Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Insel aufsuchen, die keinen Namen hat. Kalmarons Rücken weist euch den Weg, wenn ihr ihn vom Kopf auf die Füße stellt. Und dann folgt dem Wind, bis …« Er zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung, wie es weitergeht. Dieser Teil des Buches ist leider von einem Steinfex abgebissen worden, als ich versucht habe, es aus einem ihrer Horte zu entwenden.«
»Aber was redet Ihr denn da?«, fragte Tarean verzweifelt. »Wir wollen keine Insel suchen. Wir brauchen Hilfe gegen die Dunkelheit, die in Gongathar erwacht.«
»Ja, ich weiß. Eure Gedanken schreien es schon den ganzen Abend. Schade, dass wir nicht mehr dazu kommen, diesen Teil deiner Geschichte zu vertiefen. Ich wüsste brennend gerne, wie es sich angefühlt hat, von der Macht, die Gongathar einst erbaute, zerrissen und auf zwei Körper verteilt zu werden.«
Tarean stutzte. »Aber wenn Ihr das alles wisst, wieso habt Ihr es mich dann umständlich erzählen lassen?«
»Weil es viel mehr Spaß macht, gemeinsam am Lagerfeuer zu sitzen, Pilze und diese ekelhaften Schwämme, die sie in Porrojal verkaufen, zu grillen und dabei Seemannsgarn zum Besten zu geben.« Der Chronist grinste ihn breit an.
»Dann ist Euch also bewusst, welche Gefahr Endar droht?«
»Oh ja, das ist es.« Questois Antlitz verfinsterte sich, und er blickte Tarean unvermittelt so ernst an, als wäre er ein völlig anderer Mann. In seinem Tonfall schwang auf einmal eine Dringlichkeit mit, die ganz anders klang als sein lustiges Daherplaudern zuvor. »Hör mir zu, Tarean. Hör mir gut zu, denn ich kann es dir nur einmal sagen. Ich fürchte um Endar. Die Mächte, die in Gongathar erwachen, sind so alt wie die Schöpfung selbst, und es gibt nichts auf dieser Welt, das ihnen auf Dauer widerstehen kann. Ihr jungen Völker schon gar nicht – und auch die Kristalldrachen nicht für lange. Deshalb müsst ihr sofort alles stehen und liegen lassen und die Insel, von der ich sprach, suchen. Nur dort werdet ihr Erlösung von dem Bösen finden.«
»Was ist dort?«, erkundigte sich Iegi, der mit den anderen zu ihnen getreten war.
Questoi beugte sich etwas vor und flüsterte: »Die Quelle des Ersten Lichts.« Er wandte sein Gesicht Moosbeere zu, die sich in die Lüfte erhoben hatte, als Tarean ihm nachgeeilt war, und nun neben ihnen schwebte. »Und Ihr werdet Euren Gefährten den Weg weisen, sobald Kalmarons Rücken hinter Euch liegt.«
»Ich?«, fragte Moosbeere und huschte unruhig hin und her. »Warum ich?«
»Weil Ihr ein Teil dieses Lichts seid – ein Teil des Ersten Lichts, aus dem alles geschaffen wurde.«
Im nächsten Moment verflog die Dunkelheit aus Questois Gesicht, und sein verwegenes Lachen kehrte zurück wie die Sonne, die nur für einen kurzen Moment von einer Wolke verdeckt worden war. Er schnalzte zufrieden mit der Zunge und klopfte Tarean auf die Schultern. »Und jetzt muss ich wirklich aufbrechen. Ich werde an anderer Stelle gebraucht. Denke an das, was ich euch gesagt habe. Und sollte all das hier gut ausgehen, schaut doch mal wieder vorbei. Dann grillen wir Schwämme. Abscheulich, kann ich Euch sagen. Grauenvoll. Ich liebe sie. Komm, Loxli.« Er drehte sich erneut um und verschwand in der Nacht. Der kleine gefiederte Drache schenkte Tarean und den anderen ein betrübtes Quäken, nieste dann und folgte seinem Herrn.
Diesmal ließen die Gefährten die beiden ziehen.
Kurz darauf hallte das kraftvolle Schlagen einer mächtigen Glocke dreimal durch das nächtliche Tal und kündete davon, dass Questoi, der ewige Wanderer, sie wieder verlassen hatte.
»Das war der ungewöhnlichste Mann, der mir jemals begegnet ist«, bemerkte Iegi, nachdem sie ins Lager zurückgekehrt waren.
»Ja, das war Questoi, wie er leibt und lebt«, sagte Halfbadur und nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Silberfläschchen. Er verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Aus dem werde einer schlau …«
»Glaubt Ihr, man kann seinen Worten trauen? Sollen wir nach Süden ziehen, um diese namenlose Insel zu suchen?«, fragte Tarean.
Der settische Ritter grunzte. »Questoi mag ein seltsamer Kauz sein, der nicht ganz in unserer Welt zu leben scheint, aber er weiß mit Sicherheit, wovon er redet. Wenn er glaubt, dass unsere einzige Rettung irgendein Licht auf einer Insel im Meer ist, dann wird er damit verdammt recht haben.«
Der Junge nickte. »In dem Fall sollten wir Auril und die anderen rufen. Sie müssen hören, was wir in Erfahrung gebracht haben.« Er holte die fast leere Phiole hervor, die ihm Zaeena
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