Tanz mit mir ins Glueck
Die lange Auffahrt endete in einem weiten Bogen vor einem eindrucksvollen Ranchhaus. Kaum hatte Marvin den Motor abgestellt, brach die Sonne durch die Wolken.
„Gracias, Estrella. Sie haben die Straße gerettet und uns die Sonne wiedergebracht."
„Hören Sie zu: Ich habe absolut nichts mit dem Wetter zu tun!" Sie blickte an ihrem ruinierten Kleid herab. „Sonst hätte ich es nämlich gar nicht erst soweit kommen lassen."
Aimee hätte sich den Atem sparen können. Marvin war längst davongeeilt und stapelte eifrig ihr Gepäck neben dem Portal.
Sie stieg aus und sammelte ihre Kräfte für die nächste Auseinandersetzung - die mit ihrem Ehemann.
Als hätte sie ihn durch Gedankenübertragung herbeigelockt, erschien Raphael an der Tür. Ohne ein weiteres Wort stellte Marvin den letzten Koffer ab und verschwand hinter dem Haus. Anscheinend hinderte ihn sein sonderbares Ehrgefühl daran, Raphael zu begegnen.
Aimee atmete tief durch. Sie wünschte sich sehnlichst, ein bisschen besser - oder zumindest sauberer - auszusehen. „Hallo, Raphael."
6. KAPITEL
Sekundenlang stand Raphael schweigend da, die glimmende Zigarette zwischen den Fingern. Sein Blick schweifte von Aimee zu dem feuchten Gepäck zu ihren Füßen. „Möchtest du vielleicht hereinkommen?" erkundigte er sich ironisch und schnippte die Kippe in den Garten. „Oder soll ich dich zuerst mit dem Schlauch abspritzen?"
„Keine schlechte Idee. Ich musste das Taxi anschieben." Sie schaute in die Richtung, in die er die Zigarette geworfen hatte. „Dad erwähnte, dass du angefangen hast zu rauchen. Ich sagte ihm, dass er sich getäuscht haben muss."
„Du hattest schon immer eine viel zu gute Meinung von mir, amada. Ich werde dafür sorgen, dass sich das ändert." Er trat einen Schritt beiseite und deutete auf die offene Tür. „Willkommen in meinem Heim. Du kannst duschen und dich umziehen, bevor wir uns unterhalten."
„Danke, das ist nett."
„Und danach bringe ich dich wieder zum Flughafen."
Sie hatte nicht die Absicht, sich bereits an der Tür mit ihm zu streiten. Das konnte warten, bis sie in der Bibliothek oder in einem anderen Raum allein waren.
Es war das Büro.
„Du siehst viel besser aus", stellte Raphael fest, als Aimee sich eine Stunde später zu ihm gesellte.
„Danke. Ich fühle mich auch viel besser."
Aimee hatte sich sorgfältig auf dieses Treffen vorbereitet, schließlich hatte sie nur diese eine Chance, ihn zu überreden, dass sie bleiben durfte. Sie hatte ihre Lieblingskombination angezogen -
einen schmalgeschnittenen Rock aus
elfenbeinfarbener Seide mit einem dazu passenden Top - und ihr Haar in weichen Wellen über die Schultern gebürstet. Auf Schmuck hatte sie fast ganz verzichtet, sie trug lediglich goldene Ohrstecker und ihren Trauring.
„Die Dusche war eine wahre Wohltat." Neugierig sah sie sich um.
Die dunklen Mahagonimöbel wirkten ausgesprochen maskulin. Raphael hatte sie ganz bewusst in sein privates Arbeitszimmer gebeten, um von vornherein die Grenzen des Gesprächs abzustecken. Er wollte es ihr so schwer wie möglich machen, ihn umzustimmen.
Trotzdem musste sie es zumindest versuchen. „Danke für deine
Gastfreundschaft."
„Es war mir ein Vergnügen." Er wies auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
„Setz dich und erzähl mir, warum du gekommen bist. Ich vermute, du willst mit mir über meinen Plan bezüglich deiner Eltern reden. Falls es so ist, kannst du dir die Mühe sparen."
Sie nahm Platz. „Plan?"
„Eigentlich hast du recht", räumte er schulterzuckend ein. ,,Plan ist nicht der richtige Ausdruck für mein Vorhaben. Drohung wäre passender."
Schlagartig war ihr alles klar. „Du meinst deine Drohung, meine Eltern finanziell zu ruinieren, falls sie weitere Cinderella-Bälle veranstalten?"
Er zog spöttisch die Brauen hoch. „Habe ich je etwas anderes behauptet?"
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Nein, ich glaube nicht - zumindest uns gegenüber." Sie legte den Kopf auf die Seite. „Hast du auch anderen gedroht?"
„Nicht dass ich mich erinnere." Seine Augen funkelten amüsiert. „Soweit ich weiß, haben deine Eltern und du die Ehre, die ersten zu sein."
„Das freut mich", erwiderte sie trocken. „Natürlich wäre ich noch glücklicher, wenn wir auch die letzten wären. Offen gestanden wäre es mir am liebsten, wenn du diese Angewohnheit ga nz aufgeben würdest."
„Das kann ich mir vorstellen. Doch genug davon, Aimee", sagte er ungeduldig. „Falls du nicht gekommen bist, um mich
Weitere Kostenlose Bücher