Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
sollten, sie würden ihnen Schutz bieten oder Stärke verleihen. Im Grunde bezweifelte er sehr, dass all dieser Tand seinen Preis wert war. Es hätte sicher der eine oder andere Söldner den Laden der feisten Settin bewacht, wenn in den Auslagen Artefakte zu finden gewesen wären, denen echte Kräfte innewohnten.
»Schau dir das an«, flüsterte Auril neben ihm in diesem Moment erstaunt.
Der Junge blickte zu ihr hinüber und gab einen überraschten Laut von sich. Der linke Unterarm der Albin war fort. Gleich darauf griff sie mit der Rechten scheinbar in die Luft, und auf einmal tauchte er wieder auf. »Wie hast du das gemacht?«
Auril vollführte eine rasche Bewegung, und plötzlich war die Luft neben ihr nicht mehr leer. Vielmehr hing dort ein bodenlanges Tuch, dessen silbrig grauer Stoff so fein gewebt war, das man regelrecht hindurchsehen konnte. »Es ist ein Tarnumhang.« Die Augen der Albin leuchteten vor Begeisterung. »Wenn man das Tuch so herum hält, ist es sichtbar. Wendet man es aber, verschwindet alles darunter. Sieh doch.« Und damit drehte sie das Gespinst um, und ihr Arm verschwand erneut.
»Das ist unglaublich«, murmelte Tarean.
»He! Was macht ihr da?!«, rief die settische Ladenbesitzerin misstrauisch zu ihnen herüber.
»Wir bewundern diesen Tarnumhang«, antwortete der Junge.
»Ah ja!« Sie grinste breit und stiefelte näher. »Nondurische Magie. Hervorragend, um sich an Drachen anzuschleichen, selbst an die großen Brocken. Das Ungeheuer sieht nichts, hört nichts, riecht nichts, und es heißt, es würde nicht mal spüren, wenn der Träger ein machterfülltes Schutzamulett bei sich trägt. Ein sehr seltenes Stück. Und ihr habt sicher nichts, was mich dazu bewegen könnte, es euch zu verkaufen! Also Finger weg!« Sie griff in die Luft, und Aurils Arm kam erneut zum Vorschein, als Froswinja ihr das Tuch abnahm.
Tarean warf einen Blick zu Fenrir hinüber, der gerade einige Mäntel aus Brull-Leder begutachtete. »Fenrir! Das wäre genau das, was wir brauchen, wenn wir in die D…« Er bremste sich gerade noch rechtzeitig. »Wenn wir unser Ziel erreicht haben«, vollendete er den Satz nach kurzem Stocken.
Der hundeköpfige Krieger zuckte mit den Schultern. »Du hast die Frau gehört. Wir haben nichts, was wir ihr im Tausch anbieten können. Und für Geld kann man so etwas nicht kaufen – nicht, dass wir auch nur annähernd genug davon hätten, um überhaupt darüber nachzudenken.« Er nickte der Settin zu. »Die Mäntel sind in Ordnung. Wir nehmen sie alle.«
Froswinja klatschte begeistert in die Hände. »Ah, ein Mann, der weiß, was er will. Das gefällt mir.« Sie wandte Tarean den Rücken zu und widmete sich wieder dem Geschäft.
Auril war derweil gemächlich weiterspaziert, und Tarean sah, dass sie mit neugierigem Blick vor dem Käfig stand, in dem der winzige Flugdrache eingesperrt war. »Sagt, was ist das für ein hübscher Bursche?«, rief sie der Verkäuferin zu.
»Asfodir ist ein glutländischer Flugdrache, ein Schwarzrücken, wenn du es genau wissen willst«, erklärte ihr Froswinja angesichts des zu erwartenden Geldsegens bereitwillig.
»Aber werden die nicht so groß wie zehn Männer? So heißt es zumindest in den Geschichten.«
Die Settin nickte. »Doch, doch. Das ist schon richtig. Aber ich habe Asfodir von einem Bekannten behandeln lassen, direkt nachdem er aus dem Ei geschlüpft ist. Jetzt wächst er nicht mehr. Und er ist nun auch ganz umgänglich. Man darf ihn nur nicht mit Wasser in Berührung bringen.«
Auril hob die Augenbrauen. »Sagt bloß nicht, dass sich der Zauber abwaschen lässt, und er sich dann in ein riesiges, Feuer speiendes Monstrum verwandelt.«
Froswinja ließ ein meckerndes Lachen hören. »Donner und Erdrutsch, nein! Er badet nur nicht gerne. Wundert mich nicht. Ist schließlich trotz allem ein Drache.«
Die Albin lächelte verständnisvoll und wandte sich dann dem kleinen, schwarzen Scheusal zu, das ruhelos auf seiner Sitzstange hin- und herschaukelte und dabei leise quäkende Laute von sich gab. »Na, du Kleiner. Du stinkst und bist hässlich wie die Nacht, aber irgendwie mag ich dich.«
Tarean wandte sich kopfschüttelnd ab. Von allen Tieren Endars musste Auril ausgerechnet Gefühle für einen Zwergdrachen entwickeln. Er fragte sich, ob man daraus Schlüsse auf ihren Geschmack hinsichtlich ihrer Gefährten ziehen konnte. Und wenn ja, was sagt das über mich aus?
Auf einmal vernahm er ein aufgeregtes Krächzen, dann ein Flattern und
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