Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Titel: Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
sich schweigend an. Tarean hatte das Gefühl, als sei eine lebhafte Diskussion ausgebrochen, auch wenn das in ihrem Fall bedeutete, dass sie stumm und reglos beisammen standen.
    Moosbeere räusperte sich verhalten.
    Daraufhin wandte sich Câch’drokk ihnen wieder zu. »Verzeiht. Du hast uns viel zum Nachdenken und Bereden gegeben, Tarean. Bitte verlass uns jetzt. Ruh dich aus und stärke dich. Sobald wir entschieden haben, wie wir dir und deiner wichtigen Aufgabe am besten dienen können, lassen wir dich rufen.«
    Der Junge deutete eine Verbeugung an. »Ich danke Euch.«
    Der Steinerne erwiderte die Geste steif. »Nein, wir haben dir zu danken. Mit deinen Worten hast du unserem Volk an diesem Tag ein Geschenk gemacht, dessen Wert du wahrscheinlich nicht einmal annähernd ermessen kannst.«
    Tarean lächelte. »Gern geschehen.« Dann verstaute er den Kristallstern wieder in seiner Tasche, kehrte mit Moosbeere dem Versammlungsrund den Rücken und überließ es den Steinernen, seiner kommenden Reise nicht nur eine grobe Richtung, sondern ein genaues Ziel zu geben.

 
    9
    WEGE GEN SÜDEN
    Die kleine Kammer war in die Südwand des Felsendoms eingelassen. Wie alle anderen Räume und Behausungen der Steinmenschen hatte auch sie keine Tür, sondern konnte durch eine schlichte, mannshohe Öffnung in der Höhlenwand ungehindert betreten werden – in Tiefgestein gab es kein Verbrechen, und die Unterirdischen achteten den Wunsch eines der Ihren, ungestört zu sein, auch ohne Schlösser und Riegel.
    Die Kammer, die vielleicht drei Schritt in der Breite und vier vom Eingang bis zur rückwärtigen Wand maß, war praktisch bar jeder Einrichtung. Einzig ein halbhoher, etwa zwei mal einen Schritt großer Steinblock mit abgerundeten Ecken und Kanten befand sich in der Mitte. Er erinnerte Tarean irgendwie an eines der Hügelgräber, in denen die Rûnländer ihre Toten bestatteten – er hatte Zeichnungen davon während der Unterweisung durch Bruder Ingold auf Dornhall gesehen –, nur dass dieses Grab hier nicht aus grasbedeckter Erde, sondern aus bronzefarbenem Tropfstein bestand, der offenbar um den Verstorbenen herum gegossen worden war.
    Ungefähr auf Brusthöhe stand eine flache Steinschale, in der flüssiges Licht aus dem Bad der Tränen schimmerte. Es war ein außergewöhnliches Geschenk und ein Zeichen der Wertschätzung, welche die Unterirdischen dem Toten gegenüber empfanden, dass sie einen Teil der machterfüllten Flüssigkeit aus ihrem Heiligtum hierher gebracht hatten. Unterhalb der Schale lag ein schlanker Zierdolch, in dessen Knauf das Wappen eines stilisierten Drachen eingraviert war. Am Kopfende des Steinblocks, direkt vor der rückwärtigen Wand des Raums, standen überkreuzt zwei Banner. Das linke zeigte das silberne Wappen des Kristalldrachenordens auf dunkelblauem Grund, das rechte das Grün und Gelb der alten agialonischen Garde.
    »Hast du es gewusst, Wilfert?«
    Tarean verharrte kurz am Eingang der Grabkammer, die den Leichnam des einstigen Knappen seines Vaters barg, dem Mentor und väterlichen Freund aus unschuldigeren Zeiten und Heerführer des letzten Aufgebots der Menschen gegen die Tyrannei von Calvas dem Hexenmeister. Sechs Monde war es nun schon her, dass Wilfert auf dem Schlachtfeld vor den Toren von At Arthanoc gefallen war, und der Junge hatte geglaubt, die Zeit der Trauer hinter sich gelassen zu haben. Und doch verspürte er einen Kloß im Hals, als er auf die beiden Fahnen blickte, die ernst und würdevoll über den Sarg aus bronzefarbenem Stein wachten. Dabei war er gar nicht gekommen, um der Vergangenheit nachzuhängen, sondern hatte Beistand für die Aufgabe erbitten wollen, die vor ihm lag. Aber das Herz hört nicht immer auf das, was der Verstand sich wünscht. Und Tareans Herz trauerte um den verlorenen Freund.
    Dennoch sprach er weiter, während er langsam eintrat und den Steinblock umrundete. »Hast du geahnt, was mich erwarten würde, als du mir damals in Ortensruh das Schwert meines Vaters übergabst? Calvas behauptet, es sei euch bewusst gewesen, dem Hochkönig, Sinjhen und dir. Aber wer hört schon auf die Worte eines Hexers? Ich glaube, niemand außer den Dreigöttern konnte wissen, welche Prüfungen vor mir liegen würden – und welche Prüfungen ich jetzt noch bestehen muss.«
    Er kniete neben Wilferts Sarg nieder, stützte die Ellbogen auf die kalte, glatte Oberfläche und lehnte die Stirn gegen die geballten Fäuste. »Oh, Wilfert, ich wünschte du wärst noch am Leben und

Weitere Kostenlose Bücher