Tanz mit mir - Roman
Stadtplanerin angetreten und lebte in einer winzigen Wohnung in Castlefield. Ross arbeitete in einem Designstudio in der Nähe des Pubs. Ihre erste Unterhaltung, eigentlich völlig nichtssagend und unverbindlich, war Katie vorgekommen, als hätte sie jemanden getroffen, den sie schon als Kind gekannt hatte. Obwohl sie beide auf den ersten Blick recht unterschiedlich zu sein schienen, gab es doch in ihrem Inneren so viele Verbindungen, die sie wie Magneten zusammenhalten ließen – Gemeinsamkeiten im Hinblick auf Geschmack und Aussehen, weniger hinsichtlich der Logik. Ross duftete wie ein kleiner Junge, trug die richtige Designerbrille, hatte die Angewohnheit, sich den Pony – damals noch lang und fransig – aus dem Gesicht zu streichen, was Katie an einen längst vergessenen Jugendschwarm erinnerte. Zudem besaß er einen Sinn für Humor, der Katies Herz jedes Mal höher schlagen ließ, wenn er seine Augenbraue hob und zaghaft einen Witz machte, von dem er dachte, dass nur er und Katie ihn verstehen würden. Darüber hinaus war zwischen ihnen jedoch noch etwas anderes gewesen, etwas Besonderes, was ihr plötzlich das Gefühl gab, dass sie beide in dem jeweils anderen das passende Gegenstück gefunden hatten, mit
dem sie vollendet wurden. Etwas, was selbst die rational denkende, analytische Katie nicht genau erklären konnte.
Dem ersten Abend im Pub folgten weitere. Sie trafen sich jedoch nie in Restaurants, die sie mit befreundeten Arbeitskollegen frequentierte, sondern besuchten Konzerte und verschwitzte Indie-Clubs oder spazierten gemütlich am Kanal entlang. Jener Sommer in Manchester war lang und heiß gewesen, und jede Erinnerung daran ging mit einem Prickeln einher: wie sie bis zum Morgengrauen geredet hatten und mit dem Heulen der Sirenen die stickige, nach Curry duftende Luft herübergeweht wurde, oder das wohlige Brennen von zu warmen Decken auf nackter Haut, während sie im Dunkeln der Musik lauschten, ihre Arme und Beine umeinandergeschlungen, das gemeinsame Schweigen genießend. Eigentlich war Ross gar nicht ihr Typ gewesen, doch völlig ohne Grund oder Erklärung hatte sie sich verliebt, was die Richtigkeit des Ganzen jedoch nur zu bestätigen schien.
Damals hatte Ross ihre Karriere noch nicht als Ärgernis betrachtet. Obwohl Katie den aus Modeklamotten und Starbucks bestehenden Lebensstil der Städter vielleicht geteilt haben mochte, war sie jedoch kein typischer Stadtmensch. Im Gegenteil – sie war auf dem Land in der Nähe von Tewkesbury, Gloucestershire, aufgewachsen. Ehrgeizig, wie sie war, hatte sie an einem Graduiertenprogramm teilgenommen, weshalb sie auch nach ihrem Studium noch in Manchester geblieben war. Nachdem Katie ihre Zulassung bekommen hatte, waren ihre Eltern nach Spanien ausgewandert, sodass es für Katie plötzlich keinen Grund mehr gab, nach Tewkesbury zurückzukehren.
Sie hatte schon immer im Bereich der Städteplanung arbeiten wollen, doch es war für sie alles andere als leicht gewesen; sie hatte schon nach kurzer Zeit gemerkt, dass sie doppelt so hart arbeiten musste wie ihre männlichen Kollegen, um voranzukommen. Nachdem Ross und sie bereits über ein
halbes Jahr miteinander ausgegangen waren, hatte man ihr überraschend eine Stelle mit besserer Bezahlung und mehr Verantwortung angeboten – jedoch auf dem Land, nicht weit von dem Ort entfernt, an dem sie aufgewachsen war, in einem mittelgroßen Marktstädtchen namens Longhampton.
Katie befand sich in einer Zwickmühle. Sie hatte sich niemals wirklich an Manchester gewöhnt, und das geschäftige, hektische Treiben dort hatte ihr immer irgendwie das Gefühl verliehen, ein Landei zu sein, ganz gleich, wie schick und gestylt sie sich kleidete. Sie hatte es ertragen, um beruflich voranzukommen – was ihre Eltern ihr immerzu eingeschärft hatten -, doch im Grunde wäre es für sie kein Problem gewesen, Manchester zu verlassen, nicht nur wegen eines so guten Stellenangebots. Was jedoch Ross betraf, der viele Aufträge von Medienunternehmen erhielt, so würde es schwierig werden, ihn dazu zu bewegen, mit ihr ans Ende der Welt zu ziehen. Katie war klar gewesen, dass sie damit sehr viel von ihm verlangte.
Dennoch hatte sich Ross schnell entschieden.
»Nimm das Angebot an«, hatte er gesagt, bevor sie ihm überhaupt alles erklärt hatte.
»Aber was ist mit … uns?« Sie waren an dem heiklen Punkt angelangt, statt vier Nächte pro Woche miteinander zu verbringen, nun ganz zusammenzuziehen. »Du hast so viele Kunden aus der
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