenlampen, die vierundzwanzig Stunden täglich brannten, wiegte er sich auf den Knien und brach in lautes Schluchzen aus.
     
    Eve konnte nicht ruhig sitzen bleiben, weshalb sie vor den Getränkeautomaten trat, den nächsten Becher Kaffee orderte und das dünne, bittere Gebräu zum Fenster trug. Dann starrte sie wie vorher McNab in die Dunkelheit hinaus. Sie war in Gedanken durchgegangen, was sie bereits alles unternommen hatte und was

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