Tanz mit mir - Roman
Welt in Ordnung: Sein ganzes Leben lang war er der Typ Rugbyspieler gewesen, der immer der Anführer war, der als Erster ein Auto besaß und dem zu Schulzeiten die Frauenherzen nur so zuflogen. Für ihn war die Hochzeit längst nicht so ein großer Traum wie für Lauren.
Irenes Stift hielt mitten im Wort inne. »Du hast ihm noch gar nichts von dem Pferd erzählt, nicht wahr?«
»Ähm, na ja …«, murmelte Lauren. Tatsächlich hatte sie sogar ihrer eigenen Mutter noch nichts davon erzählt, doch in einem der Hochzeitsmagazine war ein so hübsches Foto abgebildet von einer Braut etwa ihrer Größe, die auf einem perlweißen Pony saß und so unglaublich elegant und märchenhaft aussah …
»Soll ich mit ihm reden?«, schlug Irene mit einem kleinen mitleidigen Lächeln vor. »Immerhin bin ich seine Mutter.«
Die Klingel bewahrte Lauren davor, eine Antwort geben zu müssen.
»Das wird Mum sein«, rief sie und sprang hastig auf. »Ich werde ihr aufmachen. Sie trinkt einen starken Kaffee, wenn noch genug da ist. Drei Stückchen Zucker.«
Lauren entging nicht das gedämpfte Schnauben, das Irene ausstieß, als sie Lauren außer Hörweite wähnte. Doch Lauren ging schon längst nicht mehr auf solche Dinge ein. Nach einem langen Tag, an dem sie sich mit lauter Fünfjährigen herumgeschlagen hatte, brauchte ihre Mutter schlichtweg zwei Tassen Kaffee hintereinander, mit drei Zuckerstücken in jeder Tasse, um genügend Kraft aufzubringen, sich auch nur die Schuhe ausziehen zu können.
Irenes Einfamilienhaus war groß genug, um über einen separaten Windfang zu verfügen. Aber nicht ein einziger verirrter Schuh oder eine Plastiktüte lugte aus den Weidenkörben hervor, die hier die Wand säumten. Durch das Milchglas hindurch erkannte Lauren die kleine, rundliche Figur ihrer Mutter. Als sie die Haustür öffnete, sah sie gerade noch, wie sich Bridget das letzte Stück einer Banane in den Mund stopfte, während sie gleichzeitig mit einer vollen Einkaufstüte aus dem Supermarkt und ihrer abgenutzten Ledertasche jonglierte.
»Uuups! Jetzt hast du mich erwischt – ich hatte einfach Kohldampf! Heute ist nicht einmal Zeit für eine kleine Pause geblieben! Hallo, Lauren, Schatz!«, grüßte Bridget Armstrong
und beugte sich vor, um ihre Tochter in die Arme zu nehmen.
Lauren umarmte sie und atmete den vertrauten Geruch ein: Ihre Mutter roch nach Grundschulkindern, Erfrischungstüchern und Chanel No. 5, das Laurens Dad ihr jedes Jahr zum Geburtstag und zu Weihnachten schenkte. »Für die Femme fatale in den vernünftigen, bequemen Schuhen«, erklärte er jedes Jahr wieder, und jedes Mal lachte Bridget auf die gleiche wehmütige Art und Weise. Ein paar Mal hatte Lauren ihm vorgeschlagen, dass vielleicht ein Fußmassagegerät oder ein Gutschein für eine Maniküre eher Mums Geschmack treffen würde. Er hatte genickt und zugestimmt, doch letztendlich wieder Chanel No. 5 geschenkt.
Lauren hatte sich insgeheim schon gefragt, ob das Parfum vielleicht eine Art Insiderwitz zwischen den beiden war.
Bridget zögerte kurz und wusste nicht, wohin mit der Bananenschale. Da sie keinerlei Möglichkeit sah, sie in Irenes makellosem Windfang zu verstecken, stopfte sie sie tief in ihre Schultasche. »Wie läuft’s?«
»Ganz gut«, erwiderte Lauren und trat einen Schritt zurück, um ihre Mutter hereinzulassen. Bridget und sie hatten früher daheim in der kleinen Küche über Laurens Traumhochzeit geredet, um sie nach einem erneut kläglich verlorenen Netballspiel wieder aufzumuntern. Das Problem dabei war, dass Bridget nun, wo die Sache allmählich Realität werden sollte, den vollen Umfang der Planung einer solchen Traumhochzeit nicht zu erkennen schien.
Lauren nahm dies ihrer Mutter nicht krumm, da sie nun einmal mit Ausnahme ihrer eigenen bisher keine andere Hochzeit hatte organisieren müssen. Billy, Laurens vierzehn Jahre älterer Bruder, war nach Neuseeland ausgewandert, als Lauren gerade einmal elf Jahre alt gewesen war. Dort hatte er geheiratet und sie damit um ihre Aufgabe als Blumenmädchen gebracht. Dabei hatte Lauren lange Zeit davon geträumt,
Blumenmädchen zu werden – bevor sie schließlich zu ihren Brautphantasien überging. David, ihr anderer älterer Bruder, hatte oben in Schottland geheiratet, als sie vierzehn war. Seine Frau Vivienne hatte das ganze Ereignis geplant – sogar diese scheußliche Schottentracht, die Lauren hatte anziehen müssen. Vivienne war Eventmanagerin und erlaubte nicht einmal, dass sich Bridget ihr
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