Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
»Iridala, prügelt mich, wenn Euch danach gelüstet, aber ich werde Euch ein wenig länger warten lassen müssen. Diese jungen Burschen sind interessanter als ein frisch geschlüpfter Hort Purpurfrettchen. Bitte erzählt mir alles. Ich werde von nun an schweigen wie ein Grab – es sei denn, ich habe etwas einzuwerfen oder mir wird langweilig.«
Tarean seufzte innerlich. Ihm wurde es langsam zu viel, immer und immer wieder seine Abenteuer wiederholen zu müssen. Natürlich hatte er so etwas bereits befürchtet, schließlich musste er all jene, die ihnen helfen sollten – und die sich bislang offenbar allesamt keinen Deut um die jüngsten Geschehnisse in den westlichen Reichen geschert hatten –, zumindest oberflächlich mit den Gegebenheiten vertraut machen. Dennoch wünschte er sich, Iegi oder Janosthin könnten diese Aufgabe einmal für ihn übernehmen. Leider hatten beide wichtige Momente, wie den Kampf gegen Calvas oder den Abstieg in die Dunkelreiche, nicht selbst miterlebt. Ich könnte Moosbeere bitten. Niemand hat mich länger begleitet als sie, und sie würde Questoi sicher prächtig unterhalten. Aber das Irrlicht interessierte sich seit dem Auftauchen des Gelehrten nur noch für dessen lustigen Begleiter Loxli und schenkte ihren Gefährten keinerlei Beachtung mehr.
Wie bereits für Janosthins Onkel Bobradim und danach für Halfbadur fasste Tarean ein weiteres Mal für Questoi seine ungeheuerlichen Erlebnisse in den Monden seit jener schicksalhaften Nacht nach dem Kampf um Ortensruh zusammen, in der ihm der vermeintliche Geist seines Vaters erschienen war und ihn dazu bewogen hatte, gen Osten zu ziehen, um den Hexenmeister Calvas für seine Untaten zur Rechenschaft zu ziehen, die Tareans Vater Anreon zum Fluchbringer und ihn selbst zum Sohn des Fluchbringers gemacht hatten. Im Gegensatz zu Bobradim und Halfbadur und ungeachtet seines Versprechens hörte Questoi jedoch keineswegs geduldig zu, sondern stellte ununterbrochen Zwischenfragen, von denen manche so unsinnig wirkten, als habe der Chronist einfach nur einen plötzlichen, willkürlichen Gedanken in Worte gefasst.
Tarean war gerade damit beschäftigt, Questoi in allen Einzelheiten seine Teilnahme an dem großen Greifenrennen von Airianis auseinanderzusetzen, eine Erfahrung, die den Gelehrten brennend zu interessieren schien, als ihr Gespräch plötzlich rüde von Loxli unterbrochen wurde, der von seinem Platz einige Schritt neben ihnen aufsprang und ein lang gezogenes, auf- und abschwellendes Quäken von sich gab. Der Laut erinnerte an das drängende Warnen eines Signalhorns, und zumindest auf Tarean, Iegi und Janosthin hatte es genau diese Wirkung, denn die drei sprangen sofort auf und blickten sich besorgt um.
»Wir bekommen unerwünschten Besuch«, stellte Questoi fest, stützte sich auf seinen Stab und stand langsam auf. Halfbadur, der darauf gewartet hatte, wie der Gelehrte auf das Gelärme seines gefiederten Begleiters reagieren würde, erhob sich nun ebenfalls und zog sein Breitschwert.
»Oh nein, der Dunkelgeist ist wieder da!«, rief Moosbeere mit einem erschrockenen Blick auf die Baumgruppe in ihrem Rücken. Pfeilschnell floh das Irrlicht über den Gebirgsbach hinweg und brachte Abstand zwischen sich und die schwarzen Schwaden, die zwischen den Bäumen aus dem Erdboden zu dampfen begannen.
»Ich wusste doch, dass wir ihn nicht so leicht loswerden«, knurrte Janosthin, während er rasch seine Ausrüstung einsammelte. »Verschwinden wir von hier.«
Mit beängstigender Zielstrebigkeit floss der schwarze Dunst zusammen, und Arme und Beine bildeten sich daraus hervor. In Kopfhöhe glommen zwei fahle Lichtpunkte auf.
»Ich glaube, das ist nicht notwendig«, widersprach Tarean, der bereits Esdurial und den Drachenstab hervorgeholt hatte und beide Waffen vor sich in die Luft reckte. »Wir wissen doch jetzt, wie wir uns gegen diese Schatten verteidigen können.« Er warf dem Chronisten einen kurzen Blick zu. »Haltet Euren Hut fest! Es wird einen ziemlichen Schlag geben.«
»Aber, aber, was für eine Aufregung. Das ist doch gar nicht nötig«, sagte Questoi mit milder Verwirrung. Er legte die Hand auf den Drachenstab und brachte den Jungen dazu, die Waffe zu senken. »Lass mich mit dem Shadenari sprechen.«
»Habt Acht«, warnte ihn Janosthin. »Diese Burschen sind schneller und hinterhältiger als eine Steinviper.«
»Ja, die meisten von ihnen haben auch keine schöne Kindheit gehabt, nicht wahr, mein Kleiner?« Furchtlos und mit einer
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