Tanz mit mir - Roman
du tanzt.«
»Oh, vielen Dank!«, erwiderte Lauren. »Das hat mir noch niemand gesagt!«
Wenn Musik erklang, schien sich Lauren irgendwie zu verwandeln; aus dem schlaksigen Trampeltier wurde mit einem Mal ein anmutiger Schwan, der jede neue Anweisung Angelicas geradezu aufsog. Es war einfach unglaublich. Im absoluten Gegensatz dazu stolperte Chris, zu Beginn noch so souverän und selbstsicher, verwirrt durch die Gegend, selbst wenn sich Angelica seiner erbarmte und versuchte, ihn durch die Schrittabfolgen zu führen.
Katie fragte sich, ob Lauren überhaupt bewusst war, wie gut sie ihre Sache machte. Häufig stand ihr der Frust ins Gesicht geschrieben.
»Ach du liebe Zeit!«, rief Lauren, als sie den anderen Schuh ausgezogen hatte und mehrere Pflaster zum Vorschein kamen. »Meine Füße hängen in Fetzen! Aber egal. Was sagst du eigentlich zu Angelicas Schelte? Ich glaube, ich bin schon seit meiner Schulzeit nicht mehr so angeschrien worden!«
»Na ja, für sie ist es ein Leichtes zu sagen, wir sollten üben
- was hat sie denn schon anderes zu tun? Es ist ihr Job!« Katie stopfte die Schuhe in ihre Tasche und zog sich den Mantel an. Einerseits freute sie sich sehr, dass sich Lauren mit ihr unterhalten wollte, andererseits brannte sie darauf, nach Hause zu fahren. Jos Mutter Dorothy saß bei ihnen daheim und passte wieder auf die Kinder auf, doch Katie wollte lieber so schnell wie möglich nach Hause für den Fall, dass Jack wach wurde und sie dann nicht da war, um ihn zu beruhigen.
Sie schaute zu Ross hinüber, um zu sehen, ob er schon fertig war, doch er unterhielt sich mit Jo darüber, die Kinder abwechselnd vom Kindergarten abzuholen, während Greg schon wieder nach draußen verschwunden war, um ein weiteres Telefongespräch zu führen. Katie fragte sich, ob Ross Jo von Hannahs Wutanfall erzählen würde, als sie sich geweigert hatte, ihren Tee zu trinken, bis Ross ihr versprochen hatte, während des Essens ihren Lieblingszeichentrickfilm Angelina Ballerina anzustellen. Hannah hatte wirklich einen Narren gefressen am Tanzen. Also gab es jetzt noch etwas, was ihr Vater und sie gemeinsam hatten.
Ob Ross Jo wohl auch davon erzählen würde, dass er gekniffen hatte und sie, Katie, die »stille Treppe« als Strafe hatte anordnen müssen, fragte sie sich bitter, als Jo über irgendetwas lachen musste und Ross den Arm tätschelte. Wahrscheinlich nicht. Molly musste sicher nie auf die »stille Treppe« geschickt werden.
»Was ist deiner Meinung nach der Grund dafür?«, fuhr Lauren fort.
»Der Grund wofür?«
Lauren nickte verschwörerisch. »Für ihre Stimmungsschwankungen. Sie war bester Laune, als wir hereinkamen, dann war sie mit einem Schlag mürrisch und schlecht gelaunt. Vielleicht liegt es daran, dass sie in den Wechseljahren ist? Heute Morgen hatte sie einen weiteren Termin bei Dr. Carthy.« Sie hielt plötzlich inne und verzog schmerzerfüllt das
Gesicht. »Oooh, vergiss am besten ganz schnell, dass ich das gesagt habe.«
»Meinst du?«, fragte Katie und war trotz allem interessiert. Angelica in der Arztpraxis? Es fiel Katie schwer, sie sich au ßerhalb der Memorial Hall vorzustellen, wie sie zum Beispiel einkaufen ging und ein normales Leben wie jeder andere auch führte.
»Na ja, immerhin ist sie ungefähr in diesem Alter«, grübelte Lauren und schlug dann die Hand vor den Mund. »Oh! Verdammt! Tut mir leid, ich hätte lieber gar nichts sagen sollen. Werdet ihr zwei am Freitag zu diesem Tanzabend gehen?«, fuhr sie fort. Lauren plauderte mit ihr, als würden sie sich schon seit einer halben Ewigkeit kennen und nicht erst seit drei Unterrichtsstunden, die sie gemeinsam besucht hatten. Vermutlich war sie eines dieser Mädchen, die keine Probleme hatten, gleich am ersten Schultag neue Freundschaften zu schließen, dachte Katie.
»Bitte sag, dass ihr kommt!«
»Der Termin ist recht kurzfristig«, erwiderte Katie automatisch. »Wenn du Kinder hast, kannst du unerwartete Veranstaltungen wie diese eigentlich vergessen …«
»Hey, ich glaube schon, dass wir kommen werden!«, ergriff Ross das Wort. »Das würde dich und Jo davor retten, sich wieder einmal für einen ›Heimabend‹ am Freitag abrackern zu müssen, nicht wahr?« Offenbar hatten er und Jo ihr Gespräch beendet. Jo war ganz rot im Gesicht vor Anstrengung und wedelte sich mit der Hand Luft zu, wobei ihre silbernen Armreifen klirrten.
»Wer braucht da noch Aerobickurse?«, fragte sie Lauren scherzhaft. »Ich kann mich nicht erinnern, wann
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