Tapas zum Abendbrot
verschleiern müsse. Heiratet man einen Amerikaner oder einen Europäer, dann sieht fast niemand ein Problem darin.
Hiltrud Stöcker-Zafari kennt die Vorurteile, mit denen Mona und Khaled zu kämpfen haben. Nicht nur, weil sie selbst mit einem Iraner verheiratet ist, sondern auch, weil sie bei der Arbeit jeden Tag auf internationale Paare und ihre Probleme trifft. In ihrem Büro stehen unzählige Aktenordner, gerade in den letzten Jahren hat sich im Ausländerrecht viel getan.
Mona sei nicht die Erste, die sich von der Ausländerbehörde habe verunsichern lassen, erzählt sie mir. Beamte versuchten immer wieder, dem Ehegattennachzug nicht zuzustimmen, weil die Ehefrau nicht genug Geld verdiene, um ihren Mann zu unterhalten. Aber eine solche Regel gebe es gar nicht. »Die Behörden dürfen das Einkommen seit 2007 zwar prüfen, aber nicht deswegen den Nachzug verhindern«, erklärt sie.
»Warum erzählen die dann einen solchen Schwachsinn?«, frage ich. Ich kann nicht glauben, dass Mona völlig verzweifelt in Wismar sitzt und diese Verzweiflung überhaupt nicht nötig wäre. »Was für eine Sauerei!«, rege ich mich auf. Doch Hiltrud Stöcker-Zafari bleibt gelassen. Seit 30 Jahren setzt sie sich für internationale Paare ein. Sie hat so viel mit Politikern und Behörden gestritten, so viel Menschenverachtung erlebt, so viele verzweifelte Paare getroffen â da bringt sie so schnell nichts mehr in Rage.
»Wenn das Geld der einzige Grund ist, warum die Behörden den Nachzug Khaleds verhindern, dann will ich das schriftlich sehen, dann kann man dagegen vorgehen«, erklärt sie mir. Nur wenn Mona keine Deutsche wäre, sondern zum Beispiel selbst Ãgypterin, müsste sie einen Einkommensnachweis erbringen. »Mona ist aber deutsche Staatsbürgerin. Sie hat alles Recht der Welt, den Mann zu heiraten, den sie will, und sie darf auch mit ihm hier im Bundesgebiet zusammenleben.« Dann wird selbst die besonnene Frau Stöcker-Zafari etwas schärfer: »Das ist kein Gnadenakt, das ist ein Rechtsanspruch!«
Seine Rechte zu kennen, das ist nicht einfach. Für einen Laien sind die Paragraphen des Ausländerrechts oft kaum zu durchschauen, und sie ändern sich ständig. »Ein roter Faden ist jedoch leicht zu erkennen«, sagt Hiltrud Stöcker-Zafari. »Drittstaater, so die Anordnung der Politik an die Behörden, die braucht Deutschland nicht. Die gilt es rauszuhalten.«
»Drittstaater«: Im Behördendeutsch sind das Menschen, die nicht aus der EU stammen. Was für ein Wortungetüm! Irgendwie ist es doch komisch, denke ich: Der Staat ist ja bei deutsch-deutschen Paaren in den letzten Jahren durchaus flexibel geworden. Frauen können Frauen heiraten, Männer dürfen Männer küssen, und wer eine Ménage-à -trois bevorzugt, der wird schon lange nicht mehr wegen Unzucht verhaftet. Der Staat hält sich aus den Schlafzimmern raus â normalerweise. Sobald aber ein Deutscher einen Drittstaater heiratet, wollen die Behörden ganz genau wissen, was unter der Bettdecke passiert: Lieben die sich wirklich? Oder nutzt da einer den anderen aus?
»Dass auf einmal ein Beamter vor der Tür steht, ist nicht ungewöhnlich«, erzählt Hiltrud Stöcker-Zafari.
»Aber was überprüfen die denn dann?«, frage ich.
»Ob die beiden auch wirklich die Ehe leben«, antwortet die Expertin.
Wie genau die Beamten das testen, bleibt deren Geheimnis. Es gibt Kriterien, die Paare verdächtig machen, etwa ein groÃer Altersunterschied. Kommt es zum Hausbesuch, können viele Kleinigkeiten einen Gesamteindruck vermitteln: Hängen Fotos der beiden an der Wand? Weià sie, wo er den Rasierschaum aufbewahrt? Schlafen die zwei im selben Bett? Oh, die haben jeweils ihr eigenes Zimmer?
Das Beruhigende ist: Es liegt an den Behörden, zu beweisen, dass man eine Scheinehe führt â und so eine Scheinehe ist nicht leicht zu belegen. »Nicht selten wird vor Gericht dem Paar recht gegeben«, sagt Hiltrud Stöcker-Zafari.
Aber wer hat schon Lust, es bis zu einem Gerichtsverfahren kommen zu lassen? Ist es nicht besser, die Behörden von vornherein davon zu überzeugen, dass man wirklich als Ehepaar lebt?
»Was soll man also tun, wenn plötzlich ein Beamter vor der Tür steht?«, frage ich. »Reinlassen oder die Tür zumachen?« Frau Stöcker-Zafari erklärt mir die
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