Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
das man am Strand von Bristaja finden mochte.
Auril spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief, und sie sah, dass sich auch Zaeena neben ihr versteifte.
»Brahe«, sagte Hattson mit rauer Stimme. Erschütterung lag auf seiner Miene.
»Vater!«, rief Callyn, schlug zweimal mit den Flügeln und machte dadurch einen weiten Satz auf den Monolithen zu. Sie legte die Hand auf die glatte Oberfläche und streichelte darüber, als sie sich der Gestalt darin zuwandte. »Das sind die Fremden, die in die Burg eingedrungen sind. Ich weiß, ich sollte mich verstecken, aber sie haben die Ritter angegriffen. Deshalb musste ich sie doch aufhalten. Und dann sagte der alte Mann dort vorn, er sei ein Freund von dir und bräuchte deine Hilfe.«
Zaeena beugte sich schmunzelnd zu Hattson hinüber. »Alter Mann?«, flüsterte sie.
»In den Augen der Jugend sind unsere besten Jahre vorüber. Damit werden wir leben müssen, Zaeena.«
»Ich niemals.«
»Ritter Hattson von Yelk«, unterbrach sie eine hallende Stimme, die von dem Monolithen auszugehen schien. »Von allen Seelen, die ihren Weg hinaus in diese Einsamkeit finden mögen, hätte ich die Eure am wenigsten erwartet.«
»Ihr hättet Euch doch denken können, dass ich irgendwann komme, um nach Euch zu suchen.« Hattson trat vor, und es schien Auril, als wüsste der Ritter nicht, ob er angesichts der Lage seines Gefährten lachen oder weinen sollte.
»Ihr habt Euch Zeit gelassen«, sagte Brahe, aber es lag kein Vorwurf in seiner Stimme. »Wer sind Eure Begleiter?«
Hattson stellte sie erneut vor, wobei vor allem Haffta Brahes Neugierde zu wecken schien. »Eine Wolflingfrau, die gemeinsam mit ehemaligen Kristalldrachenrittern reist? Es muss wirklich einiges dort draußen geschehen sein in den letzten Jahren.«
»Das könnt Ihr wohl sagen. Die Zeit ist an keinem von uns spurlos vorübergegangen«, erwiderte Hattson. Er erreichte den Monolithen, legte wie Callyn die Hand auf die blanke Kristalloberfläche und blickte auf. »An Euch hingegen schon. Ihr seid keinen Tag gealtert, wie mir scheint. Brahe, was ist mit Euch geschehen?«
Auril hatte sich mit den anderen zu Callyn und Hattson gesellt und musterte den Mann im Stein. Lord Brahe war etwas größer als Hattson, schien ihm von der Statur her aber sehr ähnlich zu sein. Sein dunkelbraunes Haar war kurz geschnitten, und ein Bartansatz an Kinn und Wangen seines freundlich dreinblickenden Gesichts ließ darauf schließen, dass er in den Tagen, bevor ihn sein gegenwärtiges Schicksal ereilt hatte, so sehr von den Geheimnissen Nyrdheims abgelenkt worden war, dass er die Morgenrasur vergessen hatte. Der Adlige trug noch seine volle Rüstung – Kettenhemd, Armschienen und einen Brustharnisch – sowie einen bodenlangen, dunkelblauen Umhang, der ihn träge umwallte, so als würde sich Brahe unter Wasser bewegen. Waffen hatte er keine bei sich.
»Ich habe, wie Ihr unschwer erkennen könnt, Nyrdheim gefunden, und nicht nur das …« Brahe beugte sich innerhalb des Monolithen leicht vor, und Auril erkannte, dass der Vergleich mit dem Käfer im Stein ungenau gewesen war, denn obwohl der Mann offenbar in dem Kristall gefangen war, schien er über eine gewisse Bewegungsfreiheit zu verfügen. »Ich habe das größte Geheimnis von Nyrdheim entdeckt.«
»Und das wäre?«, fragte Hattson.
»Dies hier.« Lord Brahe breitete die Arme aus und drehte sich um die eigene Achse. Seltsamerweise stieß er dabei nicht einmal an die Wände seines Gefängnisses. Der Monolith musste im Inneren ganz andere Ausmaße haben, als es von außen den Anschein erweckte. »Es ist unglaublich, mein Freund. Diese Burg ist nicht bloß ein totes Gemäuer. Oh, sie war es, als ich hier vor vielen Sommern eintraf. Nichts lebte mehr, nichts regte sich, außer dem Wind, der durch die leeren Räume strich. Doch nachdem ich mich lange Zeit in den oberen Kammern und Korridoren aufgehalten hatte, fand ich irgendwann den Weg in diese Halle. Ich spürte sofort, dass ich einen außergewöhnlichen Ort gefunden hatte. Er schien von Magie durchdrungen zu sein, und ihre Quelle war dieser Stein.« Er deutete mit einer Geste auf sein kristallenes Gefängnis.
»Leider war ich leichtsinnig. Die Aufregung über diesen Fund ließ mich alle Vorsicht vergessen. Und so wurde ich von der Macht dieses Ortes eingefangen und hier drin eingesperrt. Ihr ahnt nicht, Hattson, was das zur Folge hatte. Auf einmal erweiterten sich meine Sinne. Mein Geist dehnte sich aus. Ich konnte die Steine
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