Tanz mit mir - Roman
legte den Kopf zur Seite und versuchte, ihr in die Augen zu schauen, sodass sie ihn ansehen musste. Das hatte er schon gemacht, als sie noch klein gewesen war; er wusste genau, dass er sie damit zum Lachen bringen konnte. In ihren Brautschuhen war sie nur wenige Zentimeter kleiner als Frank und konnte seinem Blick nicht ausweichen.
»Ist das ein ›eigentlich nicht – ich brauche nur ein bisschen Geld für ein neues Kleid‹ oder ein ›eigentlich nicht – Chris und ich wandern nach Kanada aus, und ich weiß nicht, wie ich Irene beibringen soll, dass wir keine Hochzeitstorte brauchen‹?«
Laurens Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln, obwohl ihr eigentlich gar nicht danach war.
»Jetzt sag schon, was los ist«, drängte Frank, führte sie gekonnt in eine Umdrehung und wich dabei geschickt Chris und Angelica aus, die in einem schrecklichen Durcheinander aus Ellbogen und Füßen vorbeistolperten. Vielmehr Chris; Angelica versuchte eisern, ihn zu bändigen. Frank bemerkte, wie Laurens Blick Chris folgte, als er an ihnen vorbeiwankte, und wusste sofort, dass ihre seltsame Laune mit ihm zu tun hatte.
Dies bestärkte Frank nur noch mehr, wieder ein Lächeln in Laurens Gesicht zaubern zu wollen.
Lauren entging der entschlossene Gesichtsausdruck ihres Vaters nicht, und ihr wurde klar, dass sie mit der Wahrheit herausrücken musste.
»Du weißt ja, dass Chris und ich für ein Haus sparen wollen«, fing sie zögerlich an. »Und dass das der Grund ist, warum wir nicht zusammenleben können, während wir Geld sparen.«
»Oh! Und ich dachte schon, du wärst nach Hause gekommen, um mehr Zeit mit uns verbringen zu können!«, frotzelte Frank.
»Nein, jetzt sei nicht so albern. Es ist wirklich total schön, bei euch zu Hause zu wohnen, aber …« Sie zögerte. Dad brauchte von Chris’ Junggesellengebaren nichts zu erfahren; er würde nur wütend werden, Chris eine Standpauke halten und ihm ein paar hinter die Löffel geben. »Ich vermisse Chris. Genauso, wie du Mum vermissen würdest, wenn ihr getrennt voneinander leben müsstet. Du weißt schon, wir sind beide … erwachsen und …«
»Ich weiß, was du meinst, Liebes«, erwiderte Frank. »Deine Eltern sind noch nicht so alt, dass sie ihre Zeit zu zweit nicht mehr genießen würden.«
Lauren wand sich. Das Gespräch nahm eine Richtung, die sie definitiv nicht beabsichtigt hatte. Sie versuchte, das Thema so schnell wie möglich zu wechseln. »Wie auch immer. Kennst du die neuen Häuser, die gerade gebaut werden, wo sich früher der alte Viehmarkt befunden hat?«
»Und jetzt bitte alle eine Rückwärtsdrehung!«, rief Angelica in dem Versuch, den Chor zu übertönen. »Die Männer den Kopf zur Ecke des Saales, dann eine große Drehung, um die andere Saalecke zu betrachten. Füße zusammen, ein Zwischenschritt. Dann die Damen genau anders herum!«
Atemlos drehten sich Frank und Lauren, wobei sich ihre Füße gekonnt aus dem Wege gingen und Laurens Rock bei der schnellen Drehung hochwirbelte.
Die Rückwärtsdrehung mit ihrem weiten, raschen Schwung verlieh Lauren immer das Gefühl, »richtig« zu tanzen. Einen ganz kurzen Moment lang stellte sie sich vor, ihr ausladendes
Brautkleid mit dem steifen Petticoat im Disney-Stil darunter zu tragen. Vor ihrem inneren Auge sah sie von oben auf sich hinab, auf einen Traum aus weißer und kristallener Eleganz. Die blonden Locken hatte sie hochgesteckt, und sie wiegte sich bei ihren Rückwärtsdrehungen wie eine Pusteblume im Wind. Sie war stolz auf alles, was sie gelernt hatte.
Ich liebe es, zu tanzen, dachte sie. Ihr Herz schlug schneller, während sich ihr Körper drehte, sich die Füße zur Musik bewegten und alles wie am Schnürchen lief. Nur beim Tanzen kann ich mich wie eine Prinzessin fühlen, selbst wenn ich mit meinem Vater tanze.
Dann rief sie sich vor Augen, wie sie mit Chris tanzen würde, und ihr Mut sank ein wenig. Um sich wieder aufzumuntern, stellte sie sich vor, wie bezaubernd ihm die silberne Brokatkrawatte stehen würde.
»Ich weiß, welche Häuser du meinst«, antwortete Frank und brachte sie mit ein paar Grundschritten wieder auf eine gerade Bahn. »Du meinst diese winzigen Häuschen, fast wie Puppenhäuser, nicht wahr?«
Laurens Augenmerk richtete sich wieder auf die finanzielle Situation.
»Na ja, wir werden uns nichts Größeres leisten können, und wenn wir es jetzt anzahlen würden, wären die Häuser zwanzig Prozent günstiger als später, wenn nach Bauende die Immobilienmakler erst einmal
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