Tanz mit mir - Roman
alles, was sie hörte, war die lateinamerikanische Musik, die aus dem Wohnzimmer herübertönte.
Es klang geradezu wie ihre CD von Carlos Santana – die Ross doch so bescheuert fand.
»Hallo, Mummy!«, begrüßte sich Katie selbst. »Hurra! Du bist wieder da! Wir haben dich vermisst!«
Katie ließ ihre Aktentasche in der Diele stehen und stieß die Wohnzimmertür auf. Ross tanzte mit Hannah durch das Zimmer, und der Größenunterschied zwischen den beiden ließ Baxter und Lauren als ideales Tanzpaar erscheinen. Beide waren verkleidet und mit Schminke verschmiert, während Jack kichernd in seinem Kinderstuhl saß und Hannahs Zauberfeenstab schwenkte.
»Hallo, Mummy!«, rief Ross und winkte ihr im Takt zum Gitarrensolo zu. »Wir üben unseren Cha-Cha-Cha! Hey! Hannah? Hallo, Mummy!«
Hannah blickte sie verärgert an.
»Kann Mummy mitmachen?«, fragte Katie mit einem breiten Lächeln. Sie tänzelte in die Zimmermitte. »Mummy kann diesen Tanz ziemlich gut. Sollen wir tanzen, Daddy?«
Sie stellte diese Frage nur Hannah zuliebe, um ihr zu zeigen, dass Mummy und Daddy sich noch immer lieb hatten, obwohl sie sich so oft anschrien. Doch Katie war überrascht, wie leicht es ihr und Ross mittlerweile fiel, die Tanzhaltung einzunehmen. Es fühlte sich gut an. Peter hatte recht. Sie hatten etwas gemeinsam gelernt.
Ross blinzelte ihr zu, als hätten sie einen Scherz gemacht, während sie leise mitzählten, um im richtigen Takt loszulegen.
»Blamier mich bitte nicht vor Hannahs Augen. Sie ist sehr anspruchsvoll, weißt du? Und eins, zwei Cha-Cha-Cha, vor-wärts, Cha-Cha-Cha...«, gab Ross vor und führte sie rückwärts. Während sich seine Knie mühelos beugten, waren ihre vor Befangenheit ganz steif, selbst hier in ihrem eigenen Zuhause.
»Oh … ich kann es immer noch nicht«, stöhnte Katie, als sie ins Straucheln geriet, und wäre an Ort und Stelle stehen geblieben, wenn Ross nicht eingeschritten wäre. »Nein, nein, nein, mach weiter, wenigstens bis zum Gitarrensolo …«, forderte er sie auf und scheuchte sie weiter.
»Siehst du, Hannah?«, rief er über seine Schulter hinweg. »Ist Mummy nicht eine tolle Tänzerin?«
»Nein«, antwortete Hannah. »Sie ist nicht so gut wie du.« Dann warf sie Katie einen zornigen Blick zu und lief aus dem Zimmer. Sie hörten, wie ihre Füße die Treppe hinaufstampften.
Plötzlich war Katies Ärger wie weggeblasen. Stattdessen fühlte sich sie einfach nur noch müde und erschöpft. Wie sollte man einer Vierjährigen erklären, dass man keineswegs tagsüber nicht da war, weil man sie nicht liebte, sondern eben weil man sie liebte und wollte, dass sie alles bekam, was sie sich wünschte?
»Es muss an der Uhrzeit liegen«, seufzte Ross und machte sich auf, ihr hinterherzugehen. »Tut mir leid. Das war so nicht geplant gewesen.«
»Nein, lass mich gehen. Ich will nur kurz Jack in den Arm nehmen.« Katie ging zu ihm hinüber, hob ihn aus seinem Kinderstuhl und ließ ihn in ihren Armen hüpfen, um ihn zum Lachen zu bringen. »Hallo, kleiner Mann! Hallo! Hast du mich vermisst? Ich habe dich jedenfalls ganz doll vermisst!« Vorsichtig schnupperte sie an ihm. »Hast du Jack gebadet?«
»Wir setzen die Kinder auf dem Weg bei Jo ab. Katie?«
»Was?« Katie drehte sich zu ihm um.
Ross machte einen erschöpften Eindruck. Er hatte einen breiten blauen Streifen Lidschatten auf der Wange und eine von Katies Modeperlenketten um den Hals, was ziemlich schwul aussah. Doch irgendetwas an seinen schlanken und dennoch muskulösen Armen, die aus seinen T-Shirt-Ärmeln herausragten, weckte eine alte Erinnerung in Katie. Eine angenehme, warme Erinnerung. Zusammen mit der Erinnerung an den »hübschen Hintern« von Mittwochabend spürte sie, wie sich zum ersten Mal seit Jahren bei ihr etwas rührte.
»Ich möchte dich gern für den Cha-Cha-Cha heute Abend buchen«, erklärte Ross und wackelte mit dem Zeigefinger. »Ich bin also jetzt offiziell auf deiner Tanzkarte eingetragen.«
Schon vor der Memorial Hall waren die schmetternden Blechbläser und der swingende Rhythmus zu vernehmen. Eine Big Band spielte die »Moonlight Serenade«.
Jo und Katie zitterten und bibberten, als der Wind durch ihre dünnen Kleider blies. Der Herbst war ganz eindeutig hereingebrochen, und der schneidend kalte Wind blies die Blätter von den Bäumen und peitschte erbarmungslos durch die Windkanäle, die die Betontürme um sie herum bildeten.
»Ich bin froh, dass ich nicht die Einzige bin, die sich in Schale
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