Tanz mit mir - Roman
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Bridget seufzte. »Ja, ja, da hast du sicher recht.«
»Siehst du. Okay, Kleid Nummer zwei!« Lauren verschwand in der Umkleidekabine und riss so sehr am Vorhang, dass zwei der Ringe aus der Halterung sprangen.
Yvette und Bridget starrten auf die beiden Ringe, dann warfen sie sich einen Blick zu.
»Sie ist sehr aufgeregt wegen der Hochzeit«, erklärte Bridget entschuldigend. »Und sie war schon immer ein wenig …«
Krampfhaft suchte sie nach einem geeigneten Ausdruck
– sie konnte wohl kaum wie die Kinder in der Schule sagen, dass Lauren wie ein Elefant im Porzellanladen war. »Sie hat zwei linke Hände«, fuhr sie dann stattdessen fort.
»Das glaube ich Ihnen gern. Möchten Sie eine Tasse Tee trinken, während sich Ihre Tochter umzieht?«
»Danke, gern, das ist eine gute Idee«, murmelte Bridget.
Lauren probierte noch drei weitere Kleider an – ein langes, schmales, röhrenartiges Satinkleid, in dem sie wie Nicole Kidman aussah, sowie ein schulterfreies Kleid, das wie ein riesiges Schaumgebäck aussah und Lauren zufolge das »aller-, aller-, allerschönste Kleid« war, das sie je gesehen hätte, und schließlich ein atemberaubendes, mit Spitzen besetztes Hochzeitskleid im Flamenco-Stil, das im Rücken beunruhigend tief ausgeschnitten war und definitiv zum »Wow-Erlebnis in der Kirche« beigetragen hätte.
Das größte »Wow-Erlebnis« blieb jedoch für Bridget, dass es sich die ganz normalen Mädchen in Longhampton tatsächlich leisten konnten, Tausende von Pfund für ein Kleid auszugeben, das nur an einem einzigen Tag getragen wurde und dazu noch in einer Farbe gehalten war, die einer Frau am allerwenigsten schmeichelte.
»Würde es euch etwas ausmachen, wenn wir jetzt eine kurze Mittagspause einlegen würden?«, fragte Yvette um dreizehn Uhr. Auf dem Arm trug sie einen Haufen Schleier, um die Lauren sie gebeten hatte, um den »Effekt abzurunden«.
»Nein, kein Problem«, erwiderte Bridget. »Ich glaube, wir können jetzt alle ganz gut eine Pause vertragen.« Sie drehte sich zu ihrer Tochter um, die wieder in der Normalität gelandet war und eine rosafarbene Trainingsjacke aus Velours sowie eine eng sitzende Jeans trug. Es war ein fast überraschender, jedoch auch sehr beruhigender Anblick, wieder die alte Lauren vor sich zu haben. »Sollen wir zu dem Café um die Ecke gehen?«
»Solange du darauf achtest, dass ich keinen Nachtisch esse«, warnte Lauren.
Bridget war überzeugt, dass nicht einmal ein bewaffneter Wachposten dies verhindern könnte. Seit Lauren wieder bei ihnen eingezogen war, verschwanden die Schokoladenkekse doppelt so schnell wie zuvor.
Obwohl die Fußgängerzone mit fast jedem Bauwerk die Liebe der Fünfzigerjahre zu Beton aufs Neue zu beweisen schien und sie ihren ganz eigenen sibirischen Windkanaleffekt besaß, hatten die Geschäfte entlang der Hauptstraße im letzten Jahr damit begonnen, sich herauszuputzen. Hier und da waren die ersten Anzeichen zu erkennen, dass Longhampton von neuem Leben erfüllt war, das wie grüne Triebe zwischen den grauen Anwaltskanzleien und den Mobilfunkläden aus dem Boden schoss. Das Café gehörte zu den neuen, frischen, ambitionierten Lokalen, in denen es Retrotassen aus Glas und zischende Kaffeemaschinen gab. Bridget erinnerte das an die guten alten Cafés, die abgerissen worden waren, um der Fußgängerzone Platz zu machen.
»Ich glaube, ich brauche einen Kaffee«, erklärte sie und warf einen Blick auf die Speisekarte.
»Ich bestelle dir einen«, erwiderte Lauren, beugte sich vor und streichelte über Bridgets Hand. »Vielen Dank, dass du heute mitgekommen bist! Du und ich bei der Anprobe meines Brautkleides – genau so hatte ich es mir immer vorgestellt!«
»Tatsächlich?« Bridget musste sich eingestehen, dass sie sehr gern Zeit mit Lauren verbrachte. Zum letzten Mal hatten sie etwas gemeinsam unternommen, als Lauren zwölf Jahre alt gewesen war und Bridget ihr neue Kleidung gekauft hatte.
Lauren nickte, seufzte zufrieden und strich sich das lange blonde Haar hinter das Ohr. »Ich habe mich in den Kleidern
wie eine richtige Prinzessin gefühlt. Die Korsetts, der ganze Tüll und diese Dinge waren einfach phantastisch. Und erst der Kopfschmuck, die Diademe und die Schleier …«
»Aber du willst doch nicht, dass das Kleid alles andere in den Hintergrund drängt, oder?«, fragte Bridget taktvoll. »Weniger ist mehr, weißt du?«
»Nicht am Hochzeitstag, Mum!«, erklärte Lauren und warf einen Blick auf die Speisekarte.
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