Tanz mit mir ins Glueck
heißen Marvin. Das ist kein ... kein Tico-Name, oder?"
„Nein, Norte Americano." Er schaute kurz in den Rückspiegel. „Mi madre hat mir diesen Namen gegeben. Weil die turistas darüber lachen, erinnern sie sich auch an ihn und bestellen mich immer wieder."
Die Straße wurde schmaler, als sie in die Berge kamen. „Wie weit ist es noch bis Milagro?" fragte Aimee.
„Wir sind bald da. Zwei, drei horas. Mas o menos."
„Drei Stunden!"
„Es problema?" Er blickte erneut in den Rückspiegel und gab Gas. „Für Sie, Senora, fahre ich muy rapido. Sehr schnell. Aber die Strecke ist schlecht und voller Schlaglöcher."
Der Zustand des Weges beunruhigte sie momentan weniger als die Tatsache, dass er häufiger in den Rückspiegel blickte als auf die Straße. „Fahren Sie ruhig langsam, es stört mich nicht."
„Machen Sie sich um das Geld Sorgen?" Er nahm den Fuß nur leicht vom Gaspedal. „Den Preis für mein Taxi?"
Sie seufzte. „Wahrscheinlich hätte ich am Flughafen einen fe
sten Betrag
aushandeln sollen."
„No problema", versicherte er. „Sie geben mir all Ihre colones, und ich bringe Sie nach Milagro."
Für ein paar Sekunden schienen alle Horrorgeschichten, die sie über alleinreisende Frauen im Ausland gehört hatte; wahr zu werden. Dann lachte Marvin schallend.
„Sie haben einen Witz gemacht, oder?" fragte sie erleichtert.
Er nickte grinsend. „Si."
„Gott sei Dank."
„Ein guter Witz, was? Sehr lustig."
Aimee rang sich ein Lächeln ab. „Umwerfend."
„Es wird nicht teuer. Ich muss sowieso nach Milagro. Wir teilen uns die Fahrt, okay?"
„Danke."
„Sehen Sie diese Berge?" Er deutete auf eine rötliche Felskette, die sich vor ihnen erhob. „Dort müssen wir hin. Die Berge waren früher Vulkane. Der Boden ist deshalb sehr fruchtbar. Das ist gut für die Fincas. Das sind Farmen, verstehen Sie?"
Sie nickte und bemühte sich, ihm zuzuhören, aber der Stress der letzten Wochen forderte seinen Tribut. Aimee schlief ein.
Das Kreischen der Bremse brachte Aimee jäh in die Wirklichkeit zurück. Marvin kurbelte wie wild am Lenkrad, um einem Schlagloch auszuweichen und steuerte schnurstracks auf das nächste zu. Da dieses groß genug war, um einen Truck zu verschlingen, lenkte er gegen und geriet dabei gefährlich nahe an den Straßenrand. Entsetzt starrte Aimee einige Sekunden lang in den gähnenden grünen Abgrund, bevor Marvin den Wagen wieder unter Kontrolle hatte.
„Ah, die Senora ist wieder wach", begrüßte er sie grinsend.
„Das ist gut."
„Ich war wohl erschöpfter, als ich dachte. Habe ich lange geschlafen?"
„Ziemlich, aber das macht nichts. Wir sind bald in Milagro."
„Das ist ja wundervoll."
„Sehen Sie die Kaffeefelder?" Er deutete mit der Hand durchs offene Autofenster.
Neugierig betrachtete sie die hohen buschigen Bäume, die an den Hängen wuchsen. Wie jemand die roten Beeren pflücken konnte, die durch das dichte Laub schimmerten, war ihr ein Rätsel.
„Haben Sie Freunde in Milagro?" fragte Marvin. „Ich kenne jeden. Ich bringe Sie hin."
„No problema, stimmt's?" neckte sie ihn. „Ich will meinen Mann besuchen."
Marvins Erstaunen war beinahe komisch. „Sie haben einen Ehemann in Milagro?"
„Sein Name ist Raphael Beaumont. Kennen Sie ihn?"
Aimee hatte den Satz kaum ausgesprochen, als Marvin auch schon hart auf die Bremse trat und das Steuer herumriss. Schlingernd kam das Taxi am Straßenrand zum Stehen. Er sprang hinaus und überschüttete sie mit einer Flut von spanischen Sätzen.
Sie verstand kein Wort. „Was ist los? Was wollen Sie?"
Er wies auf die Kaffeefelder auf der anderen Straßenseite, nannte erneut Raphaels Namen und redete weiter auf spanisch auf sie ein. Die Art und Weise, wie er Raphaels Namen förmlich ausspie, bewies, dass er vermutlich noch wütender auf ihren Mann war als sie. Schließlich rannte er zum Kofferraum und öffnete ihn.
Das verhieß nichts Gutes.
Als Aimee ausstieg, hatte er bereits ihr Gepäck herausgeholt und in einen Graben geworfen. „He, warten Sie! Das können Sie nicht tun!"
Marvin hob das Kinn. „Si, ich kann es tun. Und ich werde es tun."
Sie nahm eine Reisetasche und verstaute sie wieder im Kofferraum. Mit der gleichen Geschwindigkeit, mit der er auslud, räumte sie alles wieder ein. „Was ist passiert?" wollte sie wissen. „Habe ich etwas Falsches gesagt?"
„Tut mir leid, ich kann Sie nicht nach Milagro bringen."
„Warum nicht?"
„Es ist Ihre Schuld." Er hielt einen Moment inne. „Sie hätten mir
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