Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
Felsgänge zwingt.«
Tarean blickte Janosthin fragend an. »Was ist mit dir?«
Der Hüter schüttelte verdrießlich den Kopf. »Es tut mir leid, mein Junge. Lägen die Dinge anders, hätte ich mich gerne erboten, hier auf euch zu warten und mich derweil um das Vogelpferd zu kümmern. Doch ich muss auf schnellstem Wege nach At Arthanoc zurück. Kesrondaia braucht mich.«
»Dann bleibe ich hier«, sagte Iegi.
Tarean hob überrascht die Augenbrauen. Er hatte nicht erwartet, dass der abenteuerlustige Taijirin sich dieses Erlebnis freiwillig entgehen lassen würde. »Du?«
Sein Freund setzte ein schiefes Grinsen auf. »Wie gesagt: Höhlen behagen mir nicht besonders. Und was unter At Arthanoc geschehen ist, weißt du ohnehin besser als jeder andere hier. Vergiss einfach nicht, zurückzukommen, bevor du nach Süden weiterreist. Sonst werde ich wirklich unleidig.«
Der Junge lächelte. »Keine Sorge. Darüber haben wir uns ja schon vor Janosthins Hütte geeinigt.« Dann wandte er sich an das Irrlicht. »Und, Moosbeere, bist du bereit für eine Reise unter die Erde?«
Seine leuchtende Gefährtin verdrehte nur die Augen. »Was für eine dumme Frage! Glaubst du, ich ließe dich mit diesen Felsklötzen allein? Wenn die immer so gesellig sind, fängst du nachher noch an, Selbstgespräche zu führen. Außerdem gerätst du doch nur in Schwierigkeiten, wenn ich nicht auf dich aufpasse.«
Tareans Mundwinkel zuckten belustigt. »Dann wäre das ja geklärt.«
Er verabschiedete sich kurz, aber herzlich von Iegi, Ro’ik und vor allem Janosthin Tiefenerz, der ihnen in den letzten Tagen so selbstlos geholfen hatte. Dann gebot er den Steinmenschen, voranzugehen. Gemeinsam verließen sie die Senke, in welcher der Kristalldrachenstein stand, und umrundeten den Berg bis zu einem Höhleneingang in der Südflanke. Von dort an ging es abwärts, unter die Erde.
Wie schon bei seiner letzten Reise in die lichtlose Welt jenseits der Erdoberfläche, verlor Tarean auch diesmal bereits nach einer kurzen Weile jedwedes Zeitempfinden. Er nahm zwar an, dass Tiefgestein nicht mehr als ein paar Wegstunden von dem Kristalldrachenstein entfernt liegen konnte – denn wie sonst hätten die Steinmenschen so rasch bei ihnen auftauchen können –, aber diese Stunden schienen sich zu einer kleinen Ewigkeit hinzuziehen, während der Junge die drei stoisch dahinstapfenden Gestalten durch abschüssige Gänge und weitläufige Höhlen in die Tiefe begleitete.
Ein paarmal versuchte Tarean, mit Kiesel ein Gespräch anzufangen, um sich von der bedrückenden Finsternis abzulenken, die sie von allen Seiten bedrängte. Aber der Steinerne gab sich kaum weniger einsilbig als während ihrer letzten gemeinsamen Reise, und so verfiel auch der Junge bald darauf in Schweigen.
Schließlich spürte Tarean, dass die Strapazen des Tages ihren Tribut zu fordern begannen. Müdigkeit übermannte ihn, und seine Beine schmerzten vom unablässigen Wandern über Stock und Stein, erst durch das unwegsame Karstland Undurs, dann die lebensfeindliche Heimat der Unterirdischen. Es muss doch mittlerweile draußen an der Oberfläche tiefe Nacht sein, dachte der Junge bei sich und wünschte sich nur noch, sich hinsetzen zu dürfen und nicht mehr aufstehen zu müssen.
»Ich hoffe, wir sind demnächst da«, kleidete er dieses Bedürfnis in Worte. »Meine Beine bringen mich um.«
»Demnächst«, versicherte ihm Kiesel von vorne geduldig.
Tarean seufzte. Dass Wesen, die praktisch nicht alterten, ein anderes Verständnis vom Fortlauf der Zeit hatten, war ihm schon bei ihrem ersten Zusammentreffen bewusst geworden. Er hoffte also inständig, dass demnächst nicht in einigen Stunden bedeutete.
Aber der Steinerne sollte recht behalten. Sie durchquerten noch eine größere Höhle, an deren fernem Ende ein stiller, dunkler See lag, dessen spiegelglatte Oberfläche den Schein ihrer Lichtquelle zurückwarf. Dann folgten sie einem Stollen, der atemberaubend steil und unter zahlreichen Kurven und Windungen in die Tiefe führte und deutliche Bearbeitungsspuren durch die Steinernen aufwies. Und schließlich erreichten sie Tiefgestein über eine Galerie in der Felswand, die sich ein Stück weit linker Hand des Zugangs erstreckte, durch den Tarean die Stadt das erste Mal betreten hatte.
Die Steinernen hielten kurz an, um sich zu besprechen. Der Junge nutzte die Gunst des Moments und trat mit Moosbeere an die halbhohe und wie ausgewaschen wirkende Brüstung, um langsam den Blick über die Heimat der
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