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Tao Te Puh

Tao Te Puh

Titel: Tao Te Puh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Hoff
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vorbei, und Puh merkte natürlich schnell, was los war. Na ja, nicht so schnell. . .
     
    „Es ist ein Jagular“, stellte er fest.
    „Was machen Jagulare denn?“ fragte Ferkel und hoffte, sie machten es nicht.
    „Sie verstecken sich in Baumkronen und lassen sich auf einen herabfallen, wenn man drunterhergeht“, erklärte Puh. „Das hat mir Christoph Robin erzählt.“
    „Vielleicht sollten wir lieber nicht drunterhergehen, Puh. Falls er herabfiele und sich weh tun würde.“
    „Sie tun sich nicht weh“, sagte Puh. „Sie sind sehr gut im Herabfallen.“
    Ferkel meinte immer noch, es sei grundverkehrt, unter jemandem herzugehen, der sehr gut im Herabfallen war, und wollte eben forteilen wegen etwas, was es vergessen hatte, als der Jagular laut zu ihnen herunter rief.
    „Hilfe, Hilfe!“ schrie er.
    „Das machen Jagulare immer so“, sagte Puh voller Interesse. „Sie schreien ,Hilfe, Hilfe!', und wenn du dann hochschaust, lassen sie sich auf dich herabfallen.“
     
    Endlich kamen aber Christoph Robin und I-Ah des Weges, und eine Art Sprungtuch wurde ausgebreitet. Dann sprang Ruh und war gerettet, und Tiger sprang (wenn man es so nennen will)...
    . . . und war gerettet (wenn man es so nennen will):
     
    Es gab ein Krachen und ein Geräusch, als zerreiße etwas, und dann purzelten alle auf der Erde durcheinander. Christoph Robin und Puh und Ferkel rappelten sich zuerst wieder hoch, und dann hoben sie Tiger auf, und zuallerunterst war I-Ah.
     
    „Ganz schön viel Ärger hast du allen gemacht, stimmt's, Tiger?“
    „Immerhin habe ich aus der Erfahrung gelernt“, sagte Tiger etwas ausweichend.
    „Ach ja?“
     

     
    „Klar. So was würde ich nicht mehr machen“, meinte er im Brustton der Überzeugung.
    „Das ist prima“, bemerkte ich. „Du bist gerade auf dem Weg irgendwohin, nicht wahr?“
    „Ja“, antwortete er, „Ruh und ich wollen schwimmen gehen.“ „Oha. Na, dann vergiß nicht, ein Seil mitzunehmen.“
    „Ein Seil? Warum denn ein Seil?“ erkundigte sich Tiger.
    „Och, nur so. Falls du jemanden hineinfallen siehst“, erklärte ich.
    „Warum ist mir das bloß nicht eingefallen?“ sagte Tiger.
     
    Ein Spruch aus der chinesischen Heilkunde scheint hier angebracht: „Eine Krankheit langes Leben; keine Krankheit kurzes Leben.“ Mit andern Worten: Wenn einer weiß, was mit ihm nicht stimmt, und sich entsprechend verhält, lebt er höchstwahrscheinlich viel länger als derjenige, der sich für kerngesund hält und seine Schwächen nicht wahrhaben will. In diesem Sinne kann dir also selbst eine gewisse Schwäche einen großen Gefallen erweisen, wenn du dir nur eingestehst, daß sie da ist. Das gleiche gilt für die eigenen Grenzen, ob Tiger sie nun kennt oder nicht — und Tiger kennen sie meist nicht. Das ist das Ärgerliche mit Tigern, verstehst du: Sie können alles. Sehr ungesund.
    Hast du einmal deine Grenzen erkannt und akzeptiert, kannst du mit ihnen umgehen, statt gegen sie anzugehen und über sie zu stolpern, was nämlich passiert, wenn du sie mißachtest, auch wenn du das selber gar nicht merkst. Und dann wirst du erkennen, daß deine Grenzen vielfach deine Stärken sind.
    Als beispielsweise Eules Haus umfiel, wer war da in der Lage, doch noch herauszuschlüpfen, obgleich ein schwerer Ast über der Tür lag und der einzige Weg nach draußen der Briefkastenschlitz war?
     

    Ferkel, das sehr kleine Tierchen
     

     
    Nun zum letzten Teil des Gedichts:,, Warum tut ein Huhn, frag' ich mich weiß Gott.“ Warum tut ein Huhn, was es tut? Das weißt du nicht? Ich auch nicht. Und auch sonst niemand. Die Wissenschaftler werfen sich in die Brust und kommen sich sehr gescheit vor, wenn sie alles mit Etiketten versehen, aber wenn du genauer hinsiehst, merkst du, daß sie nicht gerade viel aussagen. „Gene?“ „DNS?“ Begriffe, die nur die Oberfläche ankratzen. . . „Instinkt?“ Weißt du etwa nicht, was das ist:
     
    Wißbegieriger: „Warum fliegen Vögel vor dem Winter gen Süden?“
    Wissenschaft: „Instinkt.“
    Zu deutsch: „Wissen wir nicht.“
     
    Die Sache ist die: Wir brauchen es auch gar nicht zu wissen. Wir brauchen die engstirnige Wissenschaft gar nicht nachzuäffen, die sich die Welt durch ein Elektronenmikroskop beguckt und nach Antworten sucht, die sie nie findet, sondern nur weitere Fragen. Wir brauchen gar nicht den theoretisierenden Philosophen zu spielen, der unnütze Fragen stellt und mit sinnlosen Antworten aufwartet. Was wir brauchen, ist die Einsicht in das

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