Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Schwärze, die auf die Anwesenheit eines Dunkelgeists oder eines ähnlichen Geschöpfes hingewiesen hätte.
Überall stiegen die Ausstellungsstücke von ihren Sockeln und näherten sich quietschend und knarrend den Gefährten. »Ich nehme alles zurück, was ich gestern gesagt habe«, bekannte Zaeena. »Es gibt doch Geister in Nyrdheim. Aber die sollen uns nicht aufhalten. Kommt nur her, ihr Unholde.« Kampflustig ließ sie ihre Schwertlanze durch die Luft wirbeln.
Während sie sich einer wankenden albischen Reiterrüstung erwehrte und aus den Augenwinkeln sah, dass Bromm mit einem mächtigen Prankenhieb einen fremdartig wirkenden Schuppenharnisch in seine Einzelteile zerlegte, fragte sich Auril, wer hinter diesem Angriff stecken mochte und was er wohl damit bezweckte. Die Rüstungen, die dem Anschein nach versuchten, sie von der linken Tür fortzudrängen, besaßen keine Waffen, und ihre Bewegungen waren so steif, als hätten ihre unsichtbaren Träger ihre Glieder nicht vollkommen unter Kontrolle. Sie waren keine Gegner für Krieger wie Zaeena, Hattson oder Auril und mit Sicherheit kein Hindernis für Bromm, dessen schiere Körpermasse ausreichte, um sie zu zerschmettern.
Die Albin schlug einen zupackenden Panzerhandschuh beiseite und versetzte ihrem Gegner einen Tritt gegen die Brust, der diesen nach hinten wanken ließ. Im Rücken der Reiterrüstung tauchte Bromm auf, hob beide Pranken und ließ sie auf die Schulterplatten des Harnischs krachen. Der Körperpanzer wurde buchstäblich über die Beinschienen getrieben, und die auf einmal zwergenhafte Rüstung fiel in sich zusammen.
»Hört auf!«, ertönte eine helle Stimme plötzlich. »Hört doch auf!«
Verwundert hielt Auril inne, und auch die anderen richteten den Blick auf die linke Tür, von der aus der Ruf zu ihnen hinübergedrungen war.
Die Tür hatte sich geöffnet, und im Türrahmen stand eine junge Taijirin. Sie mochte vielleicht fünfzehn Jahre alt sein, war von zierlicher Gestalt und hatte ungewöhnlich helle Haut, die besonders ins Auge fiel, weil das Mädchen außer einem schlichten, sackartigen Gewand, das Arme und Beine frei ließ, nichts am Leibe trug. Ihr Federflaum war von kupferroter Farbe, ebenso die eindrucksvollen Flügel auf ihrem Rücken, die in weißen Spitzen ausliefen und die sie vor Aufregung leicht gespreizt hatte. Das Mädchen zitterte leicht, aber seine Miene war eine trotzige Herausforderung an die Gefährten. In der Hand hielt die Taijirin ein kurzes Schwert.
»Wen haben wir denn da?« Hattson hob überrascht eine Augenbraue. Er blickte sich kurz um, doch die Rüstungen waren allesamt in eine erwartungsvolle Starre verfallen und schienen im Moment keine Bedrohung darzustellen – nicht dass sie das jemals gewesen wären. Daher schob der Ritter Orialc in seine Scheide zurück, schulterte die Waffe und trat dann langsam auf das Mädchen zu. »Mein Name ist Hattson. Und wer bist du?«
»Wieso habt ihr das getan?«, rief die junge Taijirin zornig. Ihr Blick glitt über die überall im Raum verstreuten Rüstungsteile. »Wieso habt ihr sie getötet? Sie haben euch doch nichts getan! Sie wollten mich nur beschützen!«
»Diese Rüstungen?«, fragte Auril ungläubig.
»Ja«, gab das Mädchen zurück. »Sie sind meine Freunde.«
»Oha«, sagte Bromm leise, doch immer noch laut genug, dass ihm das Mädchen einen verblüfften Blick zuwarf. Ein Bär, der grob genähte Lederkleidung trug, war schon ungewöhnlich genug, aber einer, der sprach?
»Wir …« Hattson räusperte sich. »Das tut uns leid, Mädchen. Wir haben uns nur gewehrt. Wir dachten, sie würden uns angreifen. Aber sicher kann man deine … äh … Freunde doch wieder reparieren.«
Das Mädchen biss sich auf die Unterlippe. »Ich weiß nicht. Ich muss Vater fragen.«
»Vater?«, echote Zaeena. »Du lebst hier also nicht allein?«
»Nein, ich lebe hier mit Vater und den Rittern des Silbernen Kreises.« Sie deutete auf die leeren Rüstungen.
»Das junge Ding ist doch nicht ganz klar im Kopf«, raunte Bromm Auril zu.
Die Albin schenkte ihm einen beifälligen Blick.
Hattson nickte. »In Ordnung. Würdest du uns zu deinem Vater führen?«
»Zuerst müsst ihr mir verraten, wer ihr seid und was ihr hier wollt.« Die dunklen Augen des Mädchens funkelten.
Mut hat die Kleine, stellte Auril fest. Wären wir wirklich Plünderer, würde sie ganz schön in Schwierigkeiten stecken. Doch eine leise Stimme in ihrem Inneren meldete Zweifel daran an. Wer wusste schon, welche
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