Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Jaulars Verstand wider. Seine Gedanken rasten. Auf welches Wunder auch immer die Kristalldrachen gewartet hatten, es war nicht eingetreten. Stattdessen war das Schlimmstmögliche passiert. Die Schatten von Gongathar schickten sich an, den Schutzkreis endgültig zu durchbrechen. Das darf nicht geschehen. Und wenn wir alle sterben, erkannte der General. »Belhuir. Befehl an alle Kapitäne: Wir starten mit allem, was wir haben. Alle alchemistischen Katapultladungen, alle Sprengpfeile, alle Brandschiffe. Nichts wird zurückbehalten! Hier und jetzt entscheidet sich das Schicksal unserer Welt.«
19
DER STURM
»Feuert auf den Koloss dort vorn! Wir müssen den Ring um diesen Kristalldrachen brechen«, bellte Jaular und deutete auf den riesigen schwarzen Leib eines der drei Glutlanddrachen, die kaum dreißig Schritt vor ihnen in der rauchgeschwängerten Luft hingen und mit tosenden Flammenstrahlen versuchten, ihr kristallgeschupptes Opfer zu rösten.
Das Jagdflugschiff legte sich in eine enge Kurve und brachte das Monstrum in Reichweite der am Bug befestigten Speerschleuder. Jaular hatte aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt und die schweren, aber trägen Brocken seiner verbliebenen Streitmacht diesmal am Rand des Schlachtfelds zurückgelassen, damit sie aus der Ferne Feuerunterstützung leisteten. Es wäre Selbstmord gewesen, sie in einen direkten Luftkampf mit den gepanzerten Untieren zu schicken, zumal immer wieder unvermittelt riesige Schattenarme aus der Finsternis peitschten, denen die größeren Schiffe einfach nicht auszuweichen vermochten.
Stattdessen hatte er sich wagemutig und gegen den Protest seiner Hauptleute an Bord eines Jagdflugschiffes begeben und an der Spitze einer Flottille aus kleineren Gefährten mitten ins Getümmel gestürzt. Die Fauchon gehörte zu den schnellsten und wendigsten Schiffen unter Jaulars Befehl, und ihr Kapitän, ein ehemaliger Söldner namens Wuffzak, war ein tollkühner Mistkerl – zwar manchmal etwas übereifrig, aber ein Virtuose an den Steuertauen eines Flugschiffes. Im Gegensatz zu seinem Stab zweifelte Jaular nicht daran, dass es in diesem Moment keinen Ort im unmittelbaren Umfeld von Gongathar gab, an dem er sicherer gewesen wäre als neben dem vom Jagdfieber ergriffenen Krieger.
Die Sehne der Speerschleuder schnellte nach vorn, doch das knallende Geräusch ging im Brüllen der geflügelten Giganten, dem orgelnden Heulen der Schatten und dem Geschrei von Jaulars Männern unter. Das Geschoss jagte in die Dunkelheit davon, und der General vermochte ihm nur deshalb mit den Augen zu folgen, weil die brennende Spitze einen hellen Flammenschweif hinter sich herzog. Mit Wucht schlug der Speer in den Hals des Glutlanddrachen ein. Hornsplitter flogen in alle Richtungen davon, und kochendes Blut spritzte aus der Wunde. Das Monstrum stieß ein schmerzerfülltes Fauchen aus, ließ sich zur Seite wegkippen und verschwand in der Tiefe.
Um sie herum herrschte das schiere Chaos. Während die südliche Hälfte von Gongathar noch fest im Griff der Kristalldrachen war, die mit ihrer gleißenden Magie die Finsternis in ihre Schranken wiesen, war um die Nordhälfte der Stadt ein wilder Kampf entbrannt, der von knapp zwei Dutzend der riesenhaften Herrscher der Lüfte ausgetragen wurde. Ihre kohleschwarzen und kristallweißen Leiber prallten mit einer Gewalt aufeinander, die alles geringere Leben zerschmettern musste. Tosende Flammenstrahlen und silberweiße Lichtsäulen erhellten das Schlachtfeld unter den tief hängenden pechschwarzen Wolken, aus denen ein Regen mit einer Heftigkeit auf ihre Köpfe prasselte, als versuche Endar, sich das Geschwür Gongathars vom Antlitz zu waschen.
Zwischen den tobenden Drachen huschten die Flugschiffe der Nondurier umher, die Segel gerefft und die Seitenfächer eingezogen. Sie verließen sich ausschließlich auf ihre Kyrilliankristalle, was immer wieder halsbrecherische Sturzmanöver erforderte, um genug Geschwindigkeit aufzunehmen, damit ein Angriff auf einen der geschuppten Titanen kein glatter Selbstmord war. Vom Rand des Schlachtfelds her donnerten die Katapulte der wenigen Großkampfschiffe, die den Nonduriern verblieben waren. Und zu ihren Füßen fochten Jaulars Fußtruppen einen verzweifelten Kampf gegen eine grauenvolle Übermacht an toten Kazzach und einstigen Kameraden aus.
Eine spektakuläre Explosion erschütterte den Stadtrand Gongathars, als eines der letzten Brandschiffe zielsicher in eine Gruppe Kazzach stürzte, die erneut
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