Tapas zum Abendbrot
Freunden redet man über viele Dinge nicht. Es gilt, zu fühlen, was der andere denkt, zu fühlen, wenn es ihm schlecht geht. Ganz oft, erzählt Florian, könne man als Ausländer die Luft aber nicht lesen. »Und wenn man sie nicht lesen kann, dann merkt man auch nicht, wenn sie schlecht ist.«
Bei seiner ersten japanischen Freundin hat Florian einmal miese Luft verursacht, weil er ihr nicht erzählte, dass er abends ausging â obwohl sie viele Tausend Kilometer entfernt in Japan war. Er wollte nicht gefragt werden, sagt Florian, was er wann, wo, mit wem gemacht habe. »In Japan ist das aber üblich. Da herrscht in einer Beziehung viel mehr Kontrolle. Meine Freundin konnte einfach nicht verstehen, warum ich nicht Rücksicht nahm. Wann man zu Hause zu sein hat, wann man wen trifft, das ist in Japan viel strenger geregelt. Die Erwartungshaltungen sind immens, auch wenn sie nicht ausgesprochen werden.« Aus der Sicht der Freundin hätte Florian also eigentlich wissen müssen, dass sie natürlich informiert werden wollte. Ist doch selbstverständlich â oder?
Wenn ein Paar sich solche Erwartungen nicht bewusst macht, wird es an Punkten wie diesen immer wieder zu Konflikten kommen. Dann versteht der eine nicht, warum der andere sich so aufregt. Oder sie ist enttäuscht, weil er eine Regel nicht einhält, die in ihrem Land üblich ist. Deshalb gilt für internationale Paare: Was man als selbstverständlich empfindet, muss deutlich ausgesprochen werden â deutlicher, als wenn der Partner aus demselben Kulturraum stammt. Deshalb ist Kommunikation so wichtig â und deshalb ist es auch so elementar, dass beide die gemeinsame Sprache sehr gut beherrschen. Das vergessen viele, die im ersten Rausch denken, Worte seien nebensächlich.
»Die erste Verliebtheit hat mit Sprache erst mal wenig zu tun«, sagt Paartherapeutin Elisabeth Jupiter. Untersuchungen zeigen etwa, dass der emotionale Gehalt einer Aussage schneller beim Gegenüber ankommt als der Inhalt. Was genau gesagt wird, ist da gar nicht so wichtig, solange es mit Emotionen beladen ist. »Man versteht vielleicht die Worte nicht, aber die Gefühle«, sagt Frau Jupiter. Und peng, ist man verknallt. Eine Weile lässt es sich sicher auch ohne viele Worte aushalten. Aber irgendwann hat man dann doch das Bedürfnis, mit dem anderen über seine Kindheit, seine Familie, seine Träume zu sprechen. Sich auch mal intellektuell auszutauschen. Und eben das auszusprechen, was man erwartet, was man sich wünscht, was man in einer Partnerschaft für selbstverständlich hält. Da reichen Emotionen dann nicht mehr. Und auch nicht ein paar Volkshochschulkurse. Denn für echten Austausch in einer fremden Sprache müssen die Kenntnisse schon verdammt gut sein.
Dass man über alles redet, ist aber nicht in allen Kulturen selbstverständlich. Florian jedenfalls fragte seine Freundin Sakura einmal, was ihr beim Sex eigentlich Spaà mache. Die Reaktion: Sprachlosigkeit. Sakura war schockiert. Ãber Sex rede man doch nicht! Doch auch Florian reagierte geschockt. Hatte Sakura wirklich noch nie darüber nachgedacht, was sie mochte?
Mittlerweile weià er, dass es in vielen japanischen Schlafzimmern wohl einfach keine groÃe Rolle spielt, was die Frau empfindet oder eben nicht empfindet. In seiner Partnerschaft, so viel ist klar, gelten deutsche Regeln â jedenfalls, wenn es ums ÃuÃern sexueller Vorlieben geht.
Auch Sakura weià es zu schätzen, dass sie in Deutschland die Möglichkeit hat, zu sagen, was sie denkt oder möchte. Trotzdem muss sie noch lernen, wie man hierzulande zu Wort kommt. »Wenn einer beim Sprechen eine Pause macht, dann â zack! â muss man dazwischengehen«, sagt Florian. »Das ist für Sakura brutal unhöflich.« Also schweigt sie manchmal lieber, was für Florian wiederum, wie er sagt, »brutal anstrengend« ist. »Denn Deutsche werden unruhig, wenn jemand gar nichts sagt.«
Nur gut, dass Sakura nicht an einen Spanier geraten ist â¦
Eine Beziehung in einer fremden Sprache zu führen, kann aber auch Vorteile haben. Jedenfalls, wenn man es schafft, einen Moment innezuhalten, bevor man sauer reagiert. Wenn man sich fragt: Meinen wir das Gleiche? Hat der Tonfall meines Freundes das zu bedeuten, was ich denke? Hat er dieses Wort bewusst gewählt, oder ist ihm einfach kein besseres eingefallen?
Aber dafür muss
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