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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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hätten«, sagt Anna. »Aber durch die Medien haben sie natürlich ein ganz bestimmtes Bild bekommen, was das Frauenbild im Islam betrifft. Die haben einfach Angst um mich.« Das Verständnis für die Sorgen ihrer Eltern hält sie allerdings nicht davon ab, manchmal ziemlich genervt zu sein. »Mein Vater hatte eine Phase, da hat er jeden Zeitungsartikel ausgeschnitten, etwa wenn es einen Ehrenmord gab oder irgendein Moslem etwas angestellt hatte. Die hat er mir dann gegeben.« Dass ihr Freund damit indirekt unter Generalverdacht gestellt wird, das ging ihr mit der Zeit doch gehörig gegen den Strich.
    Wir reden noch eine Weile darüber, wie wir es wohl fänden, wenn unsere Tochter mit einem Afrikaner, Asiaten oder Südamerikaner nach Hause käme. Würden wir uns nicht auch Gedanken machen? Kann man nicht tolerant und aufgeschlossen sein und den neuen Schwiegersohn dennoch unter die Lupe nehmen? Doch allzu weit kommen wir nicht in unserer Diskussion – Anna muss zu ihren Eltern, die nicht weit entfernt wohnen. Und wir haben schließlich eine Verabredung mit Roberto, seiner Mutter Victoria und ihrem Mann Juan.
    Am Abend treffen wir die drei in einer alten, zum Restaurant umgebauten Fabrik. Ein wirklich schöner Laden, in Dänemark würde man wohl »hyggelig« sagen. Robertos Mutter ist schon da. »Marike ya nos ha contado muchas cosas sobre ti«, ruft Victoria. »Qué alegría conocerte!« Ich verstehe zwar kein Wort, aber da sie mir strahlend einen Kuss auf jede Wange drückt, war das wohl etwas Freundliches. Sofort werden Bier und Rotwein bestellt, und als der Kellner dann das Essen auf die alten hölzernen Tische stellt, dauert es nicht lange, da habe ich die ersten wichtigen Vokabeln drauf. »Muy rico«, wende ich mein neues Wissen gleich an, als ich die Gemüsequiche teste. »Lecker!«
    Victoria strahlt. Sie hat sich lange auf diese Hochzeit gefreut, und sie mag Marikes Familie – nur dass sie nicht auf Spanisch drauflosreden kann, das trübt ihre Freude ein bisschen. Marike ist daher permanent als Übersetzerin zwischen den beiden Müttern im Einsatz. Victoria scheint sich unbändig zu freuen, dass sich alle so gut leiden mögen, dass ihr Sohn heiratet und sie nun endlich die Tochter bekommt, die sie nie hatte. Sie findet daher: Es ist Zeit für eine Rede! Als sie mit großer Geste ansetzt, hört Marike erst eine Weile zu und fängt dann an zu grinsen. »Jetzt wird’s salbungsvoll«, sagt sie in die Runde. »Victoria möchte euch gern sagen, dass sie sehr froh ist, hier sein zu dürfen. Und dass es für eine Mutter natürlich ein großes Ereignis ist, wenn der Sohn heiratet. Aber sie ist umso glücklicher, dass ich es bin, die er heiratet.« Als sie sieht, wie ich mich amüsiert zurücklehne, fügt sie schnell hinzu: »Also, ich übersetze das ja nur.«
    Victoria setzt derweil zur nächsten Liebesbekundung an. »Ich möchte euch sagen, dass ihr, meine neue Familie, in meinem Haus immer auf das Herzlichste willkommen sein werdet. Immer. Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn ihr uns bald in Spanien besuchen kommt. Von ganzem Herzen möchte ich mich auch bei euch bedanken, dass ihr meinen Sohn Roberto in den vergangenen Jahren so wundervoll in eure Familie aufgenommen habt.« Marike übersetzt, Victoria nickt zufrieden und sieht erwartungsvoll in die Gesichter ihrer zukünftigen deutschen Verwandtschaft. »Meine Mutter ist mit so vielen Emotionen jetzt mal echt überfordert«, flüstert Marike mir zu. Tatsächlich lächelt ihre Mutter auf der anderen Seite des Tisches etwas unsicher und weiß wohl nicht so recht, wie sie auf den emotionalen Überschwang reagieren soll. Da tippt Victoria Marike auf den Arm und sagt erneut etwas auf Spanisch. »Mama«, sagt Marike. »Victoria würde gern wissen, wie es denn für dich war, einen Spanier in die Familie aufzunehmen.«
    Jetzt rutsche auch ich leicht nervös auf meinem Stuhl umher. Es ist einer dieser Momente, in denen man schon ahnt, dass gleich etwas ganz furchtbar schiefgehen wird. Denn so wie ich Marikes Mutter einschätze, würde sie jetzt wohl lieber drei rohe Eier essen als auf Victorias hochoffizielle Rede antworten zu müssen. Sie räuspert sich. »Na ja«, sagt sie und macht eine kleine Pause. »Am Anfang war ich natürlich etwas skeptisch.«
    Â»Aber Mama!«, ruft

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