Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
mit Euch anfangen.«
»Niemand will streiten …«
Sie sahen sich in der Halle um. Sie schien so etwas wie ein Eingangsbereich zu sein. Mehrere Türen und Korridore führten von ihr fort, tiefer ins Innere der Burg. Alle Türen waren geschlossen, bis auf eine.
»Ich schlage vor, wir lassen die Tiere hier«, sagte Hattson und schwang sich von seinem Kaltblüter.
»Gut«, sagte Zaeena. »Grinjah, du passt auf. Wenn irgendetwas passiert, schlägst du Alarm.«
Die Großkatze ließ ein bestätigendes Grollen hören.
»Welche der Türen wollen wir nehmen?«, fragte Auril.
Haffta ließ sich auf alle viere nieder, senkte den Kopf und witterte. Es war ein verwirrender Anblick, die gerüstete und bewaffnete Kriegerin so zu sehen, denn in solchen Momenten wurde aus dem zivilisierten Wesen plötzlich beinahe ein Tier. Die Wolflingfrau deutete auf die offen stehende Tür. »In dieser Richtung ist der Geruch am stärksten. Entweder lebt hier ein Vogelmensch oder zumindest hat einer diese Burg vor Kurzem besucht.«
»Bist du sicher, dass es nur einer ist?«, wollte Auril wissen.
»Nicht ganz. Ich kenne den Geruch von Vogelmenschen nicht gut. Außer Iegi, seiner toten Freundin und diesen Soldaten aus Airianis sind mir bislang kaum welche begegnet.«
»Vogelmenschen wären mir lieber als alles andere, was in diesen Mauern noch hausen könnte«, sagte Bromm.
»Vielleicht wollt Ihr uns führen?«, schlug Hattson an Haffta gewandt vor und wies mit seinem Langschwert auf den Eingang. »Diese Burg ist von gewaltigen Ausmaßen, und wenn wir nicht tagelang herumirren wollen, wäre es sicher das Beste, der Spur zu folgen, die wir haben.«
Haffta ging voraus, und sie drangen tiefer in die Burg ein. Sie wanderten durch hohe Gänge, stiegen breite Treppen hinauf oder hinab und durchquerten weitläufige Hallen. Alles an Nyrdheim wirkte irgendwie eindrucksvoll – die zu Spitzbögen zulaufenden Kuppeldecken, die sich über ihren Köpfen spannten, die schmalen, hohen Fenster, durch die das Licht der Nachmittagssonne in scharf gebündelten Strahlen hereinfiel, die weiten, mit Schnitzereien verzierten Portale und die prächtigen Mosaike, die in manchen Räumen den Boden bedeckten.
Die Einrichtung der Burg war spartanisch, entweder weil das der Natur der Gelehrten des Silbernen Kreises entsprach oder weil Plünderer während der langen Jahre, in denen Nyrdheim leergestanden hatte, einen Großteil fortgeschleppt hatten. Aurils Einschätzung nach traf das Erste zu, denn die Zierteppiche an den Wänden und Möbelstücke in den Räumen, die sie noch vorfanden, zeugten von solch vollendeter Handwerkskunst, dass sie sicher ein kleines Vermögen wert waren. Kein Dieb, der noch halbwegs bei Verstand war, hätte sie zurückgelassen.
Allerdings schien die gesamte Burg seit langer Zeit unbewohnt und dem Verfall preisgegeben. Eine graue Patina aus Staub dämpfte die Farben der Teppiche und bedeckte die Möbel. Spinnweben hingen in den Ecken der Räume. Und in einem Gemach, dessen Fenster in Richtung Tal wies, musste in den vergangenen Jahren irgendein Raubvogel, der in den Wolkenbergen heimisch war, sein Nest eingerichtet haben.
Viele der Türen, an denen sie vorbeikamen, waren verschlossen, sodass ihnen der Blick in die Räume dahinter verwehrt blieb. Natürlich hätten sie Bromm bitten können, ihnen Zugang zu verschaffen, aber Hattson vertrat die Ansicht, dass es nicht nötig sei, die Burg zu beschädigen, solange ihnen noch genug Wege offenstanden – zumal Haffta sie mit erstaunlicher Sicherheit durch die Gänge führte und dabei stets behauptete, weiterhin der Spur der Vogelmenschen zu folgen.
»Warum wohnen die so tief im Inneren der Feste?«, wunderte sich Auril, während sie durch einen Gang schritten, an dessen linker Wand ein langer Teppich hing, der Männer in blauen Roben und mit silbernen Kreisen auf der Brust zeigte, die über eine karge Ebene wanderten, ein Schiff bestiegen und durch ein seltsam gelbweißes Meer fuhren, um am Ende an einer grünen Küste anzukommen, an der sie von grauhäutigen Kriegern begrüßt wurden. »Was gibt es hier, was es in der Nähe des Burgtors nicht gegeben hätte?«
Bromm, der neben der Albin hertrottete, schnaufte nur.
Vor ihnen zuckte Haffta unvermittelt zusammen.
»Was ist los?«, fragte Aurils Mutter.
»Ich habe etwas gehört. Es klang wie …«
Das Knarren einer Tür unterbrach die Grawlfrau. Dann fiel hörbar ein Riegel ins Schloss. Das Geräusch hallte unnatürlich laut den Gang
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