Taran Bd 4 - Der Spiegel von Llunet
bester Freund. Dann zerreibe die Farben für die Glasuren und dann erprobe, wie das Feuer im Brennofen auf sie wirkt.«
»Meister Annlaw«, bat Taran mit leiser Stimme, »würdest du mich dein Handwerk lehren? Das wünsche ich mir mehr als alles andere.«
Annlaw zögerte einige Augenblicke und sah Taran nachdenklich an. »Ich kann dich nur das lehren, was du zu lernen vermagst«, sagte der Töpfer. »Wie viel das sein wird, kann sich erst allmählich herausstellen. Bleib, wenn es dein Wunsch ist. Morgen beginnen wir.«
Die beiden Freunde machten es sich für die Nacht in einer Ecke der Werkstatt bequem. Gurgi rollte sich auf seinem Strohsack zusammen, Taran aber umschlang die Knie mit den Armen. »Merkwürdig«, murmelte er nachdenklich. »Je mehr ich die Leute aus den Commots kennenlerne, desto lieber werden sie mir. Aber der Commot Merin zog mich sofort an, mehr noch als die anderen.«
Die Nacht war mild und still. Taran lächelte sehnsüchtig. »Von Anfang an hatte ich das Gefühl, das ist der Ort, wo ich zufrieden leben könnte. Und vielleicht – vielleicht könnte sogar Eilonwy hier glücklich sein. Und als meine Hände den Ton fassten«, sprach er weiter für sich, »da wusste ich, ich könnte als Töpfer glücklich werden. Mehr als beim Schmieden, mehr als beim Weben habe ich das Gefühl, mit den Fingern meine Gedanken ausdrücken zu können, so als ob ich das unmittelbar wiederzugeben vermöchte, was mein Herz bewegt. Ich verstehe, was Annlaw meint. Es gibt keinen Unterschied zwischen ihm und seiner Arbeit. Er ist eins mit seiner Arbeit, er verleiht dem Ton etwas von seinem eigenen Wesen. Wenn ich das auch erlernen könnte …«
Gurgi antwortete nicht. Die müde Kreatur war fest eingeschlafen. Taran lächelte und zog ihm den Mantel über die Schultern. »Schlaf gut«, sagte er. »Vielleicht sind wir jetzt am Ende unserer Fahrt.«
Annlaw hielt Wort. Er zeigte Taran in den folgenden Tagen mancherlei, was nicht weniger wichtig war als die Arbeit mit dem Ton selbst: wie man geeignete Erde findet, wie man Beschaffenheit und Qualität beurteilt, wie man siebt, mischt und befeuchtet. Gurgi war überall dabei, sodass sein zottiges Haar bald mit Staub, Lehm und Sand überkrustet war. Er glich einem ungebrannten Tontopf auf zwei mageren Beinen.
Der Sommer verstrich schnell und glücklich. Je mehr Taran den Töpfer bei der Arbeit beobachtete, desto mehr wuchs seine Bewunderung. In der Knetmulde bearbeitete Annlaw den Ton mit größerer Kraft als Hevydd der Schmied den Amboss. Und auf der Scheibe stellte er die schwierigsten Gegenstände mit einer Gewandtheit her, die selbst die der Weberin Dwyvach übertraf. Wenn Taran am Morgen aufstand, fand er den Töpfer bereits an der Arbeit. Annlaw war unermüdlich. Oft verbrachte er die Nächte ohne Schlaf und die Tage ohne Nahrung, so sehr nahm ihn seine Arbeit an der Scheibe in Anspruch. Selten verwendete er ein Muster ein zweites Mal, sondern bemühte sich das noch zu verbessern, was er selbst entworfen hatte.
»Abgestandenes Wasser ist ein schlechter Trunk«, sagte er. »Abgestandene Künste sind noch schlechter. Und ein Mann, der in seinen eigenen Fußstapfen geht, endet dort, wo er begonnen hat.«
Erst im Herbst litt es Annlaw, dass Taran sich wieder an die Töpferscheibe setzte. Diesmal wurde die Schale nicht so übel wie die erste. Annlaw prüfte sie genau, dann nickte er und sagte: »Du hast schon etwas gelernt, Wanderer.« Dennoch warf er das Gefäß zu Tarans Kummer wieder in die Knetmulde. »Keine Sorge«, tröstete er ihn, »wenn dir etwas gelingt, das wert ist, aufbewahrt zu werden, dann wird es im Ofen gebrannt.«
Taran befürchtete zwar, dass es nie so weit kommen würde, aber es dauerte nicht lange, bis Annlaw ein einfaches, flaches Gefäß mit ausgewogenen Proportionen für geeignet hielt. Er stellte es zusammen mit anderen Töpfen und Schalen, die für die Leute aus dem Commot Isav bestimmt waren, in einen Brennofen, der höher und tiefer war als die Feueresse Hevydds. Dann begann er sofort weitere Krüge und Gefäße zu formen. Taran aber konnte seine Ungeduld kaum bezähmen, und ihm schien es, er selbst werde in den Flammen gebrannt. Als endlich das Feuer verloschen und der Ofen abgekühlt war, holte Annlaw die Schale heraus, drehte sie in den Händen und klopfte sie mit seinen lehmverschmierten Fingern ab. Taran wartete atemlos. Der Töpfer grinste ihn an. »Klingt ganz gut. Anfängerarbeit, Wanderer, aber keine, derer man sich schämen
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