Tanz mit mir - Roman
wahrscheinlich einen Tag Urlaub genommen, um seine Ehe zu retten, redete sie sich ein. Katie dagegen war fast ein wenig beschämt darüber, wie erleichtert sie gewesen war, dem gewohnten Arbeitsrhythmus nachgehen zu können. Es war sinnlos, sagte sie sich immer wieder. Es war absolut sinnlos, solange Ross nicht zurückgekehrt war und sie miteinander reden konnten.
Scott lungerte vor ihrer Bürotür herum und hoffte allem Anschein nach darauf, sich in einem unbemerkten Moment fortstehlen und früh Feierabend machen zu können. Das kann er getrost vergessen, dachte Katie spitz.
»Was gibt’s?«, blaffte sie ihn an.
»Sie hatten einen privaten Anruf.«
Ihr klopfte das Herz bis zum Hals. Das war Ross gewesen. Ganz bestimmt.
»Sie möchten bitte Ihre Freundin Jo zurückrufen«, fügte er hinzu, während er durch die Bürotür verschwand.
Nachdem er außer Sichtweite war, streifte sich Katie die Schuhe von den Füßen und rieb sich die Augen. Jo. Sie würde ihr wohl oder übel erzählen müssen, was passiert war, falls Ross plante, das Wochenende mit »Nachdenken« zu verbringen, während Jo auf Hannah, Jack, Rowan und Molly aufpasste und er ihr gegenüber so tun würde, als sei nichts geschehen. Vielleicht sollte sie den Trip absagen und die Kinder zu Hause behalten. Es war typisch für Ross zu glauben, dass es ihrer Freundin nichts ausmachen würde, unter diesen Umständen allein mit ihm wegzufahren. Arme Jo.
Bei Jo sprang jedoch nur der Anrufbeantworter an. Katie runzelte die Stirn und wählte dann die Nummer ihres Handys. Die Mobilbox antwortete.
Wahrscheinlich wollte Jo nur wissen, was sie Hannah schenken sollte und ob sich Ross etwas Besonderes zum Geburtstag wünschte. Vor Schmerz kniff Katie die Augen zusammen. Oder es drehte sich um den Tanzkurs. Katie war sich mit einem Schlag aller terminlichen Verpflichtungen bewusst. Bestimmt ging es um ein verdammtes Ballkleid. Na ja, dafür war’s ja nun zu spät.
Sie drückte auf die Wahlwiederholung, erreichte aber am anderen Ende wieder nur die Mobilbox.
Dann schien es ja nicht allzu dringend zu sein, vermutete Katie und wandte sich wieder den dreiundvierzig E-Mails zu, die in ihrer Abwesenheit eingegangen waren.
Da sich Katie nicht besonders darauf freute, mit Jo zu reden, befand sie, dass das Gespräch noch gut und gerne ein wenig warten konnte.
Katie gab sich allergrößte Mühe, dass Büro so früh wie möglich zu verlassen, damit Ross und sie wenigstens noch kurz miteinander reden konnten, bevor er abreiste. Doch sie brauchte allein noch eine gute halbe Stunde dafür, Scotts Briefe zu korrigieren. Diese waren mit Grammatikfehlern übersät und beinhalteten besorgniserregend lockere Zusagen für künftige Leistungen.
Erst als die Putzkolonne kam, zwang sich Katie, den Heimweg anzutreten. Jo ging immer noch nicht ans Telefon, sodass Katie ihr eine kurze Nachricht auf den AB sprach und ihr mitteilte, dass sie und Ross heute Abend nicht zum Tanzkurs kommen würden und Jo sie bitte bei Angelica entschuldigen möge.
Im Erdgeschoss brannte Licht, als sie die Tür aufschloss. Die lärmende Musik der Girliband »Girls Aloud« sowie lautes
Kindergeschrei schlugen ihr entgegen und strapazierten ihre angespannten Nerven.
Herrgott noch mal, wie sollen wir denn bei diesem Tohuwabohu über unsere Zukunft reden?
Doch im gleichen Augenblick zügelte sie ihre Gedanken. Nun sei nicht so gemein, Katie, schalt sie sich. Sieh es doch einmal von der positiven Seite: Die Kinder sind noch auf, sodass du noch ein wenig Zeit mit ihnen verbringen kannst, bevor sie abreisen!
Jetzt war es sogar wichtiger denn je, sich um die Kinder zu kümmern. Sie konnten nichts dafür, wie sich die Dinge zwischen ihr und Ross entwickelt hatten, und sie durften auf keinen Fall den Eindruck gewinnen, schuld daran zu sein. Doch Katies gute Absichten waren schnell verflogen, als sie die Küche betrat und sich ihren Augen die reinste Haferkeksbäckerei bot. Überall waren sirupverklebte Löffel, Haferflocken, Schokolade und Margarine verteilt. Einiges davon klebte sogar in Hannahs Haar. »Um Gottes willen, Ross! Was ist denn hier los? Die Kinder sollen vor dem Zubettgehen ruhiger werden, stattdessen füllst du sie hier mit Zuckerzeug ab?«, entfuhr es ihr.
Im gleichen Moment hasste sie sich für ihren Vorwurf.
Ross schenkte ihr ein breites, offensichtlich aufgesetztes Lächeln, doch seine dunklen Augen starrten sie warnend an. Er drehte den CD-Player ein wenig leiser. »Oh, wir haben nur
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