Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Wohnhäusern erstreckte. »Der Schiffer«, »Zur Krone«, »Ratibors Einkehr« – die Namen der Gasthäuser, an denen er vorüberschritt, fanden sich dunkel in seinen Erinnerungen an seinen ersten Besuch in Agialon wieder. Er verband nicht viel Gutes mit ihnen, aber zumindest wusste er dadurch, dass er sich auf dem richtigen Weg befand.
Die Sonne war bereits hinter den Dächern verschwunden, und lange Schatten erfüllten die engen Straßen, als Tarean endlich das dreistöckige Fachwerkhaus mit dem spitzen Giebel und der brüchigen Fassade erreichte, das ihm als Wohnstätte von Beornhard dem Krieger genannt worden war. Doch im Gegensatz zu damals brannte diesmal Licht hinter den von gelben Butzenscheiben verglasten Fenstern des Gebäudes, wodurch es gleich viel freundlicher und einladender wirkte als bei seinem ersten Besuch.
»Sind wir bald da?«, drang die Stimme Moosbeeres aus seiner Tasche. Das Irrlicht war die ganze Zeit über so still gewesen, dass der Junge schon gedacht hatte, es sei aus Langeweile eingeschlafen. Wenn dem tatsächlich so gewesen war, wurde es jetzt jedenfalls wieder munter.
»Du fragst zum rechten Zeitpunkt«, antwortete Tarean. »Wir haben unser Ziel gerade erreicht. Und wie es scheint, sind Auril, Bromm und Haffta sogar zu Hause.« Beschwingt eilte er über die Straße und erklomm die Stufen, die zur Eingangstür hinaufführten. Er klopfte zweimal kräftig dagegen und versuchte dann, ohne eine Antwort abzuwarten, sie zu öffnen.
Knarrend schwang die schwere Holztür nach innen auf, und Tarean trat über die Türschwelle. Im nächsten Moment aber prallte er erschrocken zurück, als er sich unvermittelt einem fremden Mann gegenübersah, dessen graues Haar irgendwie nicht zu seinem vergleichsweise jungen Gesicht passen wollte. Der Fremde trug eine Augenklappe, hatte einfache braune Stoffgewänder am Leib und hielt eine gespannte Armbrust in den Händen.
»Wer seid Ihr, und was treibt Ihr hier?«, rief der Junge überrascht aus.
»Mein Name ist Beornhard, und ich wohne hier«, gab der Mann knurrend zurück.
»Beornhard?! Ihr lebt?«
»Ganz recht. Und da Ihr mich zu kennen scheint, wäre es jetzt wohl angebracht, dass Ihr Euch selbst vorstellt.« Er hielt die Armbrust zwar nicht direkt in Tareans Richtung, machte allerdings keineswegs den Eindruck, als würde er zögern, sie zu benutzen, sollte er sich bedroht fühlen.
Tarean richtete sich auf. »Mein Name ist Tarean, und ich erwartete, hier meine Freunde zu treffen.«
»Tarean?« Sofort entspannte der Mann die Sehne seiner Armbrust und stellte die Waffe neben sich an die Wand. »So hast du es am Ende also doch nach Agialon geschafft. Deine Freunde machten sich schon Gedanken, ob dir etwas zugestoßen wäre. Lange hätten sie wohl nicht mehr gewartet, bis sie aufgebrochen wären, um dich im Cerashmon zu suchen.«
Der Junge stutzte. »War ich denn so lange fort?«
»Nun, wenn ich es recht verstanden habe, seid ihr vor etwa drei Wochen auseinandergegangen.« Er hob die Arme und machte eine einladende Geste. »Aber ich bin ein schlechter Gastgeber. Komm erst einmal herein und leg deine Sachen ab. Und dann lass uns in die Küche gehen und bei einem Krug Bier weitersprechen.«
Mit einem dankbaren Nicken kam Tarean der Aufforderung nach. »Wo sind Auril und die anderen?«, fragte er, während er seinen Mantel ablegte und den Lederharnisch abschnallte.
»Auril und Bromm sind irgendwo in der Stadt unterwegs«, erwiderte Beornhard. »Deine Gefährten sind fünf Tage vor dir eingetroffen, und sie waren kaum hier, als sie schon wieder loszogen, um sich ein Bild davon zu machen, was in Agialon gerade so passiert.«
»Was ist mit Haffta und mit den beiden Greifen?«
»Eure beiden wundersamen Reittiere stehen im Stall im Hof«, sagte Beornhard und deutete mit dem Daumen zur Hintertür. Seine Miene verdüsterte sich. »Die Wolflingfrau ist oben. Ich habe sie in einer Kammer unter dem Dach einquartiert. Wenn du meine Geschichte kennst, kannst du dir vorstellen, dass ich nicht eben begeistert war, als Auril sie in der zweiten Nacht plötzlich klammheimlich anschleppte. Die Wölfe waren keine sonderlich guten Gastgeber, als ich die Freude hatte, in ihrem Kerker zu weilen – wenn du verstehst, was ich meine. Aber Auril sagte, diese Haffta gehöre zu ihr. Und auch wenn mich diese Albenfrau in der Zeit des Widerstandes gegen die Wölfe manchmal wahnsinnig gemacht hat, so haben wir doch an einem Strang gezogen. Ich vertraue ihr. Also erlaubte ich der
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