Tanz mit mir - Roman
zittern begann. »Schau mal, am Rock befindet sich sogar eine Schlaufe für die Schleppe, damit ich nicht darüberstolpere, wenn wir uns für den Hochzeitstanz auf die Tanzfläche begeben.«
Sie machte einen anmutigen Schritt nach vorn, der jedoch ein jähes Ende fand, als sie dabei auf den Saum des Kleides trat, ins Straucheln geriet und dabei beinahe eine ganze Sammlung von Tischdekorationen heruntergerissen hätte.
»Vorsicht!«, rief Yvette.
»Wie findest du es?«
Bridget fühlte sich geehrt, dass Lauren ihre Meinung hören wollte, und wollte daher mit einer modisch fundierten Bemerkung aufwarten, obwohl sie sich in diesen Dingen nicht sonderlich gut auskannte. »Ich finde, es sieht sehr … märchenhaft aus. Romantisch. Ich kann mir schon genau vorstellen, wie du darin Walzer tanzt. Der Rock würde bei einer Rückwärtsdrehung wunderbar schwingen!«
Laurens Stirn legte sich fragend in Falten. »Rückwärts … was?«
»Ich bin sicher, wir werden im Tanzkurs bald dazu kommen«, fuhr Bridget schnell fort. »In dem Kleid siehst du aus wie Aschenputtel.«
»Ja, nicht wahr? Das Korsett verleiht mir eine tolle Taille. Sieh nur!« Sie legte die Hände demonstrativ um ihre Taille. »Wie schmal sie ist!«
»Mmmm. Hatten wir uns für das Kleid auf ein Preislimit geeinigt?« Bridget senkte diskret die Stimme, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
»Unter zweitausend Pfund«, entgegnete Lauren. »Dad meinte, wenn ich etwas ganz Besonderes finden würde …«
Unter tausendzweihundert Pfund, dachte Bridget, obwohl es ihr schwerfiel, die Summe zu nennen, als sich Lauren lächelnd immer wieder um sich selbst drehte wie damals, als sie in diesem rosafarbenen Tutu, den Franks Mutter ihr geschneidert hatte, zum Ballettunterricht gegangen war. Jedenfalls bevor Lauren sich plötzlich wegen ihrer Größe gehemmt gefühlt und sich geweigert hatte, jemals wieder zum Ballett zu gehen.
»Nach der Hochzeit könntest du das Kleid jederzeit färben und kürzen und es dann wieder anziehen«, schlug Yvette vor. »Mit einer Kaschmirstrickjacke – ganz im Grace-Kelly-Look!«
»Oh, wie schön!«, schwärmte Lauren, als wäre es ihr erklärtes Ziel, den Grace-Kelly-Look zu imitieren. Insgeheim war sich Bridget ziemlich sicher, dass Lauren keinen blassen Schimmer hatte, wer Grace Kelly überhaupt war. Wahrscheinlich besaß sie lediglich eine vage Vorstellung davon, dass dieser Modetrend etwas mit weiten Röcken zu tun hatte.
»Schaffst du das mit der Kamera, Mum? Soll ich dir erklären, wie sie funktioniert?«
»Nein, nein, schon gut«, antwortete Bridget und schaute durch den Sucher. Warum sollte sie Laurens Anprobe ruinieren? Sie mussten ja nicht unbedingt dieses Kleid kaufen. Ich werde mich später mit ihr darüber unterhalten und ihr das Budget noch einmal vor Augen halten, beschloss Bridget.
Lauren setzte sofort eine ernste Miene auf. Nachdem Bridget ein Foto geschossen hatte, drehte Lauren sich um neunzig Grad.
»Komm schon, Mum«, forderte sie Bridget auf, als diese zögerte. »Ich brauche alle Blickwinkel. Auch von hinten!«
»Und genau hier kommt der reiche Spitzenbesatz zum Tragen«, lobte Yvette. »Du brauchst ein Wow-Erlebnis für die
Gemeinde, nicht wahr? Beim Traugottesdienst warten doch alle nur darauf!«
Bridget ergänzte innerlich die Liste der nervigsten Hochzeitsplattitüden – auf der sich schon Irenes »besonderer Tag« befand – um das »Wow-Erlebnis«. Da Lauren aber nickte und Yvette begeistert zustimmte, schluckte Bridget die Bemerkung lieber hinunter.
»Oh, spüre ich da gerade ein wenig Wehmut bei Ihnen?«, erkundigte sich Yvette.
Lauren, die sich vor dem Spiegel gedreht und gewendet hatte, hielt plötzlich inne. »Oh! Hat Oma dich eigentlich begleitet, um ein Brautkleid für dich auszusuchen, Mum?«
»Ähm, nein. Ich bin mit Dawn, meiner ersten Brautjungfer, Kleider anprobieren gegangen«, erwiderte Bridget. Damals wurde noch nicht ein solcher Zirkus veranstaltet wie heutzutage: Alles drehte sich um das Ehegelübde, nicht um den Tischschmuck. Doch sie verkniff sich auch diese Bemerkung. »Das Anprobieren hat gerade einmal eine Stunde gedauert, wenn ich mich recht entsinne, dann habe ich ein Kleid von Laura Ashley gekauft. Anschließend sind wir dann noch ins Kino gegangen.«
Lauren und Yvette warfen einander einen Blick zu, bevor Lauren wieder das Wort ergriff. »Du hattest sicher nicht die gleiche Auswahl an Kleidern«, entgegnete sie, als hätte die Kleiderrationierung gerade erst ein Ende
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