Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
gegeben hatte, und bereitete das Wasser des Sehens vor. Danach hieß es warten.
Als die Tür zu ihrem Turmzimmer geräuschvoll entriegelt wurde, sprangen Bruder Lanfert und Magister Dinriol aufgeregt von ihren Stühlen auf. Es war zu früh für das Mittagsmahl, das ihnen für gewöhnlich gebracht wurde kurz nachdem die Glocke der nahen Akademie zur zwölften Stunde geschlagen hatte. Das hieß, es stand ungewohnter Besuch an.
Seit beinahe drei Wochen ließ der Althan sie hier nun schon schmachten. Sie argwöhnten, dass er sie bereits vergessen hatte, denn befragt worden waren sie das letzte Mal vor gut zehn Tagen. Natürlich hatten sie an Lanferts Geschichte festgehalten, die ihnen ebenso natürlich niemand mehr glaubte, vor allem seit der Hochmagister in einem Schreiben versichert hatte, dass die Akademie sich an die Weisung des Althans gehalten hatte, der Ordensburg fernzubleiben. Dinriol hatte nur unwillig geknurrt, als er die Unterschrift auf dem Pergament gesehen hatte.
»Weshalb die finstere Miene?«, hatte ihn Lanfert später gefragt.
»Sie haben Hestartes zum Hochmagister gewählt, einen ehemaligen Rivalen von mir. Ich hatte gehofft, der alte Ragnaron sei noch im Amt. Er hätte sicher Protest gegen meine Gefangennahme eingelegt und unsere Freilassung erwirkt. Darauf können wir jetzt lange warten«, hatte ihm der Magister erklärt.
Auch auf Beornhards Hilfe hatten sie bislang vergebens gehofft. Entweder hatte der Krieger nicht herausfinden können, wo sie abgeblieben waren, oder aber – und das hielt Lanfert für wahrscheinlicher – es war ihm nicht gelungen, bis zu ihnen vorzudringen.
Zwischenzeitlich hatten sie erwogen, dem Althan alles zu erzählen, über die geheime Bibliothek und die Notwendigkeit, den Kristalldrachenorden wiederauferstehen zu lassen. Doch Lanfert traute der Weitsicht des Herrschers von Agialon nicht, und sie beide wussten, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering war, Hinweise auf Ritter zu finden, die Zaeena Tsaar nicht selbst kannte. Die Gefahr des Verlusts der letzten Schätze der Kristalldrachen wog also den Nutzen ihrer möglichen Freiheit nicht auf. Und so hatten sie die Tage in zunehmender Unruhe in ihrem Gefängnis verbracht – unruhig deshalb, weil sie wussten, dass dort draußen ein Krieg geführt wurde und sie zum tatenlosen Ausharren verurteilt waren. Bis zu diesem Tag.
Der Mann, der den Raum betrat, entlockte Lanfert einen überraschten Ausruf. »Sinjhen?« Er machte zwei ungläubige Schritte und hielt dann inne. »Ist es möglich? Was macht Ihr denn hier?«
Der Alb begrüßte den Mönch mit einem Nicken. »Bruder Lanfert. Es ist lange her, dass wir uns gesehen haben. Beinahe siebzehn Jahre, wenn ich nicht irre.«
»Wer ist dieser Herr?«, fragte Magister Dinriol.
Lanfert drehte sich zu ihm um. »Das ist Sinjhen, ein Getreuer des Hochkönigs Jeorhel von Albernia. Ich begegnete ihm seinerzeit vor und während der Schlacht am Drakenskal-Pass.«
»Und ich bin der Vater von Auril, Magister Dinriol, der Ihr im letzten Herbst das Leben gerettet habt, wie mir berichtet wurde. Dafür stehe ich in Eurer Schuld und deswegen …« Er trat zur Seite und hielt die Tür zum Turmzimmer einladend auf.
»Wollt Ihr damit sagen, Ihr habt den Althan überredet, uns freizulassen?«
Sinjhens Lippen umspielte ein Lächeln. »Sagen wir es so: Ich vermochte ihn zu überzeugen, dass der Hochkönig es als eine kleine Geste der Freundschaft zwischen Menschen und Alben betrachten würde, wenn Ihr in unsere Obhut überstellt würdet. Und da Agialon ohne Jeorhels Kampf gegen Calvas noch immer unter dem Joch der Wolflinge leiden müsste, war der Althan gerne bereit, uns diesen Gefallen zu tun. Ihr habt die Stadt mit mir zu verlassen, aber Ihr seid frei.«
»Wie habt Ihr uns überhaupt gefunden?«, wollte Lanfert wissen, während der Magister und er rasch ihre wenige Habe zusammenpackten.
»Ein Mann namens Beornhard trat auf mich zu. Es schien, als habe er den Palast schon seit einer Weile unter Beobachtung. Er gab sich als alter Kampfgefährte meines verstorbenen Freundes Wilfert zu erkennen, und ich erklärte mich bereit, ihm für eine Stunde mein Ohr zu leihen. Diese Stunde habe ich nicht bereut, denn er wusste von einigen interessanten Dingen zu berichten, nicht zuletzt meine Tochter und ihre Gefährten betreffend.« Er warf Lanfert einen vielsagenden Blick zu.
»Wundervoll. Eine vortreffliche Wendung der Dinge«, sagte der Mönch lächelnd.
»Dann seid Ihr also bereit?«
»Mehr als
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