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Tapas zum Abendbrot

Tapas zum Abendbrot

Titel: Tapas zum Abendbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Basel Nicole Frick Marike
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damals samt ihrem acht Monate alten Baby in einer Einliegerwohnung bei ihnen im Haus, sie aßen oft gemeinsam, machten Ausflüge, feierten Weihnachten und Geburtstage zusammen. Und jetzt sollte ihre Tochter so weit wegziehen? In Dettenhausen könnte der kleine Enkel ganz unbeschwert draußen spielen. Wie sollte er aber in Indien aufwachsen, mit all den Krankheiten, die es dort gibt, der fehlenden Krankenversicherung, mit der Kriminalität und der schlechten Hygiene? Dass er dort nie im Wald spielen, nie mit dem Fahrrad durch die Gegend düsen würde, das war kein leichter Gedanke für seine Großeltern.
    Â»Es bringt aber nichts, sich Sorgen zu machen. Ich habe getan, was ich konnte, den beiden einen Start in die gemeinsame Zukunft zu ermöglichen«, sagt Helmut Sedlmayr. Und seine Frau fügt hinzu: »Man kann über alles reden. Aber eines ist uns ganz wichtig: Sie muss selbst wissen, was sie für richtig hält. Es ist ihr Leben.«
    Amits Familie ist da ganz anders. In Indien, sagt Amit, sei es völlig normal, dass sich jeder einmische, jeder seinen guten Rat loswerden wolle, egal ob er danach gefragt wurde oder nicht. Manche deutschen Eltern mag es ärgern, dass sie selbst sich zurückhalten, die andere Familie aber ständig mitentscheiden will. Hierzulande ist schließlich eines ganz wichtig: das Abnabeln. In anderen Kulturen gilt das Loslassen dagegen nicht als etwas Erstrebenswertes – im Gegenteil: Kind bleibt Kind, egal ob es drei ist oder 30. Eine arabische oder südamerikanische Familie wird es daher vielleicht merkwürdig finden, dass sich die deutschen Eltern so selten zu Wort melden: Interessiert es sie nicht, was das eigene Kind macht? Kümmern die sich denn gar nicht? Dann kann ihnen ihr Kind ja nicht viel bedeuten.
    Ein paar Wochen ist es nun her, dass Helmut und Elisabeth Sedlmayr mal wieder ganz aufgeregt am Frankfurter Flughafen standen und die Schiebetür beobachteten, durch welche die gerade gelandeten Passagiere kamen. Wie der Kleine wohl reagieren würde? Ob er sich freute, Oma und Opa zu sehen? Oder vielleicht Angst hatte, weil er sie kaum noch kannte? Schließlich hatten sie sich acht Monate lang nicht gesehen, für einen Dreijährigen eine Ewigkeit. Rohan war hundemüde, als Susanne, Amit und er endlich in die Ankunftshalle kamen. Aber ein Grinsen konnte er sich dennoch nicht verkneifen, als er Oma und Opa sah. Darüber freuten sich die beiden wahnsinnig.
    Â»Susanne erzählt immer sehr positiv von zu Hause«, sagt Elisabeth Sedlmayr, »das macht wohl viel aus, der Kleine freut sich, wenn er hierherkommt.«
    Nach der langen Abstinenz ist jetzt in Dettenhausen wieder Großfamilie angesagt – 24 Stunden am Tag. Amit wird für ein paar Wochen bleiben, Rohan und Susanne sogar einige Monate; Susanne ist schwanger und möchte ihr Baby lieber in Deutschland bekommen, vor einer Geburt in Indien hat sie zu viel Angst.
    Â»Die sind da gröber«, sagt sie. »Ich habe einfach keinen Arzt gefunden, dem ich voll vertraue.«
    Jetzt liegen im Wohnzimmer der Sedlmayrs also wieder ein Spielteppich, Duplosteine, Spielzeugautos – als ob sie selbst ein Kind hätten. Rohan flitzt durchs Haus, als wäre er nie weggewesen. Zum Mittagessen hat Elisabeth Sedlmayr heute indisch gekocht, aber der Enkel hat keine Lust, am Tisch zu sitzen. Dann lockt Susanne ihn doch an seinen Platz: »Komm, du darfst auch mit den Fingern essen.« Rohan matscht also mit der Hand im Reis, hat die Currysoße und den Joghurt bald bis zum Ellbogen kleben. Daran müssen sich seine Großeltern gewöhnen, schließlich kennt ihr Enkel es aus Indien nicht anders.
    Manchmal versucht Opa Helmut ihn auszutricksen. Er war früher Fremdsprachenlehrer und probiert nun, seinem Enkel ein paar englische Worte abzuluchsen. Aber Rohan trennt da fein säuberlich: Englisch gibt es nur mit Papa, Hindi mit Oma und Opa in Indien und Deutsch mit Oma und Opa in Deutschland. Da macht er keine Ausnahme, auch wenn der Opa noch so tolles Englisch spricht.
    Â»Es ist so schön, wenn sie hier sind«, sagt Elisabeth Sedlmayr. Sie mag es, ihren Enkel den ganzen Tag um sich zu haben, den Trubel im Haus.
    Â»Es ist auch manchmal anstrengend, so von null auf hundert«, sagt hingegen Susanne. »Mein Bruder kann auch mal für eine Stunde zu Besuch kommen. Für uns gibt es nur: ganz da oder ganz weg.«
    Wenn das Baby auf der Welt ist und die

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