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Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Titel: Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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viel aufregender als aus der Ferne. Überall gab es etwas zu sehen und zu bestaunen. Kaum ein Haus säumte die Straße, das nicht auf die eine oder andere Weise von seinen Bewohnern über die gewöhnlichen vier grauen Steinwände und das schwarze Schindeldach hinaus ausgebaut worden war. Manche Gebäude wiesen am Dachrand schmale Rinnen auf, die in einem Fallrohr endeten, unter dem eine bauchige Holztonne stand. In einige Türen waren in Kopfhöhe münzgroße, facettierte Kristalle eingelassen, die im Sonnenlicht glitzerten, aber sonst keinen Zweck zu erfüllen schienen. Von der Zisterne eines Hofes verlief ein Seil mit einem Eimer bis zum ersten Stockwerk eines benachbarten Hauses, von wo aus es durch ein Drehrad in Bewegung gesetzt werden konnte; an einer ähnlichen Konstruktion hatte eine andere Familie ihre Wäsche aufgehängt. Und hinter vielen nur halb geschlossenen Türen und Toren zischte, gluckerte und stampfte es, als wären settische Handwerker und Gelehrte ununterbrochen damit beschäftigt, die vier Elemente in ihrem Sinne nutzbar zu machen.
    Auf den Straßen selbst herrschte das Leben, das man von einem Warenumschlagplatz erwartete. Zwar verlief ein Großteil des Handels zwischen den Ländern zu beiden Seiten der Zwölf Zinnen über den Drakenskal-Pass, aber gerade die im südlichen Undur lebenden Setten, die mit dem Tiefland von Nondur Handel trieben, wählten lieber den deutlich kürzeren Weg den Bruch hinab, als sich umständlich die zentrale Gebirgskette der westlichen Reiche erst gen Norden und dann wieder gen Süden entlangzuquälen.
    Obwohl der überwiegende Teil der sich auf den Straßen tummelnden Bevölkerung aus bärtigen Setten und rothäutigen Nonduriern bestand, ragten auch einige Menschen und Alben aus dem Gedränge hervor. Diese allerdings erweckten nicht wirklich den Eindruck, als seien sie Händler, Handwerker oder Gelehrte. Den meisten von ihnen haftete eher etwas an, das den Verdacht aufkeimen ließ, dass sie ihren Lebensunterhalt auf nicht ganz so redliche Art und Weise verdienten.
    »Glücksritter«, stellte Iegi fest, während sie durch die Straßen schritten, um die Adresse ausfindig zu machen, die ihnen der Wirt des »Schwarzen Brulls« genannt hatte. »Schau sie dir genau an. Vielleicht brauchen wir einen von denen noch.«
    »Ich hoffe, das kostet uns nicht mehr, als wir zu zahlen bereit sind«, murmelte Tarean.
    Sie bogen in eine Seitengasse ab, die nach wenigen Schritten in einen kleinen, kopfsteingepflasterten Platz mündete. In der Mitte stand die Statue eines gewichtig dreinblickenden Setten, der in der Linken eine kleine Handwaage hielt und unter den rechten Arm ein dickes Buch geklemmt hatte.
    Die umliegenden Gebäude schienen alle Wohnhäuser zu sein, mit der Ausnahme des zweistöckigen Bauwerks, das sich direkt gegenüber von ihnen auf der anderen Seite des Platzes befand. Vor den zahlreichen Fenstern hingen Blumenkästen, in denen allerdings nichts weiter als Unkraut wuchs, und über einem offenen Torbogen prangte ein hölzernes Schild mit der Aufschrift »Gridomans Rast«.
    Tarean deutete mit dem Kinn auf die Herberge. »Da wären wir.«
    Sie überquerten den Platz und durchschritten einen kurzen Torgang, der unter dem Haus hindurch und in einen winzigen, von dem hufeisenförmigen Gebäude an drei Seiten umschlossenen Innenhof führte. Die Sicht nach hinten hinaus wurde durch eine hohe Mauer versperrt, an die sich ein nachlässig zusammengezimmerter Stall lehnte. Dort banden die beiden Jungen ihre Ponys fest. Dann betraten sie das Haus durch die einzige offen stehende Tür.
    Im Inneren befand sich ein schlecht beleuchteter Schankraum mit niedriger Holzdecke, der, genau wie das Äußere der Herberge, ein wenig ungepflegt wirkte. Die im Deckengebälk aufgehängten Öllampen waren von einer Patina aus Staub und Ruß überzogen, und die entlang der Wände aufgestellten Tische und Bänke trugen die eingetrockneten Spuren früherer Gelage. Im Augenblick hatten sich keine Gäste in »Gridomans Rast« eingefunden, sah man von einem greisen Nondurier ab, der, in einen zerschlissenen Mantel gekleidet, in einer Ecke unweit der Tür teilnahmslos vor einem großen Krug Bier saß. Er blickte nicht auf, als die beiden Jungen den Raum betraten, doch aus den Augenwinkeln glaubte Tarean eine huschende Bewegung wahrzunehmen, so als suche ein kleines Tier, das zu Füßen des Nonduriers gekauert hatte, erschrocken den Schutz der undurchdringlichen Schatten unter den breiten

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