Tanz mit mir - Roman
bitte.« Lauren wich Bridgets Blick aus. »Irene hat vorgeschlagen, ich sollte eine Entgiftungskur machen«, fügte sie schließlich noch hinzu.
»Oh«, wunderte sich Bridget.
»Und? Wie seid ihr vorangekommen?«, fragte Irene, ließ sich auf einem Stuhl nieder und schob die verschiedenen, halb aufgegessenen Gerichte beiseite. »Oh, macht euch keine Gedanken, esst ruhig weiter – ich werde nur meinen Tee trinken.«
»Ich glaube, wir sind so weit fertig, oder? Wir waren den ganzen Morgen über in dem Brautmodenladen«, antwortete Bridget. »Wie viele Kleider hast du anprobiert, Lauren?«
»Vier.«
»Nur vier Stück?«, kam es von Irene.
»Mir kam es glatt wie vierundzwanzig vor!«, scherzte Bridget, doch Irene hatte bereits ihr Notizbuch aufgeschlagen und bat Lauren um die Digitalkamera, damit sie sich selbst ein Bild machen konnte.
Sie schüttelte den Kopf, sobald sie Bridgets Bilder sah. »Oh Lauren, warum hast du nicht ein Foto von dir in dem ersten Kleid mit einem Schleier gemacht? So ist das Bild wertlos. Wir müssen unbedingt noch einmal in das Geschäft zurückkehren.«
Bridget schloss die Augen, zählte innerlich bis zehn und erinnerte sich mal wieder daran, dass Irene weder eine Tochter noch einen Ehemann besaß und sie daher sehr viel mehr Verständnis für ihre Einmischung haben sollte.
Nein, korrigierte sie sich. Nicht für ihr Einmischen , für ihre Hilfe .
Als sie die Augen wieder öffnete, erblickte sie Laurens strohblonden Pony, der ihr in einer perfekten Locke ins Gesicht fiel, als sie sich über die Kamera beugte. Fast fühlte sich Bridget fünfzehn Jahre zurückversetzt und sah Lauren in der gleichen konzentrierten Position vor ihrem inneren Auge: Lauren bei ihren Hausaufgaben, beim Lesen ihres ersten Buches, beim Ausmalen von Bilderbüchern. Es war egoistisch, sich über Irene zu empören. Jedem das gleiche Recht, wie sie ihren Erstklässlern immer beibrachte.
»Ich wollte dich die ganze Zeit schon fragen, Lauren«, begann Irene, als die Kellnerin die bestellten Getränke brachte, »wie deine erste Tanzstunde gelaufen ist?«
Lauren schaute auf und runzelte kurz die Stirn. »Es war okay. Man lernt ja schließlich nicht über Nacht tanzen!«
»Es ist gar nicht so einfach, wie es aussieht, nicht wahr?« Irene schien belustigt zu sein. »Hatte ich nicht recht, dich zu drängen, frühzeitig mit dem Tanzkurs zu beginnen?«
»Ja …«, antwortete Lauren zögerlich. »Ich hatte gedacht, du weißt schon, man könnte einfach lostanzen wie die Leute im Fernsehen.«
»Welchen Tanz habt ihr denn gelernt?«
»Wir sind gemeinsam auf und ab gegangen und haben gelernt, dabei einander nicht auf die Füße zu treten. Danach haben wir dann einen Rock’n’Roll-Grundschritt gelernt. Den man bei einer Hochzeit macht, wenn man nicht tanzen kann.« Lauren verdrehte die Augen. »Nicht einmal diesen Schritt haben wir hinbekommen. Meine Füße taten hinterher so weh! Beim nächsten Mal nehme ich Pflaster mit.«
»Für den Anfang waren die beiden gar nicht mal schlecht«, unterbrach sie Bridget. »Sie waren sogar ziemlich gut, wenn ich so darüber nachdenke.«
Irene schüttelte mitfühlend den Kopf. »Wenn du noch zusätzliche Übung brauchst, Lauren, sollten wir dir Privatstunden organisieren.«
»Nicht ich brauche Nachhilfe – sondern Chris!«, entgegnete Lauren.
Irenes Lächeln wurde ein wenig schmallippig.
»Das meine ich ernst«, beharrte Lauren. »Dein Sohn hat zwei linke Füße. Bei dem Versuch, mich zu drehen, hätte er mir beinahe die Schulter ausgekugelt.« Sie nippte an ihrem Tee. »Ich habe nicht gewusst, dass er bewegungstechnisch so unbeholfen ist!«
»Das glaube ich nicht!«, erklärte Irene entrüstet. »Christopher ist ein Athlet und hat die Führerscheinprüfung gleich im ersten Anlauf bestanden!«
»Was aber nicht bedeutet, dass er beim Tanzen führen kann!«, erwiderte Lauren. »Du kannst ja mal versuchen, beim Tanzen seinen Riesenfüßen aus dem Weg zu gehen!«
»Oh, dein Dad war zu Beginn ganz genauso – das wird schon.« Bridgets Blick schoss von Lauren, die plötzlich recht ernüchtert wirkte, zu Irene hinüber, deren ebenmäßiger Hals sich nun dunkelrot gefärbt hatte. »Ich fand, dass du die Schritte sehr schnell gelernt hast, Lauren!«
»Soll ich beim Tanzkurs einmal vorbeischauen und zusehen?«, schlug Irene vor und ignorierte die Bemerkung. »Ich könnte alles auf Video aufnehmen, dann könntest du hinterher sehen, wo du Fehler machst. Das könnte durchaus
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