Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts

Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts

Titel: Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
leicht vorwurfsvollem Tonfall fuhr er fort: »Das bedeutet, dass Tarean eigentlich uns alle etwas anginge. Aber manch einer hier schläft wohl lieber etwas länger an diesem Morgen, sodass wieder alle Arbeit an mir hängen bleibt.«
    Die Spinne unterbrach ihn fauchend.
    »Warum er unter dem Schutz des Waldes steht? Nun, Tarean bringt eine der Töchter des Cerashmon nach Hause: Moosbeere, die wir alle lange vermisst haben.«
    »Moosbeere begleitet dich?«, fragte Goldblüte erstaunt. »Davon hast du mir gar nichts erzählt.«
    »Wir hatten bis jetzt nicht gerade viel Zeit zum Plaudern«, rief ihr Tarean ins Gedächtnis.
    »Wo ist sie?« Das Irrlicht sah sich suchend um.
    »Später«, vertröstete der Junge es.
    Die Spinnen hatten sich unterdessen zusammengerottet und schienen in einen stummen Disput vertieft. Eine von ihnen tänzelte auf langen Beinen immer wieder hin und her, während eine zweite drohend ihren Hinterleib in Tareans Richtung erhob.
    »Höre, Arachnide«, dröhnte der Borkenmann, »genau wie alle anderen Geschöpfe des Cerashmon seid auch du und deine Schwestern Teil des Waldes und damit seinen Gesetzen unterworfen. Eines besagt, dass ihr jagen und töten dürft, um zu leben – das ist wohl wahr. Ein anderes aber gebietet euch, dem Willen des Waldes zu gehorchen, wenn er ihn euch kundtut. Und der Wille des Waldes ist an diesem Tag, dass ihr den Jungen ziehen lasst. Also erspart mir die Unannehmlichkeit, zornig werden zu müssen, und sträubt euch nicht länger.«
    Die Spinnen zischten unwillig und knackten mit ihren harten, behaarten Beinen.
    Die Waffen halb erhoben, huschte Tareans Blick von einem der Ungeheuer zum anderen. Der Junge war sich keineswegs sicher, dass die Rede des Baumes bei den achtbeinigen Abscheulichkeiten genug Eindruck hinterlassen hatte, um ihre Gier zu zügeln. Es mochte durchaus sein, dass sie für einen schmackhaften Happen bereit waren, den Unmut des Waldes in Kauf zu nehmen.
    Doch seine Sorge erwies sich als unbegründet. Eine nach der anderen zogen sich die Riesenspinnen aus dem Lichtkreis der machterfüllten Waffen zurück und kletterten mit irgendwie grotesk anmutenden Bewegungen rückwärts das Astwerk empor, um im Dämmerlicht hoch oben unter dem Blätterdach zu verschwinden.
    Die Anführerin mit der abgeschlagenen Greifklaue trat ein letztes Mal vor. Drohend ragte ihr dunkler Leib über dem Jungen auf, als sie sich zu ihm herabbeugte und Tarean aus ihren großen Facettenaugen hasserfüllt anfunkelte. Mit einem giftigen Zischen schien sie ihm zu versprechen, dass ihre nächste Begegnung für ihn nicht so glimpflich verlaufen würde. Dann schoss sie einen Faden Spinnenseide ins Dunkel über ihren Köpfen und zog sich langsam daran in die Höhe. Wenige Herzschläge später war ihr Körper mit den Schatten verschmolzen.
    »Genau!«, rief Tarean ihr nach. »Ich kann dich auch nicht leiden! Verschwinde bloß, du Bestie!« Dann bemerkte er, wie die Anspannung von ihm wich und seine Knie zu zittern anfingen. Er senkte seine Waffen und lehnte sich Halt suchend an einen der umstehenden Bäume. »Was für ein Albtraum«, murmelte er mehr zu sich selbst als zu den beiden anderen.
    »Nimm es ihnen nicht übel, Tarean«, sagte der Baum. »Sie leben, um zu jagen und zu fressen. Es liegt ihnen im Blut.«
    Mit Abscheu beäugte Tarean die Flecken auf seinem Harnisch. »Das wundert mich nicht, bei dieser gelben, stinkenden …« Er hielt inne, holte tief Luft und schüttelte dann mit einem Seufzen den Kopf, bevor er den Blick zu der Stelle im Stamm hob, wo sich das Gesicht des Borkenmanns abzeichnete. »Verzeiht mir. Ich möchte nicht undankbar erscheinen. Es ist schließlich niemand ernsthaft zu Schaden gekommen. Euer Eingreifen kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich stehe in Eurer Schuld.«
    »Vollbringe nur, weswegen du hergekommen bist, und diese Schuld soll beglichen sein«, erwiderte der Baum. »Goldblüte wird dich begleiten und dir den Weg zum Hain der Irrlichter weisen.«
    »Ich? Wieso ich?«, fragte die Angesprochene pikiert.
    »Weil Tarean ihn nicht kennt und ich diesen Ort nicht verlassen kann«, erklärte der Borkenmann geduldig.
    »Oh.« Goldblüte flog eine schwungvolle Schleife, als würde ihr das helfen, ihre gemeinsame Lage aus einem neuen Blickwinkel heraus zu betrachten. »Na gut. Und was ist mit Moosbeere?«
    »Das erzähle ich dir auf dem Weg«, versprach Tarean.
    »Dann geht nun«, sagte der Borkenmann, und seine Zweige bewegten sich in einer auffordernden Geste.

Weitere Kostenlose Bücher