Tapas zum Abendbrot
verwöhnt wird«, gesteht Stefanie Schulz. »Sobald der Piep macht, wird geschaukelt, gemacht, getan.« Manchmal sagt sie ihrem Sohn, dass es doch besser wäre, wenn der Kleine in seinem eigenen Zimmer und nicht immer im Elternbett schliefe, dass er doch langsam mal abgestillt werden müsse. Aber ihr Sohn ignoriert sie. »Er sagt dann, dass Lukas eben ein chinesisches Baby sei. Da ginge das nicht anders.«
Andererseits genieÃt sie es, bei ihrer Schwiegertochter in Nürnberg zu sein, dort mit den anderen chinesischen Müttern Baozi zu essen und mit den Kindern zu spielen. Sie weià auch, wie sehr sich Lingling hier in Deutschland integriert hat, wie sie das chinesische Essen, die chinesische Geselligkeit vermisst. Sogar einen europäischen Namen hat sie sich zugelegt: Ewa.
Wie wahnsinnig schnell sie Deutsch gelernt und wie sehr sie sich hier angepasst hat, das imponiert Frau Schulz. Ihre Nase zieht Lingling etwa schon lange nicht mehr geräuschvoll hoch â im Gegensatz zu ihrem Vater. »Der ist halt noch ein richtiger Chinese.«
Frau Schulz weià auch, dass man die Partnerwahl seines Kindes wohl einfach akzeptieren muss. Heutzutage suchen sich die Eltern in den meisten Ländern die Schwiegerkinder schlieÃlich nicht mehr selbst aus.
Meine Eltern konnten Morten zwar von Anfang an gut leiden, fanden es aber auch nicht so toll, als ich ihnen eröffnete, dass ich meine Festanstellung kündigen und nach Kopenhagen ziehen wollte. »Was machst du dann dort?«, fragten sie. »Kannst du genug Geld verdienen? Einen Job als Journalistin wirst du da ja wohl nicht finden.« Als Morten nach Deutschland gezogen war, da hatten sie sich hingegen kaum Gedanken gemacht, was er alles aufgegeben hatte. Dass er herkam, schien irgendwie selbstverständlich. Aber nun waren da die Sorgen, dass ich meine Karriere wegwerfen könnte. Wozu hatte ich fünf Jahre studiert, die Journalistenschule durchlaufen und dann sogar mitten in der Wirtschaftskrise eine Redakteursstelle ergattert? Nur, um das jetzt aufzugeben? Machte ich mich nicht sehr von Morten abhängig, finanziell und auch, was mein Sozialleben betraf? SchlieÃlich kannte ich in Kopenhagen kaum jemanden.
Meine Eltern haben nie gesagt, dass sie meine Entscheidung für gut oder schlecht hielten. Sie haben lediglich Fragen gestellt. Und ich machte mit meinen Antworten klar, dass meine Entscheidung gefallen war. Ich hatte gar keine Lust, irgendwelche Zweifel zu hören. Ein bisschen dachten meine Eltern wohl auch daran, dass sie mich in Zukunft wesentlich seltener sehen würden, dass sie mit dem Auto zehn Stunden bis zu mir brauchten oder erst ins Flugzeug steigen müssten, um zu Besuch zu kommen.
Andererseits sagen sie ganz offen, sie seien froh, dass ich mir »nur« einen Dänen angelacht habe, der dazu auch noch sehr gut Deutsch spricht. Wenn wie bei Lingling und Daniel eine groÃe Sprachbarriere hinzukommt, wenn der Schwiegersohn praktizierender Moslem ist, die Schwiegertochter mit ihrem aufbrausenden südamerikanischen Temperament den Sohn vollständig im Griff hat oder das eigene Kind nicht nur zehn Autostunden entfernt wohnt, sondern in Australien, dann ist es sicher schwieriger, die Partnerwahl seines Kindes zu akzeptieren. Natürlich würden die meisten Eltern sagen, dass es für sie das Wichtigste sei, dass der Sohn oder die Tochter glücklich ist. Aber wenn es dann um die Details geht, haben viele wohl doch eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie dieses Glück ihres Kindes aussehen soll.
»Selbst wenn sie es versuchen würden â Eltern können ihre Kinder sowieso nicht von einer Beziehung abhalten«, sagt Hiltrud Stöcker-Zafari, die Fachfrau für binationale Familien aus Frankfurt. »Man kann keinem Menschen sagen: âºDen darfst du nicht lieben.â¹Â« Fest steht für sie nur, wie man seinem Kind mit Sicherheit nicht hilft und garantiert auch kein Gehör findet: »Wenn ich sage: âºBist du wahnsinnig? Lass die Finger von dem, der nimmt dich nur aus!â¹ â baue ich Fronten auf. Geringschätzige Bemerkungen über einen Menschen, den man nicht kennt, sind nie förderlich â auch wenn sie aus Sorge entstanden sind.«
Was also tun, wenn man das Gefühl hat, dass der Sohn oder die Tochter einen Fehler begehen könnte?
Dann ist man gut beraten, der Beziehung erst einmal so offen und wertfrei wie möglich zu begegnen, Interesse
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