Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)
rechtzeitig, bevor alle anderen Bilder jener Nacht zurückkehrten.
»Danke.«
»Tut mir leid, ich wäre früher gekommen, aber ich unterhielt mich gerade mit Opalia.«
»Jetzt bist du ja da.«
»Das bin ich«, sagte er und zog mich etwas näher, doch im Gegensatz zu vorhin störte mich das nicht im Geringsten. Ich lächelte glücklich zu ihm hinauf, trat noch einen kleinen Schritt näher und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Er drückte meine Hand, und sein Atem streifte mein Haar, als er sich zu meinem Ohr beugte.
»Habe ich schon erwähnt, wie unglaublich du heute Abend aussiehst?«, murmelte er.
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.
»Hast du.«
»Nun, es stimmt. Du siehst wirklich phantastisch aus.«
Ich nahm das Kompliment entgegen, ohne etwas zu erwidern, aber wahrscheinlich verriet mich das Funkeln in meinen Augen. Und wie ich an Giardio gelehnt mit ihm langsame Kreise auf der Tanzfläche drehte, spürte ich es zum ersten Mal. Meine Kehle brannte, als hätte ich seit Stunden nichts getrunken. Es fühlte sich an wie Feuer. Ich schluckte und schluckte, doch nichts veränderte sich. Mein ganzer Körper versteifte sich, was Giardio natürlichnicht entging. Augenblicklich liess er mich los und im selben Moment war der Schmerz vorbei. Seltsam. Besorgt musterte mich Giardio.
»Alles in Ordnung?« In seinen Augen stand deutlich geschrieben, dass er verletzt war. Und da verstand ich: Er dachte, ich hätte mich wegen
ihm
versteift. O nein. Wie konnte es sein, dass ein so perfekter Moment plötzlich falsch lief? Vorsichtig machte ich einen Schritt auf ihn zu, nahm seine Hand und sah ihm in die Augen.
»Alles bestens. Es hat nichts mit dir zu tun. Ich habe mich nur verschluckt. Ehrlich«, fügte ich mit Nachdruck hinzu.
Er nahm wieder dieselbe Position wie vorher ein.
»Gut, denn wenn ich ehrlich bin, könnte ich mit dir bis Sonnenaufgang tanzen.«
Und genau das taten wir.
4.
Draussen war es stockdunkel, während er auf Kayla hinabschaute. Sie lag so friedlich da, als hätte sie keine Sorgen im Leben. Eine Strähne ihres rötlich schimmernden Haares lag quer über ihrem Gesicht, sanft nahm er sie zwischen Daumen und Zeigefinger und legte sie hinter ihr Ohr.
Sie war so wunderschön. Er strich ihr leicht wie ein Windhauch über die Wange; sie träumte etwas vor sich hin. Selten hatte er sie so entspannt schlafen gesehen. Ihre Züge waren normalerweise vor Kummer verzogen, und ab und zu murmelte sie etwas Unverständliches in sich hinein. In den letzten Nächten hatte sie immer im Schlaf gesprochen, ausnahmsweise sogar verständlich.
»Vergiss sie … Sie ist nichts wert. Nicht genug. Vergiss doch«, murmelte sie auch jetzt wieder. Verdammt. Und er war überzeugt gewesen, es hätte aufgehört. Das zeigte wieder einmal, man konnte sich auf nichts ausser auf sich selbst verlassen. Nicht einmal auf seine grosse Liebe. Aber wahrscheinlich war auch das dummes Geschwätz, grosse Liebe, pah! Aber liebte er sie überhaupt? Kayla war die Einzige, die ihn beruhigenkonnte. Er sehnte sich nach ihrer Hand in seiner, wollte immer in ihrer Nähe sein. Er fand sie die Schönste von allen. Aber war das Liebe?
Er seufzte. Konnte er überhaupt noch lieben? Früher, ja. Damals hatte er geliebt. Und nun war er hier mit Kayla. Obwohl die meisten seiner Gedanken ihr galten, einige würden nie ihr gelten. Ein winziger Teil seines Herzens würde immer für jemand anderen schlagen.
VI
Die nächsten zwei Tage gingen vorüber wie im Flug. Ich wachte erst am frühen Nachmittag auf, und nachdem Millicent mir geholfen hatte, mich anzuziehen, und ich ihr von dem Abend erzählt hatte, half ich bei den Vorbereitungen für den Krieg. Rüstungen wurden angepasst, Strategien besprochen und Informationen über den Gegner ausgetauscht. Die Atmosphäre war angespannt, keine Spur mehr von der Fröhlichkeit des Schlachtenmahls. Sicherheitsmassnahmen für die Stadt wurden getroffen, der Aufenthaltsort der Königin und des Rates wurde festgelegt – er war streng geheim –, und immer versuchte ich, James so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen. Ich half hier und da mit und verbrachte viel Zeit mit Giardio und Quintus. Immer wieder erschien Cookie Fritz irgendwo und lockerte die Stimmung ein wenig auf. Doch sobald er die Tür hinter sich schloss, kehrte die Anspannung zurück.
Das Spannendste war mit Abstand das, was ich über die Vampire herausfand. Jeden neuen Punkt fügte ich zu meiner Liste hinzu. Die etwa so
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