Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
das«, erwiderte Dinriol mit fester Stimme. »Wir haben lange genug hier festgesessen, und es gibt viel zu tun.«
»Das sehe ich auch so.« Sinjhens violette Augen glitzerten.
14
VON RÛN IN DIE WOLKENBERGE
Sie hatten sich morgens von Hattson getrennt und zogen den Tag über nach Osten, um Jaakens Bruch zu erreichen, wo sie den Ritter mitsamt seinem Begleiter Jeldreth wiederzusehen hofften. Unterwegs unterhielten sich Auril und ihre Mutter über Lord Brahe und Nyrdheim, aber abgesehen davon, dass der Adlige aus Thal ein wahrhaft glühender Streiter für das Gute gewesen war und die uralte Feste in den Wolkenbergen der Legende nach einst einem machtvollen Zaubererorden als Heimat gedient hatte, vermochte Zaeena nicht viel dazu beizutragen, Aurils Neugierde zu stillen.
Die Nacht verbrachten sie in der Wildnis. Es gelang Bromm, ein streunendes Schaf zu reißen, sodass sie am Abend frisches Fleisch hatten, von dem ein Großteil allerdings in Grinjahs Magen verschwand. Normalerweise versorgte sich der Catarr selbst, aber aus Furcht, er könne mit einigen ansässigen Clansmannen zusammenstoßen, hatte Zaeena ihn nicht allein jagen gehen lassen wollen. Nach dem Essen beschloss Haffta, sich noch ein wenig in der Umgebung umzuschauen, während Bromm einige Schritt entfernt unter einem Baum zu Boden fiel, schnaufend die Augen schloss und kurz darauf eingeschlafen war.
Das unablässige Reisen im Eilmarsch zehrt an ihm , stellte Auril fest. Früher war unser Leben zwar auch nicht ohne Aufregung, aber dafür standen wir nicht ständig im Wettlauf gegen die Zeit. Die Albin lehnte an der kuschelig weichen Flanke des Catarrs und kraulte die neben dem Feuer am Boden liegende Großkatze gedankenverloren im Nacken. Ein dunkles Schnurren belohnte sie, während Grinjah mit von sich gestreckten Beinen und halb geschlossenen Augen im Gras lag. Zaeena saß auf der anderen Seite des Lagerfeuers, hatte ihre Rüstung zerlegt und säuberte die einzelnen Plattenteile sorgfältig mit einem ölgetränkten Lappen.
»Mutter?«, fragte Auril.
»Ja?«, entgegnete Zaeena ohne aufzublicken.
»Wie gut kanntest du Hattson früher?«
»Nicht besser oder schlechter als die meisten anderen Ritter auch. Wir waren eine Weile gemeinsam in Bristaja, um einen Streit zwischen drei Häusern der Gildesöldner zu schlichten. Er war der gute Ritter, ich der böse. Es waren ein paar aufregende Wochen.« Sie lächelte versonnen.
»Ihr wart eine eingeschworene Gemeinschaft, oder? Die Ritter des Kristalldrachenordens?« Auril gelang es nicht ganz, den Vorwurf in ihrer Stimme zu verbergen.
Diesmal blickte ihre Mutter auf und musterte sie aus grün glühenden Augen, die den ihren so ähnlich waren. Sie kannte diesen Blick. Sie hatte ihn selbst oft genug verwendet. Worum geht es hier wirklich? , schien er zu fragen. »Ja … ja, das waren wir«, sagte Zaeena und nickte langsam. »Das kommt wie von selbst, wenn man zusammen reist, Seite an Seite kämpft und sich gegenseitig immer wieder das Leben rettet. Wir waren Freunde, so wie du dich deinen Gefährten verbunden fühlst. Natürlich gab es Ritter, mit denen ich nicht so gut zurechtkam … oder die vielmehr mit mir nicht so gut zurechtkamen.« Um ihre Mundwinkel zuckte die Andeutung eines spöttischen Grinsens. »Aber der Orden war eine starke und eingeschworene Gemeinschaft, das ist richtig.«
Die Ritterin wandte sich wieder ab, kniete sich ins Gras und legte die fertig polierten Rüstungsteile säuberlich nebeneinander, um sie zu begutachten. Das dunkle Metall schimmerte im flackernden Schein des Lagerfeuers. »Aber das ist nicht das, was du wirklich wissen willst, nicht wahr? Sind wir endlich an dem Moment angelangt, an dem wir dieses Gespräch führen?«
»Ich weiß nicht«, versetzte Auril leicht gereizt. »Ja, vielleicht.«
»Warum gerade jetzt?«
»Nun, es könnte damit zusammenhängen, dass Hattson im Augenblick zu seiner Familie reitet, um ihr zu sagen, dass er sie verlassen wird und vielleicht niemals zurückkehrt, weil er die Welt retten muss.«
Zaeena warf ihr einen kurzen Blick zu. »Dann weißt du ja schon, warum es manchmal notwendig ist, den Seinen den Rücken zu kehren – und wie sich das anfühlt«, sagte sie.
So leicht gedachte es Auril ihrer Mutter nicht zu machen. »War es so? War das der Grund, warum du Sinjhen mit mir in Fuencarral sitzengelassen hast?«
Ihre Mutter hielt mit ihrer Arbeit inne. Sie stützte die Hände auf die Oberschenkel, senkte den Kopf und schwieg für einen
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