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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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Was, wenn Khaleds Eltern es nicht akzeptierten, dass ihr Sohn mit einem weißen blonden, nicht gläubigen Mädchen zusammen war? Was, wenn Khaleds Eltern die Hochzeit verboten? Zumindest Khaleds Schwestern sprachen Englisch. Mona hatte ihnen Schokolade und Schminke aus Deutschland mitgebracht und damit waren sie sofort auf ihrer Seite. Sie nahmen Mona an die Hand, führten sie umher, stellten sie vor. Die jungen Frauen wussten wohl, wie schwierig es war, den Schwiegereltern zum ersten Mal zu begegnen. »Aber als Mohammed und Manzuma mich gesehen haben«, sagt Mona, »war alles gut. Dabei konnten wir ja kein Wort miteinander wechseln.«
    Auch Monas Eltern haben sich mittlerweile an den Gedanken gewöhnt, dass ihre Tochter mit einem Ägypter zusammen sein will. Bei der Hochzeit sagte ihr Vater sogar, dass er sie gerne an Khaled übergebe. »Ich sehe, wie glücklich du bist, wenn du in Ägypten bist.« Man hört in Monas Stimme, wie viel ihr das bedeutet.
    Zwei Wochen ist die Feier her. Nun sitzt Mona wieder in Wismar. Ohne ihren Mann. Europa kennt Khaled bislang nur von den Touristen im Hotel, in dem er als Sportlehrer arbeitet. Er mag die Urlauber, die sind meist gut drauf und geben den ganzen Tag lang Geld aus. Aber oft erscheinen sie ihm auch fremd. Er versteht nicht, dass die Männer ihre Frauen so offenherzig herumlaufen lassen, mit tiefem Dekolleté und kurzem Rock. Das würde er bei Mona nicht durchgehen lassen. Und er findet es komisch, dass die Männer vor ihren Freundinnen auf die Knie gehen, um einen Heiratsantrag zu machen. Im Hotel hat er das schon oft gesehen. »Wie kann man vor einer Frau niederknien?«, sagt er. »Das würde ein Ägypter nie tun.«
    Dass er noch nie in Deutschland war, macht ihn traurig. Eigentlich müsste er die Kultur und das Land seiner Frau ja kennen, bevor er sie heiratet. Sobald er endlich eine Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland bekommt, will er in Ägypten seine Koffer packen und umziehen. Für ein paar Jahre wollen Mona und er hier arbeiten und sich dann mit dem Ersparten in Ägypten etwas aufbauen – das ist zumindest der Plan. Khaled freut sich darauf, aber er hat auch Angst vor einem Neuanfang in Europa.
    Auch Mona ist bange. »Ich habe Angst, dass er mit der sozialen Kälte nicht klarkommt«, sagt sie. »Bei seinen Eltern kommen ja jeden Tag bestimmt 20 Leute zu Besuch.«
    Mona blickt auf die Hochzeitsfotos, die vor ihr auf dem Tisch liegen. Wie hübsch sie aussah. Wie glücklich alle schauten. Ihre Eltern erzählen seitdem allen Bekannten am Telefon, wie phantastisch die Hochzeit war.
    Jetzt ist sie also verheiratet. Wann sie Khaled wiedersehen wird, das weiß sie trotzdem noch nicht. Sie hat den Antrag auf Familienzusammenführung schon gestellt. Aber ob der durchkommt? Sie weiß, dass viele Anträge abgelehnt werden und die Betroffenen manchmal gar nicht erfahren, warum. Und wer gegen einen abgelehnten Antrag klagt, der braucht wieder Geduld, denn die Verwaltungsgerichte kommen mit ihren Entscheidungen nicht mehr hinterher. Manchmal dauert es Monate, sogar Jahre, bis der Fall verhandelt wird. Mona will aber keine Geduld mehr haben. Sie will Khaled. »Wenn ich mit dem Studium fertig bin, dann muss ich ganz schnell eine gut bezahlte Stelle finden, damit er endlich hierherkommen kann.«
    Wo steht der Rasierschaum?
    Wenn sie so etwas hört, schüttelt Hiltrud Stöcker-Zafari den Kopf. »Dass der deutsche Ehepartner genug Geld verdienen muss, um für beide aufzukommen, das ist völliger Humbug.« Hiltrud Stöcker-Zafari leitet seit Jahren den deutschen Verband für binationale Paare und Familien. 1500 Mitglieder sind in ihm organisiert, es gibt Zweigstellen in 20 Städten. Als Vorsitzende wird Hiltrud Stöcker-Zafari in den Bundestag eingeladen, wenn mal wieder eine Reform des Ausländerrechts ansteht, sie wird als Expertin gehört, wenn es um Sprachtests oder Integrationskurse geht. In den letzten Jahrzehnten hat sie jede Gesetzesnovelle, jede Reform kritisch verfolgt. Die Frau kennt sich aus.
    Deswegen fahre ich an einem Tag im Juni zu ihr nach Frankfurt. Im Zug denke ich darüber nach, warum Mona und Khaled so viel Skepsis entgegenschlägt und anderen nicht. Die Welt scheint tatsächlich eingeteilt zu sein: Heiratet eine Deutsche einen Araber oder einen Afrikaner, denken viele sofort an Scheinheirat oder befürchten, dass die Frau sich nun

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