Tanz mit mir - Roman
zum Tanzkurs gingen, kam es ihnen schon wie eine Gewohnheit vor. Sie hängten ihre Mäntel wie zuvor an die delfinförmigen Messinghaken, tauschten wie immer das gleiche höfliche Lächeln mit Baxter und Peggy aus, die schon ihre Tanzschuhe angezogen hatten, und lauschten Trinas beißenden Kommentaren über ihre jüngsten Erlebnisse beim Speed-Dating im »Newtons«, Longhamptons angeblich »kosmopolitischen« Weinlokal.
»Oooh, ich bekomme schon eine Gänsehaut, wenn ich nur an diese Bar denke!«, erklärte Chloe und schüttelte den Lockenkopf so heftig, dass die Samtblüte fast herausgefallen wäre, die sie dort hineingesteckt hatte.
»Ich weiß«, stimmte ihr Lauren zu. »Nur die Musik ist noch geschmackloser als die Männer, auf die man dort trifft.«
»Nein, nein, ich meinte eigentlich die Hygiene .« Chloe riss die Augen weit auf. »Die Gläser sind richtig dreckig! Man kann sich dort sämtliche Krankheiten einfangen!«
Lauren wusste schon von einer befreundeten Krankenschwester, was sich die Besucher im »Newtons« einfangen konnten, doch in Trinas Anwesenheit hielt sie es für klüger, nichts darüber zu sagen.
Angelica schien irgendwie abgelenkt zu sein, als sie den Saal betrat, doch sie ließ die Gruppe gleich zu Beginn einen flotten Cha-Cha-Cha tanzen, um »das Blut in Wallung zu bringen«, wie sie es nannte. Sie demonstrierte die wirbelnden Schritte
mit Ross und ließ sie tanzen, bis alle vom Stolzieren und Herumwirbeln ganz rote Gesichter hatten vor Erschöpfung.
»Wenigstens kennen wir die Musik«, jammerte Trina, als Angelica geistesabwesend zum zweiten Mal »Lady Marmelade« abspielen ließ.
»Was? Oh, tut mir leid …« Angelica nahm die CD heraus. »Und jetzt ein Slowfox!«, rief sie, legte Frank Sinatra auf und ließ sie die Schritte so lange wiederholen, bis sogar Ross und Katie es schafften, eine fast korrekte Drehung hinzubekommen.
Es war zwar keine große Sache, doch für Katie grenzte es beinahe an ein Wunder. Sie und Ross hatten sich zu Sinatras »Come Fly With Me« fast bewegt, als seien sie zu einer Einheit verschmolzen gewesen. Okay, es handelte sich lediglich um die Grundschritte, nichts Ausgefallenes also, aber langsam fügte sich alles zusammen. Gerade breitete sich ein erstauntes Lächeln auf ihrem Gesicht aus, als das schmetternde Bläsersolo vollkommen unerwartet unterbrochen wurde. Ohne das Schlurfen der Schuhe war es im Saal plötzlich mucksmäuschenstill, und man hörte nur noch, wie Lauren für Chris vorzählte. »Eins, zwei, drei, neeeeein!«
»Stopp! Stopp! Stopp!«, rief Angelica und klatschte in die Hände. Das Geräusch hallte wie ein Pistolenschuss durch den hohen Saal.
Katie stolperte über Ross’ Fuß, der plötzlich stehen geblieben war, und fluchte leise, als sie in seine Arme fiel.
»Fast hätten wir es gerade gehabt«, fauchte sie aufgebracht in seine Brust. »Warum bricht diese blöde Kuh denn jetzt alles ab?«
»Schschscht«, beruhigte sie Ross und runzelte warnend die Stirn, als er über sie hinweg zu Angelica hinübersah.
Katie drehte sich um und erhaschte einen Blick auf Angelicas angespannte Miene, in der sich zugleich Wut und Bestürzung spiegelten. Ihre dunklen Augen waren halb zugekniffen,
und sie schien schwer zu atmen, während sie ihren Blick unruhig durch den Raum schweifen ließ.
Angelica war schon seit Beginn der Tanzstunde in einer seltsamen Stimmung gewesen, dachte Katie. Sie war irgendwie abgelenkt und sehr bissig. Es sah ihr gar nicht ähnlich, nicht mitzubekommen, wie Chris beinahe Lauren den Fuß verdreht hatte. Dann musste Greg eine Strafpredigt über sich ergehen lassen, weil er sein Handy nicht abgeschaltet hatte – obwohl Katie zugeben musste, dass es schon ein wenig übertrieben wirkte, nach acht Uhr abends noch geschäftliche Gespräche anzunehmen. Außerdem, so fand sie, hätte er sich ruhig bei Jo dafür entschuldigen können, anstatt alles fallen zu lassen und nach draußen zu hetzen.
Sie schaute zu Jo hinüber, die immer noch ziemlich gequält aussah. Katie fragte sich, ob es einen besonderen Grund gab, warum Greg darauf bestanden hatte, den Anruf draußen anzunehmen. Gab es ein Problem in der Firma? Es war zwar schon recht spät, aber Greg arbeitete rund um die Uhr. Sie machte einen missmutigen Eindruck, was jedoch auch daran liegen konnte, dass Jo nun während der Cha-Cha-Cha-Runde zwanzig Minuten lang mit Chloe hatte tanzen müssen.
Ich mag den Cha-Cha-Cha eigentlich ganz gern, dachte Katie plötzlich. Der Tanz kam
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