Tanz mit mir - Roman
macht aber doch nichts!«, erklärte Angelica und dirigierte sie wieder in die richtige Position. »Eine so kluge Frau wie Sie, Katie, wird diesen Tanz innerhalb kürzester Zeit beherrschen und …« Sie schaute Ross an, der mit einem Nicken einen Schritt nach vorn machte. »Langsam. Lassen Sie sich Zeit bei diesem langen Schritt, Katie. Und langer Schritt. Und Seit-Schluss, die Füße zusammen! Zusammen! Sie sind doch nicht Charlie Chaplin! Jetzt machen Sie einen Schritt nach vorn, und …«
»Autsch!« Katie starrte Ross vorwurfsvoll an, als er mit seinen Converse auf ihren Zeh trat.
»Sie müssen ihm schon noch die Führung überlassen, Katie!«, erklärte Angelica verständnisvoll. »Es hat keinen Sinn, dass Sie ihn in eine Richtung drängen – im Gegensatz zu ihm können Sie doch gar nicht sehen, was sich hinter Ihnen abspielt. Ich werde es Ihnen kurz zeigen.«
Sie nahm Katies Hand und hielt sie wie Ross zuvor. Dann bewegte sie sich so geschickt, dass Katie das Gefühl hatte, ganz sanft in die richtige Position dirigiert zu werden. Ihre Füße bewegten sich automatisch an die richtige Stelle, ohne dass sie dies beabsichtigt hatte. Während Angelica die Schritte laut aufzählte wie eine geduldige Grundschullehrerin, fügte sich mit einem Mal alles zusammen.
Angelicas Hände waren schmal und perfekt manikürt. Sie trug keine Ringe, und Katie fühlte das Gewicht ihrer Hände kaum, mit Ausnahme der wenigen Momente, in denen Angelica sie sanft drängte, um sie in die richtige Position zu führen. Angelicas Kopf befand sich in etwa auf der Höhe ihres Ohres, und Katie konnte ihr blumiges Parfum und den Geruch ihres eng anliegenden Kaschmirpullovers riechen. Selbst von Nahem war Angelicas Make-up einfach makellos: Der geschwungene Strich ihres schwarzen Eyeliners war vollkommen gerade gezogen, die gewölbten Augenbrauen perfekt
gezupft, und nur ein paar kleine Fältchen um die Augen herum verrieten, dass sie doch einige Jährchen älter war, als Katie vermutet hatte.
Angelica gehörte eigentlich nicht zu der Sorte Frau, mit der Katie für gewöhnlich Umgang hatte: Weder war sie besonders forsch oder sachlich wie eine Geschäftsfrau noch irgendwie mütterlich oder erschöpft wie eine Hausfrau. Angelica strahlte eine so elegante Selbstbeherrschung aus, dass Katie sich plötzlich fragte, ob sie wohl überhaupt Kinder hatte. Ihre gesamte Aufmerksamkeit schien auf sich selbst gerichtet zu sein, auf ihre exakten Bewegungen und ihr makelloses Erscheinungsbild. Sie verkörperte eine Art altmodische Weiblichkeit, angesichts derer sich Katie noch mehr als Versagerin fühlte.
Angelica waren ihre neugierigen Blicke nicht entgangen, und Katie musste zu Boden starren, um nicht in die Verlegenheit zu geraten, ihrem Blick zu begegnen. Ich frage mich, ob sie mich ebenso studiert, grübelte Katie. Ihre Sinne schlugen plötzlich Alarm aus Angst, diese Fremde könnte in ihre Privatsphäre eindringen. Katie wurde das absurde Gefühl nicht los, dass Angelica ihre Gedanken lesen sowie die Eiseskälte und Verzweiflung zwischen ihr und Ross spüren könnte, indem sie einfach nur ihre schmalen Hände auf Katies verspannte Schulter legte.
»Sie sollten sich nicht so verkrampfen«, erklärte Angelica plötzlich. »Sie müssen locker bleiben, Katie.«
»Was?« Katie geriet in Panik. Sie hatte ihre Gedanken gelesen!
»Ihre Schultern sind viel zu verspannt.« Zum Beweis drückte sie ihre Schultern und schob sie nach hinten. Katie wich vor der Berührung zurück. Durfte man Menschen unangekündigt anpacken, wenn man Tanzlehrer war? »Machen Sie sich nicht so viele Gedanken darüber, wie Sie aussehen könnten. Lassen Sie es einfach … fließen!«
»Das sagen Sie so leicht«, begann Katie, doch dann bemerkte sie, dass sie mit Angelicas Hilfe gerade eine Drehung geschafft hatte.
»Sehen Sie? Es ist gar nicht so schwer. Und jetzt sind Sie beide wieder an der Reihe«, erklärte Angelica und trat beiseite. »Ich lege kurz eine andere Musik auf.«
Ross blickte Katie erwartungsvoll an und breitete die Arme aus.
Die Blechbläser setzten ein, und die ersten Takte von »You Make Me Feel So Young« hallten durch den Saal. Mit einem Mal schienen alle eine unglaubliche Lebenslust und Energie zu versprühen – mit Ausnahme von Katie. Auf der anderen Seite des Saals reichte Frank gerade Lauren die Hand, um mit ihr zu tanzen, während Bridget tapfer mit Chris kämpfte, um ihn in eine Tanzhaltung zu bringen.
Sogar Jo und Greg schienen hervorragend
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