Tanz mit mir - Roman
rosafarben durch die Prinzessinnenvorhänge hindurch.
Katie stieg aus dem Auto, ging knirschend durch den Kies zur Haustür hinüber, klingelte und rief dann durch den Briefkastenschlitz. »Jo? Jo, ich bin’s!«
Sie trommelte mit den Fingern gegen die Tür, bis diese aufschwang und Jo mit zerzaustem, medusenhaft abstehendem Haar, roten Augen und tränenverquollenem Gesicht vor ihr stand.
Schnell stellte sich Katie vor sie, damit kein neugieriger Nachbar sie so sehen konnte, und geleitete sie nach drinnen.
Die Eingangshalle sah aus wie immer – ordentlich und großzügig. Doch das goldgerahmte Familienfoto, das für gewöhnlich auf dem Telefontischchen stand, war verschwunden, und wo zuvor glänzende Hochzeitsfotos Besucher empfangen hatten, klafften nun leere, helle Stellen an den Wänden. Katies prüfender Blick fiel auf eine Kehrschaufel und eine Bürste in der Küche, wo zerbrochenes Glas auf dem Boden lag.
»Oh Jo, es tut mir so leid!« Katie schloss ihre Freundin in die Arme. Sie merkte, wie Jo zu zittern begann, als ihr die Tränen wieder über das Gesicht liefen. Katie hielt sie noch fester, und Jos Kopf ruhte auf ihrer Schulter, bis die Tränen versiegt waren.
Solange sie sich um Jo kümmerte, brauchte sie sich nicht mit ihren eigenen Sorgen auseinanderzusetzen. Während Jo abwechselnd weinte und dann wieder ruhiger wurde, schmiedete Katie einen Krisenplan, wie es weitergehen sollte.
»Kann ich dir einen Tee kochen?«, fragte sie so munter wie möglich, um Jo abzulenken. »Einen süßen, heißen Tee, den brauchst du jetzt. Ich könnte jedenfalls einen vertragen. Los, komm, wir gehen in die Küche. Hast du schon etwas gegessen?«
»Ich möchte nichts.« Jo ließ sich benommen auf einen Barhocker fallen.
»Auch keinen Keks?« Katie öffnete den Einbauschrank und stieß auf Teebeutel und Tassen. Sie nahm die Tasse mit der »Ich liebe dich, Daddy«-Aufschrift und dem Abdruck einer Babyhand und schob sie ganz nach hinten.
»Er verlässt uns«, erklärte Jo, bevor Katie überhaupt darüber nachdenken konnte, wie sie das Thema anschneiden sollte. »Offenbar ist unsere Ehe schon seit Jahren am Ende, aber ich hatte wohl zu viel Familienkram um die Ohren, um es zu bemerken. Er sagt, er hätte immer wieder Andeutungen gemacht, aber du weißt schon, ich Dummchen war natürlich
zu sehr damit beschäftigt, die Kinder zu erziehen!« Sie warf Katie einen wässrigen, zornigen Blick zu und zählte mit ihren Fingern mit. Ihre Hände zitterten so stark, dass sie jeden Finger fest packen musste. »Ich bin nicht mehr die Frau, die er einmal geheiratet hat, er hat unser langweiliges Leben satt, ich habe mich gehen lassen, ich rede nicht mit ihm, für mich haben die Kinder immer Vorrang vor ihm, so funktioniert das alles nicht, und er will jetzt gehen, damit er neu anfangen kann. Entschuldigung: damit wir beide neu anfangen können« fuhr sie bitter fort. »Er denkt ja schließlich auch an mich.«
»Jo, es tut mir so leid!« Katie goss kochend heißes Wasser über die Teebeutel. Das klang alles ziemlich endgültig. Warum war ihr nichts aufgefallen? Welche Anzeichen hatte sie übersehen, dass es so schlecht um diese Ehe bestellt gewesen war?
Gut, Jo hatte auch keine Ahnung, dass Ross und ich zur Eheberatung gehen, bis ich es ihr gesagt habe, erinnerte sich Katie. Es ist schon erstaunlich, wie viel man verbergen kann, wenn man nicht möchte, dass andere Leute Bescheid wissen.
»Ich wusste nicht, dass du so unglücklich bist. Ich wünschte, ich hätte es gewusst.« Katie biss sich auf die Lippe.
»Ich wusste es ja selbst nicht«, erklärte Jo bitter. »Ich bin immer noch … geschockt! Greg war immer besessen von seiner Arbeit. Wie kann er bloß die Kaltblütigkeit besitzen und mir jetzt erzählen, dass ich die Kinder ihm vorziehen würde, wo er doch derjenige war, bei dem die Arbeit immer an erster Stelle stand …«
Damit berührte sie bei Katie einen wunden Punkt. »Ich bin sicher, dass er es nur für dich und die Kinder getan hat, Jo«, erwiderte sie.
»Trotzdem hätte er mir nicht sagen müssen, dass ich mich in eine schwabbelige, langweilige Hausfrau verwandelt habe!«,
stieß Jo hervor. Katie stellte den Wasserkessel auf dem Herd ab und nahm ihre Freundin fest in den Arm.
»Das hast du nicht! Ganz sicher nicht! Was hast du getan, seitdem er fort ist?«
»Nichts.«
»Nichts? Ein paar Dinge müssen aber erledigt werden. Lass uns zuerst einmal die Schlösser austauschen. Danach können wir dann deinen Anwalt
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