Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)
funktionierte nicht. Ich atmete hechelnd, dann flach und schliesslich musste ich kurz die Luft anhalten.
»Geht es?« Ich nickte, um stark zu erscheinen, doch er durchschaute mich.
»Es tut mir so leid. Ich würde dir so gerne deine Schmerzen abnehmen, sie sogar selbst über mich ergehen lassen« – ha, er bestätigte sogar meine Gedanken. Moment mal, konnte er sie etwa doch lesen? Blödsinn. »Aber gegen deine gebrochene Rippe kann ich überhaupt nichts machen. Trink, dann sollte es bessergehen. Warte, ich helfe dir.« Er stützte behutsam meinen Kopf, während der Heiler mir die Tinktur einflösste. Sie schmeckte genauso widerlich wie sie aussah, schlammgrün und dickflüssig, doch ich ließ es protestlos über mich ergehen. Erschöpft sank ich zurück in die Kissen. Nachdem Giardio sich noch dreimal versichert hatte, ob ich keine Schmerzen mehr hatte – diese Medizin half wirklich unglaublich schnell –, sagte er mit einem Schmunzeln um die Mundwinkel: »Die Sonne steht rechtwinklig zum Zenit. Hunger?«
Ich wollte gerade den Kopf schütteln, als ich bemerkte, dass mein Magen laut knurrte. Peinlich berührt, legte ich eine Hand auf meinen grummelnden Bauch und nickte. Er griff hinter sich und klingelte mit einer kleinen goldenen Glocke. Auf der Stelle erschien eine Dienstmagd. Sie war so gekleidet, wie man es sich vorstellt. In Schwarz und Weiss, mit einer Schürze und einem Häubchen.
»Wir würden nun gerne speisen«, verkündete Giardio.
»Sehr wohl, Sir.«
»Wie heisst das?«, fragte ich.
Ich kaute gerade nachdenklich auf einem Stück Gemüse herum. Es schmeckte sehr gut, doch ich war sicher, dass ich den Geschmack nicht kannte. Es war zäh und hatte einen süsslichen Nachgeschmack, einfach phantastisch.
»Bonsanistrauch. Es ist ihr Leibgericht.«
»Mh«, ich schluckte den letzten delikaten Bissen herunter, »erzähl mit etwas über Taquanta. Wer oder was ist der Rat? Was liegt ausserhalb dieses Landes? Wieso …«
Er lachte und legte seine Hand auf meinen Mund, um meinen Redeschwall zu stoppen. Augenblicklich wurde ich still und blickte ihm in seine charmanten Augen. Ein Prickeln ging über meine Lippen, und um dies zu verbergen, nuschelte ich: »Schiess los!«
»In Ordnung, du hast gewonnen. Ich erzähle dir etwas. Also, was wolltest du wissen? Ach ja, nun ausserhalb dieses Landes liegt der Ozean. Wir nennen ihn den Pazifikanischen.«
Meine Augen weiteten sich: »So heisst ein Meer auch in meiner Welt! Nun ja, ohne das ›anisch‹. Der Pazifik. Das ist seltsam, aber sprich bitte weiter. Ich unterbreche dich nicht mehr, versprochen!«
Er schenkte mir sein bezauberndstes Lächeln – er war so gutaussehend! – und fuhr fort: »Nun, rund um dieses Land herum ist Wasser, und es gibt noch mehrere Länder, doch ich habe nie eines von ihnen gesehen. Die Seefahrten sind lang und beschwerlich, so erzählt man sich, und diese Länder dahinter sind teilweise völlig anders und teilweise fast identisch mit Taquanta. Soweit ich weiss, gibt es noch sieben andere Länder. Einmal im Jahr treffen sich alle Regenten – wo das ist, variiert von Jahr zu Jahr. Vor zwei Jahren war es Taquanta. Die anderen Länder heissen: Mazinka, Wugurien, Laabis, Charschos, Fintyx, Gaudrif und Jersanien.«
Ich sah ihn mit grossen Augen an. Diese Welt faszinierte mich, denn sie schien so … anders. Sie war magisch, und ich hatte Angst, dass nur ein kleines Niesen alles wieder verschwinden lassen würde und ich wieder bei mir zuHause wäre, auf dem Weg ins Esszimmer. Doch natürlich würde das nicht geschehen, denn dies war die Realität. Ausser ich war verrückt und hatte meinen Verstand verloren, aber ich bezweifelte es. Ich machte ihm mit einer Geste klar, dass ich noch mehr hören wollte. Er verstand und schmunzelte.
»Du hast den Rat erwähnt. Nun, er hat sechs Mitglieder plus die Königin. Ein Mitglied für jede Region des Landes. Du musst wissen, dass Taquanta in sieben Regionen unterteilt ist. Es ist nicht so, dass diese einen offiziellen Namen haben oder dass es eine genaue Grenze gibt, man weiss einfach, wenn man sich irgendwo anders hinbewegt. Man spürt es. Ausserdem dient die Unterteilung unseres Landes dazu, zu wissen, wer wo lebt. Wir nennen sie Blutrien, dort leben die Vampire, Riesanien, dort hausen die Riesen, Norjomien, wo wir uns gerade befinden, Sprechlien, dort leben die Wortler …«
»Wortler?«, unterbrach ich ihn verwirrt.
»Das sind Menschen, die entweder lügen oder die Wahrheit sagen. Die
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