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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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gelesen, ich war alleine schwimmen, alleine im Park und am Strand, einmal war ich sogar alleine im Kino. Das war 188 Tage lang auch in Ordnung – zumindest die meiste Zeit. »Nur die Ruhe«, sagte ich mir. »Du bist neu in Dänemark, wo sollen die Freunde da herkommen?«
    Doch ab jetzt ist es mit der Ruhe vorbei. Denn nun bin ich nicht mehr allein. Seit heute fühle ich mich einsam. Verheult schaue ich aus dem Fenster. Überall sind die Menschen in Gruppen unterwegs. Manche Leute haben einen Grill unter dem Arm und ein Sixpack Bier in der Hand, sie starten in einen »Hygge«-Abend mit ihren Freunden im Park. Ein Trupp von Vätern schuckelt mit Kinderwagen durch die Straße.
    Bislang hatte ich in meinem Leben noch nie Probleme, Freunde zu finden, was vermutlich daran lag, dass ich nie welche gesucht habe. Sie tauchten immer von alleine auf und manche nach einiger Zeit auch wieder ab. Ich glaube, dass es für mich bislang immer leicht war, weil ich auf Leute in ähnlichen Lebenslagen getroffen bin. Aber wenn ich heute als Ausländerin in Dänemark Leute kennenlerne, dann stecken die in einer ganz anderen Lebenslage als ich: Sie haben einen festen Job und Kollegen, sie sprechen fließend Dänisch, sie kennen sich aus, und das Wichtigste: Sie haben schon Freunde.
    Sehnsüchtig schaue ich einem vorbeifahrenden Eiswagen hinterher. Ich muss aus dieser dunklen Bude raus! Aber mich alleine in den Park zu legen, während alle anderen gemeinsam unterwegs sind – das packe ich heute nicht. Ich greife nach meinem Handy und klicke mich durch das Telefonbuch. Søren steht da, Anders und Jeppe. Ja, ich habe schon ein paar Nummern von dänischen Bekannten. Aber so gut wie alle davon kenne ich durch meinen Freund Morten, und der ist seit gestern für ein paar Tage verreist. Da finde ich es komisch, dort anzurufen und zu fragen, ob sie Zeit haben, schließlich sind sie Mortens Freunde. Müde lege ich das Handy wieder beiseite und sehe auf die Uhr an der Wand. Halb vier. Und ich trage immer noch meinen gammeligen Schlafanzug. Ich habe heute Morgen Schokopops im Bett gegessen, dann die restliche kalte Pizza von gestern und zum Nachtisch die teuren Pralinen, die ich geschenkt bekommen habe. Ich habe heute noch mit keinem Menschen gesprochen und bin nicht vor der Tür gewesen. Das kann doch so nicht weitergehen! Entschlossen greife ich nach dem Telefon und wähle Marikes Nummer. Mal sehen, ob ich überhaupt noch sprechen kann.
    Â»Na, wie laufen die Hochzeitsvorbereitungen?«, frage ich scheinbar entspannt in den Hörer. »Aufgeregt?«
    Marike seufzt. »Dafür habe ich viel zu viel zu tun. Meine To-do-Liste erschlägt mich. Und dann die blöden Fluglotsen … Aber lass uns nicht mehr davon reden. Sonst steigere ich mich da nur rein. Erzähl lieber von dir. Was macht Kopenhagen? Wie läuft die Arbeit?«
    Â»Ach, alles prima«, presse ich hervor. »Komme mit dem Schreiben ganz gut voran.« In Wirklichkeit habe ich heute noch nicht eine Zeile zustande gebracht.
    Â»Ist bei euch auch so fieses Wetter?«, fragt Marike. »Ich darf gar nicht dran denken, was passiert, wenn es Samstag bei der Hochzeit regnet.«
    Â»Hier ist schönstes Sommerwetter«, antworte ich. »Hoffentlich zieht das bald zu euch rüber. Ich denke, ich werde gleich schön draußen Kaffeetrinken gehen.«
    Â»Ach, das würde ich jetzt auch gern. Einfach nur mal entspannen. Aber das hier hält mich so was von in Atem!« Dass ich lieber Marikes Stress hätte, als alleine zu Hause herumzusitzen, sage ich nicht. Stattdessen frage ich sie noch ein bisschen aus, lasse mir von Blumensträußen und ihrer Probefrisur erzählen. Doch auch Marike hat heute nur wenig Zeit für mich. »Du, ich muss jetzt auch los«, sagt sie, »die Brautschuhe zum Schuster bringen. Damit die nicht nach zwei Stunden anfangen zu drücken.«
    Â»Gute Idee«, sage ich. Dann verabschieden wir uns. Und ich glaube, sie hat tatsächlich nichts gemerkt. Immerhin: Ich habe also schauspielerisches Talent. Aber warum soll ich Marike auch vorheulen, wie mies es mir geht? Sie soll sich auf ihre Hochzeit freuen und nicht an ihre einsame Freundin denken. Außerdem ist sie viele, viele Autostunden entfernt. Ich sollte vielmehr überlegen, wen ich hier vor Ort noch kontaktieren könnte. Vielleicht will ja jemand aus meinem Sprachkurs etwas unternehmen? Wir haben

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